Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein
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noch gar lange Zeit in Ruhe, bis er, wie alle Freunde
und Bekannte ihm gestorben waren, des Erdenlebens
satt und müde wurde. Machte sich deshalb auf den
Weg und ging nach dem Himmel, wo er bescheidentlich
am Tore anklopfte. Da schaute der heilige Petrus
herfür, und Peter der Schmied erkannte in ihm seinen
Schutzpatron und Schutzgeist, der ihn oft aus Not und
Gefahr sichtbarlich errettet und ihm zuletzt die drei
Wünsche gewährt hatte. Jetzt aber sprach Petrus:
»Hebe dich weg, der Himmel bleibt dir verschlossen;
du hast das Beste zu erbitten vergessen: die Seligkeit!
« – Auf diesen Bescheid wandte sich Peter, und
gedachte sein Heil in der Hölle zu versuchen, und
wanderte wieder abwärts, fand auch bald den rechten,
breiten und vielbegangenen Weg. Wie aber der Teufel
erfuhr, daß der Schmied von Jüterbogk im Anzuge
sei, schlug er das Höllentor ihm vor der Nase zu und
setzte die Hölle gegen ihn in Verteidigungsstand. Da
nun der Schmied von Jüterbogk weder im Himmel
noch in der Hölle seine Zuflucht fand, und auf Erden
es ihm nimmer gefallen wollte, so ist er hinab in den
Kiffhäuser gegangen zu Kaiser Friedrichen, dem er
einst gedient. Der alte Kaiser, sein Herr, freute sich,
als er seinen Rüstmeister Peter kommen sah und fragte
ihn gleich, ob die Raben noch um den Turm der
Burgruine Kiffhausen flögen? Und als Peter das bejahte,
so seufzte der Rotbart. Der Schmied aber blieb
im Berge, wo er des Kaisers Handpferd und die Pferde
der Prinzessin und die der reitenden Fräulein beschlägt,
bis des Kaisers Erlösungsstunde auch ihm
schlagen wird. – Und das wird geschehen nach dem
Munde der Sage, wenn dereinst die Raben nicht mehr
um den Berg fliegen, und auf dem Rathsfeld nahe dem
Kiffhäuser ein alter dürrer abgestorbener Birnbaum
wieder ausschlägt, grünt und blüht. Dann tritt der
Kaiser hervor mit all seinen Wappnern, schlägt die
große Schlacht der Befreiung und hängt seinen Schild
an den wieder grünen Baum. Hierauf geht er ein mit
seinem Gesinde zu der ewigen Ruhe.
Hänsel und Gretel
Es war einmal ein armer Holzhauer, der lebte mit seiner
Frau und zwei Kindern in einer dürftigen Waldhütte.
Die Kinder hießen Hänsel und Gretel, und wie
sie so heranwuchsen, gebrach es immer mehr den
armen Leuten an Brot. Auch wurde die Zeit immer
schwerer und alle Nahrung teurer, das machte den
beiden Eltern große Sorge. Eines Abends als sie ihr
hartes Lager gesucht hatten, seufzte der Mann: »Ach
Frau, wie wollen wir nur die Kinder durchbringen, da
der Winter herankommt, und wir für uns selbst nichts
haben!« Und da erwiderte die Mutter: »Keinen andern
Rat weiß ich, als daß du sie in den Wald führst je
eher je lieber, gibst jedem noch ein Stücklein Brot,
machst ihnen ein Feuer an, befiehlst sie dem lieben
Gott, und gehst hinweg.«
»O lieber Gott! wie soll ich das vollbringen an
meinen eigenen Kindern, Frau?« fragte der Holzhauer
bekümmert. »Nun wohl, so laß es bleiben!« fuhr die
Frau böse heraus: »so kannst du eine Totenlade für
uns alle viere zimmern, und die Kinder Hungers sterben
sehen!«
Die zwei Kinder, welche der Hunger in ihrem
Moosbettchen noch wach erhielt, hörten mit an, was
die Mutter und der Vater miteinander sprachen, und
das Schwesterlein begann zu weinen, Hänsel aber tröstete
es und sprach: »Weine nicht, Gretel, ich helfe
uns schon«; wartete, bis die Alten schliefen, wischte
aus der Hütte, suchte im Mondschein weiße Steinchen,
verbarg sie wohl, und schlich wieder herein,
worauf er und das Schwesterlein bald entschlummerten.
Am Morgen geschah nun, was die Eltern vorher besprochen.
Die Mutter reichte jedem Kind ein Stück
Brot und sagte: »Das ist für heute alles; haltet's zu
Rate.« Gretel trug das Brot, Hänsel trug heimlich
seine Steinchen, der Vater hatte seine Holzaxt im
Arm, die Mutter schloß das Haus zu und folgte mit
einem Wasserkruge nach. Hänsel machte sich hinter
die Mutter, so daß er der letzte war auf dem Wege,
guckte oft zurück nach dem Häuschen, und wie er es
nicht sah, ließ er gleich ein weißes Steinchen fallen,
und nach ein paar Schritten wieder eins, und so immer
fort.
Nun waren alle mitten in dem tiefen Walde, und da
machte der Vater ein Feuer an, wozu die Kinder des