Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein

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Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch - Ludwig Bechstein

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dem fest schlafenden Wolf den Bauch auf, da guckte

       ein rotes Käppchen heraus, und unter dem Käppchen

       war ein Köpfchen, und da kam das niedliche allerliebste

       Rotkäppchen heraus, und sagte: »Guten Morgen!

       Ach was war das für ein dunkles Kämmerchen da

       drinnen!« – Und hinter dem Rotkäppchen zappelte die

       alte Großmutter, die war auch noch lebendig, vielen

       Platz hatten sie aber nicht gehabt im Wolfsbauch. –

       Der Wolf schlief noch immer steinfest, und da nahmen

       sie Steine, gerade wie die alte Geiß im Märchen

       von den sieben Geißlein, füllten sie den Wolf in den

       Bauch und nähten den Ranzen zu, hernach versteckten

       sie sich, und der Jäger trat hinter einen Baum, zu

       sehen, was der Wolf endlich anfangen werde. Jetzt

       wachte der Wolf auf, machte sich aus dem Bett heraus,

       aus dem Stübchen, aus dem Häuschen, und humpelte

       zum Brunnen, denn er hatte großen Durst. Unterwegs

       sagte er: »Ich weiß gar nicht, ich weiß gar

       nicht, in meinem Bauch wackelt's hin und her, hin

       und her, wie Wackelstein – sollte das die Großmutter

       und Rotkäppchen sein?« – Und wie er an den Brunnen

       kam und trinken wollte, da zogen ihn die Steine

       und er bekam das Übergewicht und fiel hinein und ertrank.

       So sparte der Jäger seine Kugel; er zog den

       Wolf aus dem Brunnen und zog ihm den Pelz ab, und

       alle drei, der Jäger, die Großmutter und das Rotkäppchen,

       tranken den Wein, und aßen den Kuchen, und

       waren seelenvergnügt, und die Großmutter wurde

       wieder frisch und gesund, und Rotkäppchen ging mit

       ihrem leeren Körbchen nach Hause, und dachte: du

       willst niemals wieder vom Wege ab und in den Wald

       gehen, wenn es dir die Mutter verboten hat.

       Der alte Zauberer und seine Kinder

       Es lebte einmal ein böser Zauberer, der hatte vorlängst

       zwei zarte Kinder geraubt, einen Knaben und

       ein Mägdlein, mit denen er in einer Höhle ganz einsam

       und einsiedlerisch hauste. Diese Kinder hatte er,

       Gott sei's geklagt, dem Bösen zugeschworen, und

       seine schlimme Kunst übte er aus einem Zauberbuche,

       das er als seinen besten Schatz verwahrte.

       Wenn es nun aber geschah, daß der alte Zauberer

       sich aus seiner Höhle entfernte, und die Kinder allein

       in derselben zurückblieben, so las der Knabe, welcher

       den Ort erspäht hatte, wohin der Alte das Zauberbuch

       verbarg, in dem Buche, und lernte daraus gar manchen

       Spruch und manche Formel der Schwarzkunst,

       und lernte selbst ganz trefflich zaubern. Weil nun der

       Alte die Kinder nur selten aus der Höhle ließ, und sie

       gefangen halten wollte bis zu dem Tage, wo sie dem

       Bösen zum Opfer fallen sollten, so sehnten sie sich

       um so mehr von dannen, berieten miteinander, wie sie

       heimlich entfliehen wollten, und eines Tages, als der

       Zauberer die Höhle sehr zeitig verlassen hatte, sprach

       der Knabe zur Schwester: »Jetzt ist es Zeit, Schwesterlein!

       Der böse Mann, der uns so hart gefangen

       hält, ist fort, so wollen wir uns jetzt aufmachen und

       von dannen gehen, soweit uns unsere Füße tragen!«

       Dies taten die Kinder, gingen fort und wanderten den

       ganzen Tag.

       Als es nun gegen den Nachmittag kam, war der

       Zauberer nach Hause zurückgekehrt und hatte sogleich

       die Kinder vermißt. Alsobald schlug er sein

       Zauberbuch auf und las darin, nach welcher Gegend

       die Kinder gegangen waren, da hatte er sie wirklich

       fast eingeholt; die Kinder vernahmen schon seine zornig

       brüllende Stimme, und die Schwester war voller

       Angst und Entsetzen, und rief: »Bruder, Bruder! Nun

       sind wir verloren; der böse Mann ist schon ganz

       nahe!« Da wandte der Knabe seine Zauberkunst an,

       die er gelernt hatte aus dem Buche; er sprach einen

       Spruch, und alsbald wurde seine Schwester zu einem

       Fisch, und er selbst wurde ein großer Teich, in welchem

       das Fischlein munter herumschwamm.

       Wie der Alte an den Teich kam, merkte er wohl,

       daß er betrogen war, brummte ärgerlich: »Wartet nur,

       wartet nur, euch fange ich doch!« und lief spornstreichs

       nach seiner Höhle zurück, Netze zu holen,

       und den Fisch darin zu fangen. Wie er aber von hinnen

       war, wurden aus dem Teich und Fisch wieder

       Bruder und Schwester, die bargen sich gut und schliefen

       aus, und am andern Morgen wanderten sie weiter,

       und wanderten wieder einen ganzen Tag.

       Als der böse Zauberer mit seinen Netzen an die

       Stelle kam, die er sich wohl gemerkt hatte, war kein

       Teich mehr zu sehen, sondern

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