Schön und ermordet: Zwei Kriminalromane. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Schön und ermordet: Zwei Kriminalromane - Alfred Bekker страница 14
Roth nickte. »Vielleicht ist Ihnen ja noch etwas eingefallen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wissen Sie denn, wo sie sein könnte? He, Sie haben mir ja die Karte gar nicht wiedergegeben! Glauben Sie denn, dass sie da ist? Wissen Sie überhaupt, wie das Kaff heißt? Ich weiß nicht einmal, in welcher Gegend das liegt!«
Roth lächelte unwillkürlich, weil ihre Fragen wieder einmal schneller kamen, als er sie beantworten konnte.
»In Südfrankreich«, sagte er.
»Aha«, machte sie verstehend. »Tun Sie das privat? Oder sagt man da auf eigene Faust?«
»Ich habe Urlaub«, sagte er.
»Tja, dann viel Glück.« Unschlüssig sah sie ihn an.
»Vielleicht sagen Sie mir ja irgendwann mal Bescheid. Wann fahren Sie los?«
»Morgen früh. Machen Sie's gut.«
*
Heinen presste den Telefonhörer an sein Ohr.
»Er wird sie schon finden«, sagte der Mann am anderen Ende. »Alles andere ist jetzt Ihre Sache!«
»Ich weiß, was meine Sache ist«, gab Heinen barsch zurück. »Ich hatte etwas mehr erwartet als die Hoffnung auf einen Erfolg.«
»Er ist Polizist«, sagte der Anrufer beschwörend. »Er ist ein Spürhund! Machen Sie sich keine Sorgen, wenn er sich erst einmal an eine Spur gehängt hat, lässt er nicht mehr locker!«
»Wenn sich in diesem Fall jemand Sorgen machen muss, wenn etwas nicht klappt, dann sind Sie es«, sagte Heinen, bevor er auflegte.
Er erhob sich und öffnete die Tür zur großen Diele.
»Bernd!«, rief er laut.
Makowski kam aus seinem Zimmer. Er folgte dem Hai in dessen Arbeitszimmer und wartete, bis der andere das Schweigen brach.
»Er hat angebissen«, sagte Heinen, nachdem er wieder hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. »Wenn sie ausgeschaltet ist, kann uns niemand mehr etwas anhaben! Niemand, Bernd, niemand!« Heinens breiter Mund verzerrte sich, die glitzernden Augen verschwanden hinter fleischigen Lidern. »Sie ist irgendwo in Frankreich ...«
»In Südfrankreich, so weit war ich auch schon«, sagte Makowski. »Wieso muss es ausgerechnet der ehemalige Liebhaber sein? Der weiß doch nicht mehr als die Schwester!«
»Er ist Polizist, und er versieht seinen Job. Er sucht sie auf eigene Faust, Bernd. Weißt du, was das bedeutet? Er ist ganz anders motiviert.« Heinen machte eine Pause. Dann fuhr er fort: »Wir müssen Nelles jetzt nach Frankreich schaffen.«
»Für Olsens Spedition fährt jeden Tag ein Lastzug von Hamburg nach Marseille. Kein Problem, Nelles da draufzukriegen. Notfalls lasse ich einen Container präparieren.«
»Darum soll Olsen sich selbst kümmern. Du sorgst dafür, dass Nelles einen Wagen bekommt, wenn es so weit ist. Und die Waffen, die er braucht.«
»Kein Problem, Chef. Nur - wie setzen wir ihn auf die Fährte dieses Polizisten? Wir können ihn doch nicht hinter ihm herfahren lassen! Der Bulle kennt ihn, und der Haftbefehl gilt auch in Frankreich.«
»Nelles soll sich bedeckt halten, bis er das Zeichen für seinen Einsatz bekommt. Für den Polizisten bist du verantwortlich. Häng dich an ihn. Nimm so viele Leute mit, wie du brauchst.«
Makowskis Magen zog sich zusammen. Heinen bemerkte seinen betroffenen Gesichtsausdruck. Er beugte sich vor. Sein fleischiges Gesicht erstarrte wie Lava.
»Meinst du, ich verlasse mich darauf, dass ein hirnloser Henker wie Nelles unser Problem lautlos erledigt? In einem fremden Land? Wenn es so ist, umso besser. Dann brauchst du nur dafür zu sorgen, dass er nicht zurückkommt. Es soll da unten tiefe Schluchten geben und miserable Straßen. - Aber wenn er nicht zurechtkommt, musst du einspringen, Bernd.«
So hatte sich der Hai das gedacht. Er, Bernd Makowski, sollte die Oberaufsicht bei einem Mordunternehmen führen. Und notfalls selbst einspringen. Die Frage, die der Hai gestern an ihn gerichtet hatte, ob er bereit sei, Nelles umzulegen, war nicht nur eine Testfrage gewesen. Typen wie Nelles zählten nicht. Er, Makowski, hätte es wissen müssen.
Für ihn schlug die Stunde der Wahrheit.
Er sollte eine Frau umbringen.
Und einen Polizisten, wenn es sich nicht vermeiden ließ, ebenfalls.
Er nickte und hielt dabei dem glitzernden Blick stand. Ihm lag eine Frage auf der Zunge, doch Heinen kam ihm zuvor.
»Ich weiß, dass die Lavalle-Brüder aus Marseille mir noch einen Gefallen schulden, aber ich werde mich hüten, die Schuld einzufordern! Und weißt du, warum nicht?« Heinen formte die großen Hände zu klumpigen Fäusten. »Ich will reinen Tisch machen, Bernd, und nicht eine neue Abhängigkeit riskieren!« Heinens Atem ging rasselnd. »Enttäusch mich nicht, Bernd«, sagte er abschließend.
*
Roth knipste die Nachttischlampe aus. Er versuchte, sich zu entspannen und ein paar Stunden Schlaf zu erwischen, bevor er sich auf die lange Fahrt machte.
In Wirklichkeit wartete er nur darauf, dass sich der Alptraum wieder einstellte.
Er schreckte auf, als das Telefon klingelte. Fluchend schaltete er das Licht wieder ein. Nach einem Blick auf die Uhr, stellte er verblüfft fest, dass er schon zwei Stunden geschlafen haben musste.
Es war viertel nach zwölf.
»Ja?«, schrie er wütend in den Hörer.
»Ich bin's«, sagte sie. »Entschuldigen Sie ...«
Er wollte ihr etwas Grobes an den Kopf werfen, aber er atmete nur tief aus und fragte beherrscht: »Was wollen Sie?«
»Kann ich mitkommen?«, fragte sie.
»Wohin?« Er begriff den Sinn ihrer Frage nicht.
»Nach, na, Sie wissen schon ...« Er hörte, dass sie nervös war. »Bitte, ich möchte es so gern ...«
Er ließ sich aufs Bett fallen.
»Hallo? Sind Sie noch da?«
»Ja ...«
»Fein! Wo soll ich hinkommen?«
»He, nicht so schnell! Ich habe noch nicht ja gesagt, ich meine, dass Sie mitkommen können.«
»Also ... nein?«
»Das habe ich auch nicht gemeint«, sagte er unwirsch. »Von mir aus.«
»Klasse! Wo soll ich hinkommen?«
»Ich hole Sie vor Ihrem Haus ab. Um vier! Punkt vier, verstanden?«
»Um vier Uhr morgens?«, schrie sie. »Himmel, das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«
»Um