Hilmer. Jörg Olbrich
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„Das mag sein“, gab Hörg zu. „Dennoch kannst du nicht hierbleiben. Ich glaube zwar auch nicht, dass Dieter in der Lage ist, den Galgen über Nacht zu errichten, verlassen würde ich mich darauf allerdings nicht. Du musst fliehen.“
„Aber was soll ich machen?“
„Wir müssen die heiligen Schriften des furchtlosen Wonibalts finden“, sagte Henni bestimmt. „Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.“
„Wo wollt ihr mit der Suche beginnen?“, fragte Hilmer.
„Das weiß ich nicht“, antwortete Henni. „Uns wird aber schon etwas einfallen. Wir können die Zelle verlassen und morgens immer wieder zurückkehren. Niemand wird merken, dass wir fort waren.“
„Und wenn Helmut das Schloss reparieren lässt?“
„Wir werden ihm bestimmt nicht sagen, dass es kaputt ist“, lachte Hörg. „Wir behaupten einfach, dass du uns niedergeschlagen hast und wir nicht wissen, wie du geflohen bist.“
„Und wenn sie euch nicht glauben?“, fragte Hilmer. Er war noch nicht davon überzeugt, dass dieser Plan funktionieren konnte und wollte nicht, dass sich Henni und Hörg wegen ihm in Gefahr begaben.
„Wenn etwas schiefgeht, musst du uns eben befreien“, sagte Henni. „Auf keinen Fall kannst du hierbleiben.“
„Wir treffen uns morgen bei Sonnenaufgang am Personaleingang des Palastes“, entschied Hörg. „Der Küchentrupp ist dann schon an der Arbeit und alle anderen schlafen noch. Dann können wir besprechen, wie es weitergeht. Bis dahin versuchen wir herauszufinden, wo Helmut die heiligen Schriften versteckt.“
„Einverstanden“, sagte Hilmer schließlich. Er war noch immer nicht vollständig überzeugt, sah aber ein, dass er keine andere Wahl hatte. Henni und Hörg kannten den König besser und waren auch mit den Gegebenheiten im Palast vertraut. Sie würden sich zu helfen wissen. Er selbst würde sich einen Unterschlupf suchen, wo er den Tag und die Nacht verbringen konnte.
9
Hilmer hatte keine Mühe, den Weg zum Hinterausgang des Palastes zu finden. Unterwegs begegnete ihm noch nicht einmal jemand. Als er auf die Straße trat, sah er, dass die Sonne bereits langsam wieder unterging. In etwa einer Stunde würde es dunkel sein. Umso besser, dachte der Lemming. Dann erkennt mich wenigstens niemand.
Die Zeit bis zum nächsten Morgen konnte noch ganz schön lang werden. Hilmer wusste nicht so recht, wohin er nun gehen sollte. Eine Wohnung hatte er nicht mehr und es schien ihm zu riskant, irgendwo ein Zimmer zu mieten. Im Freien wollte er die Nacht aber auch nicht verbringen.
Der Flüchtling entschloss sich, an der Rückseite des Palastes entlang zu gehen. Vielleicht gab es dort ein Gartenhaus, in dem er Unterschlupf finden konnte. Als er jedoch die königlichen Grünanlagen erreichte, traf es ihn wie ein Schlag in den Nacken.
„Ich wusste doch, dass man diesem Kerl nicht trauen kann“, sagte Turgi und sprang auf.
„Wie hat er es bloß geschafft, aus dem Kerker zu entkommen?“, fragte Targi.
„Sicher hat er Hilfe gehabt“, vermutete Torgi.
„Was macht ihr denn hier?“ Hilmer hätte nicht gedacht, dass er seine drei Vettern so schnell wiedersehen würde. Sie saßen im Garten inmitten eines Skulpturenparks, der dem furchtlosen Wonibalt gewidmet war, und schauten den Flüchtigen böse an. Sie hatten sich bereits zu einer wirklichen Plage entwickelt. Warum nur hatten sie sich ausgerechnet diesen Platz zum Ausruhen ausgesucht?
„Wir betrachten die wunderbaren Anlagen“, antwortete Turgi und grinste Hilmer an.
„Dafür haben wir jetzt viel Zeit“, sagte Targi.
„Eigentlich sollten wir ja bereits tot sein“, fügte Torgi hinzu.
„Was wollt ihr?“
„Nur mit dir reden“, antwortete Turgi.
„Und das soll ich euch glauben?“
„Warum nicht?“, fragte Targi zurück.
„Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, wolltet ihr mich die Klippen hinunterwerfen. Ich glaube nicht, dass ihr eure Meinung geändert habt.“
„Das ist ungerecht“, stellte Torgi fest. „Du tust ja gerade so, als wären wir an allem schuld.“
„Natürlich seid ihr das“, entgegnete Hilmer. „Wenn ihr mich einfach in Ruhe gelassen hättet, wärt ihr jetzt tot und ich hätte meine Ruhe. Aber das konntet ihr ja nicht tun. Ihr musstet euch ja als die großen Helden aufspielen und mich zu Helmut schleifen. Ihr habt es euch selbst zuzuschreiben, dass ihr noch lebt.“
„Wir müssen jetzt einfach das Beste aus der Situation machen“, sagte Turgi.
„Wie meinst du das?“
„Ganz einfach, Hilmer“, erklärte Targi. „Wir können dich nicht einfach so gehen lassen. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis dieser unfähige Hamster den Galgen errichtet hat.“
„Bis dahin werden wir bei dir bleiben“, entschied Turgi.
„Oder anders gesagt, du bei uns“, korrigierte Torgi seinen Bruder.
„Das meint ihr nicht ernst“, sagte Hilmer.
„Oh doch“, widersprach Turgi.
„Du wirst uns nicht wieder los“, sagte Targi.
„Finde dich damit ab“, schlug Torgi vor. „Dann wird es für uns alle leichter.“
„Ich glaube euch kein Wort“, sagte Hilmer und schüttelte den Kopf. Ihm war bewusst, dass seine Vettern jede Chance ihn zu töten nutzen würden. Egal, wie weit Dieter mit dem Galgen war. Er durfte ihnen nicht trauen.
„Du tust uns unrecht“, sagte Turgi und lächelte Hilmer schief an. „Wir wollen doch nur dein Bestes.“
„Ihr wollt meinen Tod.“
„Das ist das Gleiche“, behauptete Targi.
„Wie stellt ihr Witzfiguren euch das vor? Meint ihr, wir können jetzt die nächsten Tage zusammenleben, als wäre nichts geschehen? Es muss euch doch klar sein, dass ich nicht freiwillig bei euch bleiben werde.“
„Dann zwingen wir dich dazu“, sagte Targi. „Es liegt an dir, ob wir dich fesseln, oder du die nächsten Tage frei zwischen uns leben kannst.“
Hilmer wusste, dass seine drei Vettern etwas im Schilde führten. Am Morgen hätten sie ihn noch am liebsten auf der Stelle erschlagen und jetzt taten sie so, als seien sie seine Freunde. Der Lemming beschloss, dass Spiel von Turgi, Targi und Torgi zunächst mitzumachen. Eine andere Wahl hatte er im Moment ohnehin nicht. Später würde es sicher eine Möglichkeit geben, seine Widersacher zu überlisten.
Turgi, Targi und Torgi führten Hilmer in ihre Wohnung. Da die drei Brüder zusammenlebten und keine Weibchen hatten, konnten sie noch auf ihre