John K. Rickert. Gabriele Steininger
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"Nein, nicht wirklich. Ich würde sagen nostalgisch."
"Also eine nostalgische neue Krimiautorin." John schmunzelte und setzte sich auf die Chaiselongue. Er wartete darauf, dass Bernard ihm von der Geschichte erzählen würde, so wie immer. Früher oder später würde sein Freund an eine Stelle geraten, an der er ihn nach einem Tipp den Mörder betreffend fragen würde. Es reichte, wenn er einfach nur da saß und so tat, als würde es ihn nicht weiter interessieren. Plötzlich klappte Bernard das Buch zu und legte es mit Nachdruck auf den kleinen Abstelltisch neben dem Ohrensessel.
"Ich weiß genau worauf du wartest." sagte er zu John.
"Worauf warte ich denn?", fragte dieser mit gespielter Unwissenheit.
"Du wartest darauf, dass ich dir erzähle was in diesem Buch passiert. Aber dieses Mal nicht."
"Was meinst du mit dieses Mal nicht?"
"Dieses Mal wirst du mir nicht schon vorher sagen wer der Mörder ist. Dieses Mal werde ich das Buch einfach zu Ende lesen." konterte Bernard. Mit einem zufriedenen Lächeln sah er den Detektiv an.
"Du irrst dich." sagte John.
"Nein, John. Das tue ich nicht. Ich werde das Buch einfach dann lesen, wenn du nicht in der Nähe bist. Und ich werde dich erst dann fragen, wer der Mörder ist." erklärte er.
"Dann hast du die nächsten Stunden dazu Gelegenheit, denn ich werde in einer viertel Stunde nicht mehr im Haus sein." lachte John.
"Wieso? Wo willst du denn noch so spät hin? Es ist doch schon nach acht." erkundigte sich Bernard.
"Genau die richtige Zeit für einen Detektiv sich in Ermittlungsarbeiten zu stürzen." meinte er geheimnisvoll.
"Soll das heißen, du hast einen interessanteren Auftrag als einen untreuen Ehegatten?" Der Anwalt zog die Augenbrauen hoch.
"Ich weiß noch nicht, ob es mein Auftrag wird. Es hat sich interessant angehört."
"Darf man denn wissen worum es geht?"
"Ich sage es dir, wenn ich weiß wer der Mörder ist." scherzte John.
Die Meldungen über wandelnde Geister auf dem Anwesen der O'Brians waren nach einer Woche nicht mehr von Bedeutung. Die Revolverblätter brachten eine Sonderserie heraus, in der sie sich mit ungewöhnlichen Todesfällen aller größeren, älteren Hauser in Irland beschäftigten. Schlagzeilen über kopflose Reiter, eingemauerte Jungfrauen und mit Ketten rasselnden Gutsherren prangten über den Texten der Zeitungen und Journale. Nach weiteren drei Wochen erregte der Fall jedoch erneut das öffentliche Interesse. Die Nacht des dreißigsten Novembers war schicksalsträchtig für James O'Brian. Es war der Geburts- und zugleich der Todestag seines Sohnes. Damals hätte er auch Mary beinahe verloren, die schwer angeschlagen von den Anstrengungen der Geburt und des Todes des kleinen William, mehrere Wochen hatte das Bett hüten müssen. James schlief kaum in dieser Zeit, da es um Mary so schlecht gestanden hatte. Auch seit ihrem Tod schien er keinen Schlaf mehr zu brauchen. Nacht für Nacht saß er brütend in der Bibliothek. Ein Schatten seiner selbst, stark abgemagert und das Haus auch am Tag nur selten verlassend, saß er einfach da. Megan Lancaster, seine Schwester, betrat am nächsten Vormittag die Bibliothek mit der Zeitung in der Hand.
"Ich weiß, du willst es eigentlich nicht hören, aber die Schlagzeile alleine ist schon lachhaft." setzte sie mit einem breiten Lächeln an.
"Wenn du schon weißt, dass ich es nicht hören will, warum kommst du dann extra deswegen zu mir?", erwiderte James missmutig.
"Es könnte dich aufmuntern. Hör doch mal >Das Gespenst der O'Brians spukt auch in der Nachbarschaft. Eine Augenzeugin berichtet in der Nacht des dreißigsten November die verstorbene Mary O'Brian erneut gesichtet zu haben. Es scheint, als hätte sich der Geist verlaufen, da er nicht auf dem Anwesen der O'Brians, sondern in den Gärten der Nachbarschaft gesehen wurde. Nicht ausgeschlossen wird dabei, dass Mary O'Brians Geist auf der Suche nach ihrem Mörder die Gärten lediglich passiert hat. Die Erscheinung findet in der gemeinsamen Geschichte des Paares ihre Begründung in so fern, als sich in dieser Nacht vor sieben Jahren ein schwerer Schicksalsschlag ereignete. Der Tod, des nur wenige Stunden alten Erben des Anwesens, William O'Brian. Es stellt sich nunmehr die Frage nach dem Zeitpunkt der dritten Nacht. Wird Marys Geist noch einmal erscheinen? Was wird in dieser Nacht geschehen? Enthüllt ein mysteriöser Tod den Mörder der jungen Frau? < Was hältst du davon?" James hatte sich den Artikel angehört. Mit jedem Satz war mehr Wut in ihm empor gestiegen. Seine Finger krallten sich so fest in die Lehne des Sessels, dass der alte Stoff dem unsanften Griff hätte nachgeben müssen.
"Man sollte diesen verfluchten Schmierblattschreibern die Hände abhacken!"
Megan wich einen Schritt zurück. sie hatte nicht damit gerechnet, ihren Bruder derart mit dem Artikel aufzuregen. Sie selbst hatte ihn als witzig empfunden und war in besten Gedanken damit zu James gegangen.
"Rege dich doch nicht so auf." Erschrocken sah sie ihren Bruder an. Hart und stur war sein Blick auf die Bücherwand neben dem Kamin gerichtet.
"Verschinde." sagte er so leise, dass sie es beinahe nicht gehört hätte.
"Aber James, was kann ich denn für die Nachrichten in der Zeitung?", versuchte sie sich zu verteidigen.
"Verschwinde!", schrie er seine Schwester an. Er war aufgesprungen und funkelte sie mit einem Hass in seinen Augen an, den sie noch nie an ihm gesehen hatte. In eine der geballten Fäuste hatte er den Schürhaken des Kaninbestecks genommen. Krampfhaft umklammerte er den hölzernen Griff. Megan drehte sich verängstigt um und verließ hastig die Bibliothek. Auf dem kleinen Flur, der in die Einganshalle führte, stieß sie mit Oliver zusammen.
"Hey, langsam." Verdutzt über den hastigen Schritt seiner Schwester hielt er sie auf. "Was ist los mit dir?"
"Er ist verrückt geworden. Jetzt ist er auch noch verrückt geworden." stieß sie hervor.
"Wer ist verrückt geworden?"
"James."
"Ich denke du weißt, dass du Megan gerade einen derben Schrecken eingejagt hast." begann Oliver zu reden, als er die Bibliothek betrat. James schwieg. Sein Bruder setzte sich in den weniger bequemen Sessel an James Seite und rückte sich das runde Stickkissen zurecht. Immer noch umklammerten die Finger des Witwers den Schürhaken. "Ich weiß, es ist schlimm was mit Mary passiert ist. Und wir alle stehen dir bei. Wenn du reden willst, dann kannst du jederzeit zu mir kommen." James starrte immer noch auf das Bücherregal. Es war, als wäre er in einer fernen Welt versunken, in der ihn nichts und niemand erreichte. Oliver blieb noch eine Weile sitzen. Er war sich nicht sicher, dass er seine Worte überhaupt verstanden hatte. Lange betrachtete er ihn, bis er seinen stummen Bruder wieder verließ. Die Hoffnung, er würde doch noch eine Reaktion zeigen, löste sich in Luft auf. Wenn James in diesem Zustand war, dann ließ man ihn am besten in Ruhe. Schon als Kinder war Zeit das Einzige, was ihn aus dieser jähzornigen Erstarrung löste. James erschien nicht zum Lunch und auch nicht zum Tee. Den ganzen Nachmittag brütete er weiter in seinem grünen Sessel vor sich hin. Erst am frühen Abend wurde er wieder in seinen trüben Gedanken gestört und in die Gegenwart gerissen.
"Mister O'Brian?", meldete sich die Stimme von Misses Kinley an der Bibliothekstür an. "Da ist ein Mann gekommen, der sie sprechen möchte. Er sagt, er hätte einen Termin, wollte mir seinen Namen aber nicht nennen." James regte sich in seinem Domizil und streckte den Kopf neben der Rückenlehne hervor.
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