Der Tanz mit der Kobra. Angelika Storm

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Der Tanz mit der Kobra - Angelika Storm

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Gump ist für mich folgende:

      „Ich habe das Haus Deines Vaters einreißen lassen… Mama hat immer gesagt, der Tod gehört einfach zum Leben dazu…“

      Unser Haus steht auch nicht mehr, aber wir werden es ein Leben lang mit uns herum tragen und nach den Inhalten suchen. Denn es hat uns geprägt, mit allem, was da war, was gefehlt hat und was nicht hätte sein dürfen.

      Mit bewundernswerter Stärke beschreibt meine Schwester, dass die Vergangenheit nie endet und sich immer wieder mit der Gegenwart vermengt. So wird dieses Buch zu einer Warnung, die Vergangenheit nicht zu vergessen oder gar zu verleugnen, sondern das Leben irgendwann zu Leben.

      Liebe Schwester, ich Danke Dir für das Vertrauen, die Liebe und die Fürsorge, mit der Du mich jahrelang begleitet hast.

      Dein „kleiner” Bruder Jens.

      ***

       Von der Tochter

      Das Schlimmste ist das Vergessen. Damit meine ich auf keinen Fall, dass man ständig in der Vergangenheit leben sollte, denn genau dieses tut man unfreiwillig, wenn man sich seiner Wurzeln nicht mehr bewusst ist und seine Kindheit versucht, zu verdrängen. Man lebt einen Alltag, der immer und immer wieder die gleichen Tragiken und Krankheiten zu bieten hat, und zwar mindestens so lange, bis wir verstanden haben, dass wir nicht wegschauen dürfen. Und dabei ist die Psyche nicht wählerisch, sie fragt nicht nach Sinnhaftigkeit, sie macht einfach, egal wie brauchbar das Verhalten auch sein mag, was wir an den Tag legen.

       Erst wenn wir es schaffen, uns das Geschehene anzuschauen, zu reflektieren, den Ursprung unseres Handelns zu verstehen, sind wir in der Lage, uns grundlegend zu ändern und neue Wege zu bestreiten. Erst dann können wir aktiv aus dem Opfersein ausbrechen und unser Leben anders gestalten als es unsere Eltern oder Großeltern getan haben.

      Meine Mutter ist durch die Hölle gegangen – ich noch einmal. Wir haben jedoch viele Muster erkannt und sie durchbrochen.

      Ich bin stolz auf uns.

      Deine Tochter Anja

      ***

       Vom Sohn

       Als ich dieses Buch las und begriff, wie niederträchtig Menschen – auch mein Opa – sein können, packte mich die Wut.

      Meine Mama sagte mal: „Lerne aus meinen Fehlern.“ Jetzt habe ich eine Ahnung, was sie meinte.

      Ich habe viel von Dir lernen dürfen.

      Dein Sohn Thomas

      ***

       Von der Freundin Mo

      Als wir uns 1994 kennen lernten, befand sich jede von uns an einer Wegkreuzung des Lebens und musste sich den zu bearbeitenden Seelenbildern stellen.

      Als meist unbequeme Freundin habe ich mal ganz nah und auch fern Deinen Lebensweg begleiten können. Habe Deine Kämpfe, Trauer, Wut und letztlich auch Deine Ohnmacht miterlebt.

      Trotzdem, wie Phönix aus der Asche bist Du weiter auf Deinem Weg!!!

      In verbundener Freundschaft

      Mo

      Einleitung

      Draußen waren Geräusche zu hören. Kam da jemand? Leise setzte ich mich im Bett auf und lauschte. Parallel überlegte ich, wohin ich entwischen könnte. Aber es ging alles so schnell.

      Ich fühlte das kalte Eisen des Revolvers an meiner Schläfe und sah Jo´s hasserfülltes Gesicht vor mir. Ich konnte nichts mehr tun. Mein Körper wurde starr und kalt vor Angst. Ich wusste, das Leben war vorbei und ich ergab mich dem unausweichlichen Schicksal. Jo drückte hämisch grinsend ab...

      ... ich wurde wach, setzte mich im Bett auf und versuchte diesen Traum abzuschütteln.

      Wie fing es an?

      Bilder steigen in mir auf. Unser erstes gemeinsames Silvester. Wir liegen im Bett und trinken roten Krimsekt. „Ein frohes Neues Jahr 2002“, flüstert er dicht an meinen Mund bevor er mich küsst. Als ich zu Atem komme proste ich ihm zu. „Ein glückliches Neues Jahr.“ Im Radio läuft Stimmungsmusik. Plötzlich springt er auf, dreht das Radio lauter und zieht mich mit. Der Kaiserwalzer! Wir tanzen durch sein großes Schlafzimmer. Er im Unterhemd und ich im Schlüpfer. Schwungvoll dreht er mich im Takt. Im Spiegel sehe ich eine glückliche Frau. Als das Lied verklingt sinken wir aufs Bett und lieben uns.

      Später kuschelte ich mich nah an ihn heran. „Ich kann so nicht schlafen“, sagte er. „Ich bin gewohnt viel Platz zu haben.“ Mit diesen Worten schob er mich von sich weg, drehte sich um und schlief ein. Irritiert lag ich alleine seitlich im Bett.

      Weihnachten hatte Jo mich zu einem Konzert von André Rieu eingeladen. Als der Kaiserwalzer erklang, zog Jo mich über die vorderen Sitze in den Gang und tanzte mit mir nach den Klängen. Der Kaiserwalzer. Scheinbar war es das einzige Lied, welches Jo mochte. Ich liebte dieses Lied.

      Damals dachte ich, dass Jo eben einfach nur das macht, was er möchte und keine Peinlichkeit kennt. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nichts von seinem Spiel. Die Erkenntnis sollte erst Jahre später kommen.

      Ja, so war mein Leben mit Jo. Seliger Walzer, wir tanzten im Kreis, liebten uns – und immer wieder Ernüchterung. Der Tanz wurde schneller, er wurde hektischer und aus Ernüchterung wurde über tiefste Verletzung ein Erkennen, wie mit mir „getanzt“ wurde.

      Der Kaiserwalzer. Er ist traurig. Ich hasse dieses Lied.

      ***

      2001 Das erste Treffen

      Schon beim ersten Treffen hat er mich tief berührt. Ich fühlte mich ausgeliefert und wusste, dass dieser Mann meinen inneren Panzer und alle heimlichen, verschlossenen Räume in meiner Seele erreichen würde. Ich wusste, dass er keine Gnade walten lassen würde, und dass er nicht vorhatte, barmherzig zu sein. Ich wusste, dass er all meine inneren Türen brutal und heftig auftreten wird. Und ich ahnte, dass er meine wohlgeordneten Gefühle neu mischen würde.

      Ich schaute in seine blauen Augen und erkannte etwas wieder – einen blanken Ruf aus Schmerz. Nackt, geruch- und farblos. Einen Schmerz, der ebenso unsichtbar sichtbar war, wie meiner. Es war nur ein Moment, den ich fast vergessen hatte.

      „Wir kennen uns“, sagte ich. „Ja,“ erwiderte Jo, „aber nicht aus diesem Leben.“ Ein ungewöhnlicher Anfang.

      Wir saßen uns im Cafe gegenüber. Ich schaute auf den See hinunter und beobachtete die saftige grüne Trauerweide, deren Blätter schon fast ins Wasser reichten. Aus meinen Gedanken heraus sagte ich: „Alles läuft darauf hinaus, sich selbst in einem anderen Menschen wieder zu erkennen. Das ist eine Form von Nähe, die Wahrheit enthält.“ „Was ist Wahrheit?“ fragte er und strich mir dabei zärtlich über die Hände. Sein Streicheln war zu früh und zu aufdringlich. Und trotzdem wollte etwas in mir, dass

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