Mein Lieber Sohn und Kamerad. Eberhard Schiel

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Mein Lieber Sohn und Kamerad - Eberhard Schiel

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Bescheid gebracht hätte. Er war noch nicht dort gewesen. Deine Tante wünscht auch mal wieder einen Gruß. Vorläufig läßt sie schön grüßen. Sie meinte, Du hättest Dich auch stellen können, als sie keine mehr brauchten, denn jetzt mußt Du doch mit vor. Deine Tante hat 2 Mann einquartiert. Deine Mutter war zwei Tage, Dein Onkel 3 Stunden hier. In Stralsund sind 116 Verwundete untergebracht, 60 bei Rühe, 30 Lazarett und die anderen Schloßgarten. Die Verpflegung soll, sehr zur Scham der Stralsunder, die wünschen, daß die Verwundeten wieder bald am Feind sind, schlecht und mangelhaft sein. Raddas und Gustav Wulf erzählten mir, daß Mehlert Torten für die Verwundeten geschickt hat. Diese sind aber schon im Schauspielhaus verzehrt worden, von...? Man entschuldigte sich, daß es zu wenig war. Die Tante erzählte, Wühle habe einen ganzen Korb mit Butterbroten zu den Verwundeten getragen. Ein Verwundeter sagte zu einem Grenadier: "Mensch, hier kriegste nichts zu essen, hier verhungerst du." Das habe ich selber gehört. Die Steuern sollen der Quartierkammer bezahlt werden. Wer es unterläßt, von dem werden sie zwangsweise eingezogen. Aber an Quartiergeldern hat die Stadt noch keinen Pfennig bezahlt, und wie viele Leute brauchen das Geld jetzt nötig. In anderen Städten wird die Not gelindert auf alle mögliche Art und Weise, in Stralsund wird sie vergrößert. Ratsherr Dr. Heydemann ist verwundet. Unsere Kriegsfreiwilligen haben Scharfschießen und Felddienst. Heute angeblich in Grünhufe. Ja, bei euch in Stettin ist ganz anderes Treiben. Bis 10 Uhr werden hier nur Telegramme herausgegeben. Noch habe ich keine Uniform. Diese erhalte ich nach erfolgter Ausbildung, welche wohl am 13ten beendet wird. Beim Transport der Russen hatte ich nur die Armbinde mit dem roten Kreuz. Sonntag haben wir Übung auf dem Dänholm. Habe das Verbinden schon gelernt. Hoffentlich komme ich ins Etappengebiet. Was die Kriegsjugendwehr ist, wirst Du aus beiliegendem Zeitungsausschnitt ersehen. Ich lege auch den Ausschnitt mit der Rede des Oberbürgermeisters bei der Verabschiedung der Kriegsfreiwilligen und den von der Schilderung des Seegefechts bei Helgoland bei. Sind Dir ähnliche Aufsätze erwünscht, so werde ich mit jedem Brief einige schicken. Über den Verlauf unserer Übung schreibe ich nächstens. Nun werde ich wohl ziemlich alles geschrieben haben, was ich auf dem Herzen hatte, doch nein, in der Jakobi-Kirche wurde ein Kirchenkonzert für die Ostpreußen veranstaltet. Bis auf den letzten Platz war die Kirche gefüllt. Gerd trägt jetzt einen Kneifer. Es lassen grüßen, Deine Tante, Eltern und Geschwister, Frl. Meißner, die Ferienkolonistin E. Werlitz.

      In inniger Freundschaft mit Brudergruß

      Dein Otto

      AN WILLI PUCHERT (8)

      Stralsund, 8.9.1914

      Lieber Willi!

      Wie schade, daß Du schon so früh wieder Stralsund verlassen mußtest. Der Sonntagabend, der Abschiedsabend für unsere Kriegsfreiwilligen, war sehr nett. Ich bin hochbefriedigt nach Hause gegangen. Wie ich mit Walter den Versammlungsraum betrete, tadelte Herr Diete gerade das Benehmen der bekannten Klicke, in dem auch er allen Anwesenden die Namen nannte. Auch Herr Pastor tadelte er. Mit allen gegen zwei Stimmen wird beschlossen, daß sich der Verein als Ganzes der Kriegsjugendwehr anschließt und alle tauglichen Mitglieder teilnehmen müssen. Wir singen das Lied: "Wo Mut und Kraft in deutschen Seelen flammen", mit dem schönen Schluß: "Den Jüngling reißt es fort mit Sturmeswehen, fürs Vaterland in Kampf und Tod zu gehen." - Nun bittet Herr Diete unseren Fritz Schlamm, einiges von seinen Erlebnissen zu erzählen. In frischer, humorvoller Weise erzählte er nun. Von Krotoschin bis Lothringen fuhren sie 72 Stunden. Das kam daher, weil sie mal nach Westen, Norden, Süden fuhren. Dann wurde auch mal wieder zurückgefahren, um feindlichen Flugzeugen nicht den Sammelplatz unseres Heeres zu verraten. In Lothringen wurde Marschieren geübt, usw. Eines Nachts um 2 Uhr kam der Befehl zum Einmarsch in Frankreich. Die Bewohner sind in den ersten Dörfern friedlich, auch versteckte Waffen wurden nicht gefunden. Noch immer war kein Feind zu sehen. Da ertönt feindlicher Kanonendonner. Bald fliegen auch die ersten Gewehr-Geschosse heran. Von den Franzosen ist nichts zu sehen. Sie eröffnen nämlich das Feuer schon auf 2000 Meter, weil die Gewehre die Eigentümlichkeit haben, dann am sichersten zu schießen. Ganz sicher schießen sie auch dann noch nicht. Auf kurze Entfernungen schießen die Kugeln zu hoch. Auf 1000 Meter wird unsererseits das Feuer eröffnet, damit man auch zielen kann. Die Franzosen erscheinen nun nicht in Felduniform, sondern in roten Hosen und blauem Schniepel. Franzosenmantel der 6ten Garnitur. Wenn die Deutschen mit dem :"Deutschland, Deutschland!" auf 800 Meter herangekommen sind, laufen die Franzosen weg. Die Offiziere mit gutem Beispiel voran. Scheinbar zogen sie sich in ein Dorf zurück. Beim Nahen der Deutschen schießen die Franktireurs. Ein Pfarrer steht auf dem Kirchturm und knallt mit einem Maschinengewehr auf unsere Soldaten. Er wird heruntergeholt und am nächsten Baum als warnendes Beispiel aufgeknöpft. Auch aus einem Hause wird einer herausgeholt. Er bekommt einen Spaten in die Hand und muß sich sein Grab schaufeln. Dann wird er erschossen und hineingelegt. Das ganze Dorf wurde angezündet. Drei Häuser blieben stehen. Dann ging es weiter vor. In einem Graben, aber so gelegen, daß sie von Geschossen nicht getroffen werden können, liegen 12 Franzosen und sind tot. Der erste wird mit dem Bajonett gekitzelt und...er nimmt die Hände hoch und steht auf. Sein Nachbar lugt ängstlich um sich, um zu sehen, was der erste machte. Dann hebt auch er die Hände. Bald haben sie dann 12 Gefangene statt Tote, die nachher auf unsere Truppen rücklings geschossen hätten. In ihrem Tornister fand man Konserven mit Sardinen und Feilen zum Anfertigen der scheußlichen, völkerrechtlich verbotenen Dum-Dum-Geschosse. Die französischen Waffen sind ansonsten nicht so vollkommen wie unsere. Beim Gewehr muß jede Patrone für sich geladen werden. Die Maschinen-Gewehre können 25 Schuß abgeben. Unsere haben dagegen einen Patronengürtel mit 250 Patronen. Auch arbeiten unsere 1 1/2 Mal so schnell wie die französischen. Abends gegen 7 Uhr wurde Fritz Schlamm verwundet. Er schleppte sich mit einem Lieutenant bis zur Chaussee. Er lobte auch die Arbeit des Roten Kreuzes. Sie wurden zum Verbandsplatz getragen und hier verbunden. Dann kamen sie ins Feldlazarett. Sie erhielten Kommisbrot mit französischen Sardinen. Eine große Schande ist es, daß Flieger über dem Verbandsplatz, der durch auffällige rote Kreuze auch von Oben erkenntlich war, erschienen und Bomben warfen. Diese erreichten aber nicht ihr Ziel, sondern fielen in den Wald. Unser Fritze sollte nach Diederhofen zur Erholung. Er nahm aber Urlaub, um die Erholung in seiner Heimat zu suchen. Sein Regiment war von 11 Uhr bis 7 1/2 Uhr des Abends im Gefecht. Eine kriegsstarke Kompagnie war zum Schluß noch kampffähig. Er meinte, mehr könne er nicht erzählen, da er nicht mehr erlebt habe, aber wenn er wieder zurück kommt, wird er wieder mehr erzählen. Nun wurden noch einige Lieder, auch zur Geige und Zupfgeige, gesungen, worauf auch Herr Regierungsrat einige Worte an die Freiwilligen richtete. Er ermahnte sie zu Kämpfen für das, was sie im Verein gelernt haben, und es hinaustragen. Er überreichte W. Neels, Fritz Schlamm, O. Pögler und K. Jakobs einen Siegestaler mit den Worten: "Mögen Sie in diesem Zeichen siegen." Er bedauerte nur, daß Ihr anderen schon fort und um den Taler gekommen seid. Nun richtete auch Herr Diete einige Worte an die von uns Scheidenden, die zu Herzen gingen. Wenn Herr Diete mir oft etwas zu lange redete, heute folgte ich Wort für Wort. O, wie schade, daß Du diesen Abend nicht mehr erleben durftest. Er war zu schön. Jeder erhielt noch ein Kreuz, wie Du auch eins erhieltest. Herr Pastor Pfeiffer kam mit der Nachricht, Herr Hauptmann Rintelen sei gefallen. Wie schmerzlich, wenn ich daran denke, daß der zu Herrn Diete sagte: "Wenn ich wiederkomme, dann bauen wir Jungdeutschland." Es sollte ihm nicht vergönnt sein. - Unsere 42-er sollen nun auch schon schwere Verluste haben. Wenn ich die Verlustliste habe, werde ich sie Dir senden. Wie ist Euer Kamerad aus Garz angekommen? Seid ihr auch wieder glücklich im schönen Stettin? Mehr weiß ich nicht zu berichten. Sei Du herzlich gegrüßt und Gottbefohlen

      Dein getreuer Otto

      VON WILLI PUCHERT (9)

      Stettin, 12. 9. 1914

      Lieber Otto!

      Heute erhielt ich Deinen Brief wie auch die Karte. Die Karte war irrtümlich erst zur 8. dann zur 7. und endlich zur 6. Kompagnie gekommen. So kam es, daß ich den Brief eher wie die Karte erhielt. Am Freitag abend bin ich nach Hause gefahren. 2 Tage war ich da. Sonntag mit dem 6 Uhr Trajekt kam ich zurück, war jedoch sehr müde, so daß ich nicht in den Verein kommen konnte. Um 11 Uhr bin ich dann weiter gefahren. Morgen haben wir 2 Schießübungen.

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