Mein Lieber Sohn und Kamerad. Eberhard Schiel

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Mein Lieber Sohn und Kamerad - Eberhard Schiel

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Grüßen von Eltern und Geschwistern

      Dein Otto

      VON WILLI PUCHERT (13)

      Jüterbog, 29. 9. 1914

      Neues Lager

      Lieber Otto!

      Deinen Brief habe ich mit bestem Dank erhalten. Bezüglich Deiner vorigen Karte lag es lediglich an der Bummligkeit der betr. Beamten. Wir haben uns jetzt schon eingelebt. In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend verließen wir Stettin. Nach 12-stündiger, fröhlicher Bahnfahrt langten wir in Jüterbog an. Unterwegs wurden wir überall gut aufgenommen. An den verschiedensten Stellen gabs Kaffee und Semmeln. In Berlin-Pankow gab es Erbsen. Hier sind große Buden und Küchen extra für die Militärtransporte eingerichtet. Viele Liebesgaben wurden auch verteilt, wie Hemden, Unterhosen, Wollsachen, Strümpfe u. dgl. In Jüterbog bezogen wir eine Kaserne. Ich kam auf Stube 4. Jetzt, wo wir in Kasernen wohnen, lernen wir das Soldatenleben erst richtig kennen. Am Sonntag war Ruhetag. Nachmittags war ich in Jüterbog. Es liegt etwa 40 Minuten vom Übungsplatz entfernt. Ein dreckiges Loch, nichts mit los. Wir waren auf dem Kirchturm. Eine einigermaßen gute Aussicht auf ca. 50 m Höhe. Die Kirche stammt aus dem 14. Jahrhundert. Einige alte Tore gibt es auch. An einem Tor hängt eine Keule mit einer Tafel. Diese Tafel trägt die Aufschrift, an die Herr Diete erinnerte: "Wer seinen Kindern gibt das Brot, und leidet selber Not, den schlag man mit der Keule tot." Diese Tore und die Kirche sind die einzigen Sehenswürdigkeiten Jüterbogs. Wir gingen auch bald in die Kaserne zurück. Am Montag ging es auch gleich stramm an die Arbeit. Morgens 7 Uhr Abmarsch. Einen Marsch von 5 Stunden gemacht. 1/2 1 Uhr waren wir wieder in der Kaserne. Der Platz ist sehr groß. Aber fast durchweg Sand. Hier sind viel Soldaten: 209, 10, 11, 12, Artillerie, Kürassiere, und Ulanen. Heute hatten wir ein Gefecht. Beim letzten Angriff war Herr Nathusius unser Zugführer. Du kennst ihn ja. Er hat in Stralsund auch schon Vorträge gehalten. Wir schossen heute wieder beim Gefecht mit Platzpatronen. Das ist ein Geknalle. Heute war es tüchtig kalt, aber beim Sturmangriff schwitzten wir. - Sonntag habe ich mich knipsen lassen. Ein Bild lege ich bei. Nun weiß ich nichts Neues zu berichten. Grüße bitte Deine Eltern und alle Vereinsbrüder vielmals

      Mit Gott Dein Willy

      AN WILLI PUCHERT (14)

      Stralsund, 2.10.1914

      Lieber Willi!

      Zuerst will ich hoffen und wünschen, daß die Taschenlampe-bald hätte ich geschrieben, heil und gesund - heil und ganz angekommen ist und daß alles nach Deinen Wünschen erfolgte. Deine Geldangelegenheiten bei Herrn Diete habe ich geregelt. Ich sollte doch auch Walters Beiträge bezahlen? Deine Tante aber war der Meinung, die 20 Pf. Monatsbeitrag könnte Walter selbst bezahlen, von Deinem Geld kann sie nichts für diesen Zweck hergeben. Schreib Du bitte, was Du wünschst. Wie ich schon mitteilte, bin ich nun auch Mitglied der Jugendwehr. Sonntag hatten wir eine Übung im Gelände, nachdem Marschübungen und Schwärmen, usw. Der Vereinsabend war dann wieder sehr nett. Als Gäste waren 7 Oberrealschüler anwesend. Herr Diete erzählte uns etwas über das Kriegs-und Verkehrswesen. Am Mittwoch hatte ich Unterrichtsstunde der Jugendwehr bei Herrn Dr. Schmidt, Oberlehrer. Besprochen wurde das Telephon. Auch unsere Fellmützen mit einem blauen Streifen, statt rot, erhielten wir. Wie ich Dir ebenfalls schon mitteilte, war ich an dem Sonntag vor 14 Tagen im Hause der Großeltern. Der Vetter meines Vaters war Radfahrer. Am Freitag vor der Mobilmachung wurde er bereits eingezogen und kam hin zur Grenzüberwachung an die russische Grenze. Der führende Leutnant dieses Trupps erhielt vom Hauptmann Befehl, nicht über die Grenze zu gehen, sondern sie nur zu bewachen. Als aber der Krieg an Rußland erklärt war, geht der Leutnant des Nachts über die Grenze, wo eine Kaserne steht. Unsere Grauen kriechen unter die Fenster und hauen den Russen die Gewehre aus der Hand. Da es zu schwierig ist in die Kaserne einzudringen, wird sie angezündet und nun strömen die 79 Russen heraus. Der erste wird gleich vom Leutnant runtergehauen. Die anderen nimmt man gefangen. Dann wird die Gegend nach dem Posten abgesucht, d.h. mit Laternen. Aus einem Gebüsch kommt er dann ohne Waffe heraus und wird vom Leutnant gelobt: "Junge, Du bist ein braver Jünger, daß Du nicht geschossen hast, sondern einfach weggelaufen bist." Mit 79 Russen kommen dann unsere Braven zurück. Der Hauptmann meint dann: "Aber Leutnant...wie konnten Sie über die Grenze gehen?" - - -"Ja, Herr Hauptmann", entgegnete der, "von Drüben ist ein Schuß gefallen, dann ging ich hinüber." - Wieder ein Zeichen für die Angriffslust unserer Truppen. Er erzählte auch folgendes: sie liegen vor einem Wald, als eine Abteilung meldet, Russen im Anzug. Schnell wird der Wald besetzt. Ahnungslos kommen die 1200 Russen ohne jede Sicherung auf den Wald zu. Als sie auf die günstigste Entfernung heran sind, wird das Feuer von uns eröffnet. Nur kurze Zeit später brauchen 8 Maschinengewehre und paar hundert Mann, um von 1200 Russen etwa 900 kampfunfähig zu machen. Später stellte sich heraus, daß nicht ein einziger Offizier dabei war. Diese halten sich fast immer im 4. oder 5. Schützengraben auf. Österreicher und Deutsche kämpfen Schulter an Schulter. Die eroberten Stellungen wurden durch Landwehrleute besetzt und so kam mein Vetter wieder zurück nach Stettin und wurde dem Regiment 290 zugeteilt. Gestern abend um 11 Uhr fuhren 150 Mann unserer 42-er ins Feld. Unter ihnen auch Hans Runge, Leo Zanke, Hans Wiechmann, Günther Krenz, und der kleine Baumann. Alles war munter und guter Dinge. Ich war auf dem Bahnhof und verteilte Blätter. (einliegend) Ganz famos war die Stimmung der Soldaten. Der Posten machte Hallotria mit seinen Unteroffizieren und Feldwebeln. Diese spaßten auch wieder. Offiziere verabschiedeten sich durch Händedruck von gemeinen Soldaten und wünschten Glück im Felde. Als sich der Zug in Bewegung setzte, wurden auch die Stralsunder begeistert. Die Spielleute spielten auf, Vaterlandslieder wurden gesungen, Hochs und Hurras gerufen und mit Hüten, Tüchern und Händen gewinkt. Und zum Schluß zwei Schuß mittels Feuerwerkskörper abgeknallt. Die Verlustliste der 42-er ist heraus. Gerhard sagte mir, es wären etwa 9 Seiten. Am Sonntag ist Abschlußprüfung vom roten + vor dem Herrn Regierungspräsidenten. Wünschend und betend, daß Gott Dich beschützen möge, verbleibe ich

      Dein Otto

      VON WILLI PUCHERT (15)

      Jüterbog, 4.10. 1914

      Lieber Otto!

      Für die Übersendung der Taschenlampe sage ich Dir den besten Dank. Dieselbe brennt tadellos. Ich kann sie gut gebrauchen. Das Geld laß Dir von Tante Minna geben. Ich habe es ihr schon geschrieben. Wir tragen auf unseren Achselklappen die Nr. 209. Mit den 42-ern haben wir vorläufig nichts zu schaffen. Es geht die Rede, daß wir Sonnabend weiter kommen sollten. Gestern ist hier ein Flieger gelandet. Bei unseren Übungen überflogen schon verschiedentlich Flieger den Platz. Das Flugzeug, welches gestern landete, war ein Doppeldecker der Albatros-Serie. Mit einem Fahrer und einem Beobachter. Beides junge Kerle von ca. 18-20 Jahren. Der Motor war defekt. Den ganzen Nachmittag murksten die Flieger beim Motor herum. Beide verstanden anscheinend noch nicht viel von der Sache. Gegen Abend ließen sie das Flugzeug in einen Schuppen transportieren und nahmen hier den Motor auseinander. Heute Mittag, nach einigen vergeblichen Versuchen, gelang der Aufstieg. In einer Höhe von 800-1000 Metern machten die Flieger einige elegante Kurven und sausten Richtung Johannisthal ab. Gestern ist fast 3/4tel der Komp. auf Urlaub gefahren. Einige auch nach Stralsund. Diese fuhren schon am Vormittag. Wir kamen erst Mittags vom Dienst, da hatte es wenig Zweck, noch zu fahren. Es ist still in der Kaserne geworden. Gestern nachmittag machten wir es uns gemütlich. In unserer Stube waren noch ca. 15 Mann. Heute, am Sonntag, ist hier regnerisches Wetter. Wir sitzen in der Stube. Neben uns spielen 4 Mann Canaster. Wir erzählen uns mit den Alten, lassen uns erzählen aus ihrer Dienstzeit, manche heitere, aber auch ernste Begebenheit. Soldatenlieder schreiben wir auf. Einen neuen Vers für: "Ist es denn nun wirklich war" kann ich Dir jetzt schon schreiben. Die neuen Lieder nächstens. Jetzt ist es draußen ruhiger geworden. Vielleicht gehen wir noch los. Wie geht es so in Stralsund? Ist noch alles gesund. Was macht der Verein? Besucht Ihr noch immer gemeinsam die Kriegsgebetsstunde? Wieviel Mann sind es? Unsere Brüder draußen in Belgien kommen vorwärts, bei Paris steht die Schlacht wohl noch, abgesehen vom rechten

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