Mein Lieber Sohn und Kamerad. Eberhard Schiel

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Mein Lieber Sohn und Kamerad - Eberhard Schiel

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behaupte ich jetzt noch viel mehr, da ich nun schon 8 Tage im Feuer bin. Der Herrgott hat mich bis heute gnädig aus aller Not geholfen. Er wird mich auch ferner beschützen. Auf ihn baue ich. 8 furchtbare Tage habe ich nun schon hinter mir. Tag für Tag fast dauernd im furchtbarsten Artilleriefeuer. Eine Freude habe ich. Ich bin jetzt zeitweise mit Walter Steinfatt zusammen. Am Donnerstag voriger Woche erhielt ich zuammen mit einem Brief von zu Hause auch Deinen Brief. Es war eine große Freude für mich. Am Abend des selben Tages machten wir einen Sturm auf ein größeres Dorf. Wenn Du mir schreibst, so schicke mir möglichst Zeitungen mit. Wir kriegen hier nichts zu wissen. Viel schreiben über unser Leben und Treiben darf ich Dir leider nicht, aber wenn Gott es mir vergönnt, lebend ins Vaterland zurück zu kehren, so will ich erzählen, vom furchtbaren Krieg. Jetzt ist mir erst zum vollen Bewußtsein gekommen, was ich im Jünglingsverein gefunden habe, den wahrhaftigen Gott. Er wird mir weiter in Not und Tod helfen.

      Gottbefohlen

      Willy, und einen herzlichen Gruß von W. Steinfatt.

      AN MARTA SCHULZ (24)

      Stralsund, den 27. 10. 1914

      Liebe Marta!

      Deine Karte habe ich erhalten und spreche hiermit meinen Dank dafür aus. Zweifelst Du etwa daran, daß wir siegen werden? Hin und wieder werden wir ja auch mal geschlagen werden, aber zuletzt wird der endgültige Sieg unzweifelhaft auf unserer Seite sein, denn ein Volk, das so begeistert in den Kampf zieht wie wir, daß kann ja gar nicht zu Grunde gehen. Also nur auf Gott vertrauen. Ich bin noch immer gesund und munter und hoffe von Dir dasselbe.

      Otto Schiel

      AN WILLI PUCHERT (25)

      Stralsund, den 27. X. 1914

      Lieber Willi!

      Vielen Dank für Deine Karte aus Lüttich. Alfred schrieb an Erich Pieritz, daß er über Löwen und Brüssel gekommen sei. Du etwa auch? Schreibe doch bitte gleich, wenn Deine Zeit es erlaubt, damit ich weiß, wo ihr eigentlich steckt. Willi Neels ist nun auch schon fort. Heute erhielt ich eine Karte von ihm aus Lübeck. Am Sonnabend sind sie von Stralsund abgefahren. Auch Otto Pögler und Werner Arndt konnte ich noch einmal die Hand geben. Herr Diete ist am 20. nach Halle und von dort nach Salzwedel gefahren. Hier liegt sein Bruder im Lazarett, schwerverwundet. Am Sonntag ist Herr Diete wieder im Verein und will uns etwas darüber erzählen. In unserer Kriegsjugendwehr gefällt es mir. Wir hatten schon eine Pionierstunde und lernen den Brückenbau durch einen Beamten der Reichsbank. Gestern hatten wir die Physikstunde und besprachen den Telegraphen. Herr Diete hat uns schon Winkertafeln gegeben, auf denen das ganze System des Morsealphabets drauf ist. Ich lerne nun die Morseschrift und kann schon verschiedenes auswendig. Am Sonntag veranstaltete die Kriegsjugendwehr ihren ersten Elternabend. Ich trug ein feines Gedicht von Rudolf Herzog, "das eiserne Gebet", vor. Den Bericht füge ich bei. Die Gesänge, Text und Melodie waren großartig. Der Vetter meines Vaters, von dem ich die Erlebnisse im Osten schilderte, ist auch wieder im Feld. Ich erhielt heute eine Karte aus Belgien. Im Hafen liegen heute ein Marineflieger, der mit dem Kreuz gekennzeichnet ist. Wenn Du Zeit hast, und soviel wird sich doch wohl immer finden, dann schreibe doch bitte auch an Gerhard. Nun Gottbefohlen

      Dein getreuer Otto

      AN WILLI PUCHERT (26)

      Stralsund, 31.10.1914

      Lieber Willi!

      Dank, herzlichen Dank für Deinen Brief. Täglich wartete ich auf eine Nachricht von Dir, aber immer noch nichts von Willi. Am 30.X. erhalte ich nun Deinen Brief mit den ersten Schilderungen Deiner Erlebnisse und freue ich mich, daß Du noch immer gesund bist. Max Käding traf am Mittwoch hier ein. Er hat 7 Verwundungen zu gleicher Zeit erhalten. Alle aber nicht lebensgefährlich. Sonnabend wollen wir gemeinsam mit ihm Abendbrot essen und wird er uns von den Kämpfen Deines Regiments erzählen. Von Willi Neels erhielt ich eine Karte aus Noyon, das 100 km vor Paris liegt. Hier liegen unsere 42-er im Schützengraben. Es geht wohl sehr hart zu bei euch da oben am Kanal. Das liest man ja bei uns in der Zeitung, daß die neuen Regimenter sich sehr gut schlagen. Hoffentlich hast Du meinen Brief erhalten und die Zeitungen. Daraus wirst Du ja manches ersehen, was bei uns Neues passierte. Erich Wiechmann erhielt das Eiserne Kreuz. Der Unteroffizier Voigt, der in der Greifswalder Chaussee bei Hennings wohnte, er war Kontorist, kennst Du ja auch, er erhielt auch das Kreuz. Der junge Herr von Vahl, der uns Ostern in Gr. Schoritz noch begrüßte, ist gefallen. Auch unser treues früheres Vorstandsmitglied Herr Gillmann ist im Westen gefallen. Er hinterläßt eine Witwe nach 1-jähriger Ehe. Der Vorsteher des Rotterdamer Seemannsheimes, wo unser lieber Vereinsbruder zuletzt arbeitete, gedenkt in einem herzlichen Nachruf seiner und lobt seine Pflichttreue und Frömmigkeit. Er hätte noch Großes leisten können. Wir aber wollen nicht lange klagen, sondern kämpfen und siegen, wenn Gott es will. Wenn Gott es will, werden wir auch England besiegen. Diese dürren Krämerseelen. Wundern soll`s mich nicht, wenn Frankreich gegen die Abmachung seiner Verbündeten einen Einzelfrieden schließen wird und vielleicht auch noch gegen England kämpfen wird. Die Engländer suchen doch deshalb nur immer wieder neue Freunde, um deren Handel und Wandel zu zerstören. Warum vernichten sie sonst so vieles in Antwerpen, so daß sogar die Belgier protestierten, deren Geschäftshäuser durch ihre Bundesbürger, den Briten, zerstört wurden. Warum beschossen diese Halunken Ostende? Nur zum eigenen Vorteil. Sie gönnen eben auch ihren Verbündeten nichts. Wie anders unser Bündnis mit Österreich. Wir kämpfen gegen gemeinsame Feinde für gemeinsame Ziele und werden durchhalten bis zuletzt. Das zeigt nun auch unsere kleine Besatzung in Ksiangtou. Zwei Forts haben die Japaner nun endlich in ihren habgierigen Händen. Aber mit welchen Verlusten. Sie gehen in die Tausende. Das Wort des tapferen Gouverneurs hat sich auf wunderbare Weise erfüllt: Einstehe für Pflichterfüllung bis zum Äußersten. - Möge jeder Soldat dies seinem Vaterland schwören. Heute Mittag erhielten wir ein Telegramm, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und Rußland abgebrochen sind. Beim Manöver sind die türkischen Schiffe von der russischen Flotte angegriffen worden. Die Russen hatten aber Verluste von zwei Torpedobooten, die Türken keine. Immer mehr Staaten schließen sich dem Weltkrieg an. Und noch mehr werden sich anschließen, denke nur an Aegipten, Persien, Afganistan, Kapkolonie, Indien, China, Amerika usw. Sonst nichts Neues. Nun sei von unsern Vereinsbrüdern und Eltern und Geschwistern herzlichst gegrüßt. O, wie herrlich, wenn ihr mit Blumen geschmückt als Sieger heimkehrt. Doch daran ist ja jetzt noch nicht zu denken. Noch stehen harte Kämpfe bevor.

      Ich gedenke in Liebe Deiner und bleibe

      Dein stets treuer Otto

      VON WILLI PUCHERT (27)

      z.Zt. Bochum, Lazarett ,3. November 1914

      Lieber Otto!

      Jetzt bin ich wieder in Deutschland, im Lazarett Bochum. Viel zu früh ist die Stunde gekommen. Ich mußte zurück. Wie gerne wäre ich draußen geblieben. Aber gegen Gottes Beschluß ist nichts zu machen. Er hat die Wunde gegeben. Er wird sie schnellstens heilen, damit ich wieder hinaus kann, um mich für die Schmerzen zu rächen. Zunächst muß ich hier in Bochum einige Tage bleiben. Dann werde ich mich nach Stralsund überschreiben lassen. Hier in Bochum sind wir großartig aufgenommen worden. Wir kamen in ein neu eingerichtetes Reservelazarett. Zum ersten Mal nach langer Zeit, aber eigentlich ist es ja gar nicht so lange her, seit dem 21.10., habe ich mal wieder in einem Bett geschlafen. Verpflegt werden wir fürstlich. Auf Wiedersehen in vielleicht 8 Tagen. Grüße Herrn Diete, alle Vereinsbrüder und Bekannte. Herzl. Grüße an Deine Eltern und Geschwister.

      Gottbefohlen

      Willy

      VON WILLI PUCHERT (28)

      Lazarett

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