Trojanische Pferde. Peter Schmidt
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“Ersparen Sie mir lieber den Rest”, wehrte er ab. “Ich glaube, ich kann mit niemandem darüber sprechen. Ich lebe nur noch für meinen Schwimmverein. Ich bin kein Aktiver mehr, sondern nur noch Trainer, seitdem es mit meiner Gesundheit bergab geht. Aber das Silberzeug da im Schrank verschafft mir immer noch ein gewisses Renommee bei den Schwimmern. Wenn wir genügend Geld durch Spenden zusammenbekommen, haben wir eine Chance, im Frühjahr an den Meisterschaften teilzunehmen …”
“Hm, was halten Sie davon, wenn ich Ihnen mit einem kleinen Obolus dabei behilflich bin?”
Ich nahm zwei Geldscheine aus Everdings Umschlag und legte sie zusammengefaltet unter den Ascher. Marten konnte die Farbe der Scheine durch das Glas erkennen, und seinem Gesicht war anzumerken, dass ihn meine Spende beeindruckte.
“Sie meinen, als Gegenleistung dafür, dass ich rede?”
“Nennen wir es lieber einen kleinen Vertrauensbeweis. Sie bekommen das Geld und die Zusicherung, dass Ihre Name bei meinen Ermittlungen keine Rolle spielen wird.”
“Und wer garantiert mir, dass ich Ihnen glauben kann?”
“Niemand, außer meiner Wenigkeit. Sehen Sie mir einfach in die Augen und versuchen Sie sich ein Urteil darüber zu bilden, ob ich’s ehrlich meine, Fritz. Viel mehr Sicherheit ist in dieser Welt nun mal nicht zu haben. Allerdings sollten Sie sich klarmachen, dass ich Roberts merkwürdigen Spielchen beim Schwimmen auch ohne Ihre werte Mitarbeit auf die Spur kommen werde.”
“So, was macht Sie da so sicher?”
“Ich bin nicht erst seit gestern in dem Gewerbe. Das nächste Opfer im Pool war eine Frau, hab’ ich recht?”
Marten starrte mich eine Zeit lang überrascht an, als könnte ich seine Gedanken lesen.
“Wie kommen Sie darauf? Ich habe noch mit keinem Wort erwähnt, dass Robert in irgendeiner Weise Menschen attackiert hat, geschweige denn Frauen”, protestierte er. “Das können Sie mir nicht unterstellen …”
“Will ich auch gar nicht. Regen Sie sich wieder ab, Fritz. Erzählen Sie mir einfach mehr über Ihre Vermutungen – nur über Ihre Vermutungen. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie nicht direkt daran beteiligt waren?”
Marten schwieg, als sei er nicht ganz sicher – als denke er immer noch darüber nach, ob er mir die Sache wirklich anvertrauen konnte.
“Sagen Sie mir einfach, was Sie wissen. Reden Sie frei von der Leber weg.”
“Im Grund weiß ich noch viel zu wenig darüber. Nehmen Sie Ihr Geld wieder mit, meine Informationen sind keine zweihundert wert”, sagte er ohne besonderen Nachdruck.
“So? Na, wie Sie wollen …”
“Als eine junge Angestellte der Schule fast ertrank, weil sie beim Schwimmen von einem Unbekannten an den Fußgelenken unter Wasser gezogen worden war, bat ich meine Eltern, in ein anderes Internat zu wechseln. Das Mädchen kam mit dem Schrecken davon. Ich glaube, Robert spielte nur mit ihr. Er wollte sie nicht töten. Sie war nichts weiter als ein Spielzeug für ihn.”
“Sie haben sich nie dazu durchringen können, der Polizei von Ihrem Verdacht zu berichten?”
“Weil es keinen Grund dazu gab. Ich habe erst nach dem Unfall auf der Fähre wieder von ihm gehört.”
“Als man seine Leiche geborgen hatte?”
“Das Meer nördlich der Kanalinseln ist sehr tief. Der Boden besteht aus meterhohem Schlick. Die Kosten, um den Wagen zu heben, wären zu hoch gewesen. Aber es gab genügend Augenzeugen für seinen Unfall.”
“Was denn, Keißen junior wurde gar nicht …?”
Ich dachte an Nams erbärmliches Ende und dass Sum spurlos verschwunden war. Und wenn Robert Keißen noch lebte und schon wieder ein neues Spielzeug gefunden hatte? Nicht auszudenken, in welcher Gefahr Sum sich dann befand …
“Die Polizei geht davon aus, dass er damals am Steuer saß.”
“Und wieso?”
“Dafür gibt es wie gesagt genügend Zeugen.”
“Wie viele Zeugen denn? Drei, vier – oder zehn?”
“Zwei Londoner Angestellte. So stand es damals in den Zeitungen. Sie waren gerade dabei, etwas aus ihrem Kofferraum zu holen, deshalb hielten sie sich in unmittelbarer Nähe seines Wagens auf.”
“Sie haben diese alten Zeitungen nicht zufällig aufbewahrt, weil Robert Ihr Freund war?”, erkundigte ich mich.
“Wegen der Namen der Zeugen, meinen Sie? Doch, sie müssen noch dort oben im Schrank liegen, wenn mich nicht alles täuscht”, sagte er ohne das geringste Anzeichen von Bereitschaft, aufzustehen.
“Wenn’s Ihnen nichts ausmacht, würde ich gern einen Blick auf die Artikel werfen.”
“Glauben Sie etwa, Robert wäre damals …?”
“Gar nicht ums Leben gekommen, wollen Sie sagen? Ich will nicht behaupten, dass ich das glaube, aber ich halte es für möglich. In meinem Gewerbe hält man fast alles für möglich, was nicht ausdrücklich gegen die Regeln der Logik verstößt. Haben Sie ein Foto von Robert?”
“Nur ein großes Zeitungsfoto, das uns beide während der Preisverleihung zeigt.”
Es war das gleiche Bild, das Keißen im Rahmen auf seinem Kaminsims stehen gehabt und noch während meines Besuchs eilig weggeräumt hatte. Die Lokalzeitung nannte zwei Namen von Zeugen: Brian Free arbeite für eine Londoner Agentur, Richard Hoyd sei in der britischen Atomrüstung tätig.
Keißens Wagen war über eine leichte Deckschräge am Ende der Fähre ins Rollen gekommen und hatte eine Planke durchschlagen, die provisorisch bei Reparaturarbeiten am Geländer angebracht worden war. Ein klarer Fall von Fahrlässigkeit der Schiffsbesatzung.
Ich fuhr mit den beiden Zeitungen und dem Foto Robert Keißens zum Thailändischer Freundschaftsverein. Doch bevor ich mich noch einmal in Helgas Etablissement wagte, rief ich von der Telefonzelle gegenüber die Anwaltskammer und ein paar Freunde bei der Konkurrenz an, um herauszufinden, für wen Everding und Kranz wirklich arbeiteten.
Kranz war früher in der Politik tätig gewesen. Aber ihre Hauptbeschäftigung, so erklärte man mir, schien jetzt darin zu bestehen, für Keißen ausstehende Mieten einzutreiben und lästige Mieter hinauszuklagen.
Dann wählte ich die Nummer der Kanzlei.
7
Ich hatte Glück. Everding musste neben dem Telefon eingenickt sein, seine Stimme klang verschlafen, als er abhob.
“Tut mir leid für Sie”, sagte ich. “Das Mädchen ist weg.”
“Was denn … Sie haben sie entwischen lassen?” Er war noch nicht wach und helle genug, um wirklich überzeugend den Erstaunten zu mimen.
“Der Parkplatzwächter