crossing borders. Katharina Vokoun
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Dschungelkost
Für Entspannung vom harten Trekking sorgten die Pausen. Ein Erlebnis der besonderen Art waren vor allem die Mahlzeiten. „A“ musste neben seiner eigenen Ausrüstung auch noch unser Essen tragen. Zum Mittag legte er ein paar frisch gepflückte Bananenblätter auf den Boden und breitete darauf Reis, Bohnensalat, getrockneten Fisch und Speckschwarten aus. Gegessen wurde mit der Hand. Normalerweise hätten wir beispielsweise den Fisch oder die Schwarte nie probiert, aber hier aßen wir, was auf den Tisch (aufs Blatt) kam. Und es schmeckte wirklich gut.
Interessante Speisen der folgenden Tage waren unter anderem Papayasalat mit Knoblauch, eine sehr leckere Tomatensuppe und Trockenfleisch. Am besten schmeckte mir aber eindeutig die Kürbissuppe mit Zitronengras. Es ist unglaublich mit welchen einfachen Zutaten und Mitteln „A“ solche schmackhaften Gerichte zubereitete. Noch rätselhafter war mir jedoch, wie er die Eier für unser Frühstücksomelett heil ins Camp transportieren konnte.
Dschungel-Camp
Und damit sind wir schon beim nächsten Thema; dem Dschungel-Camp, unserem ersten Übernachtungslager. Nach fünf Stunden standen plötzlich mitten im Urwald ein kleines Bambushaus (die Küche) und eine Liegefläche mit Bambusdach (der Schlafplatz) vor uns. Auf einer Erkundungstour entdeckte ich noch einen wahren Luxusartikel – ein westliches Klo. Okay, anstelle der Spülung gab es nur einen Wasserbottich mit Schöpfkelle aber ich war trotzdem extrem froh, dass ich nicht in den Busch gehen musste. Die persönlichen Standards verschieben sich schnell auf solch einer Tour!
„A“ machte erst einmal Feuer und holte Wasser vom nahe gelegenen Bach. Wir hingegen konnten uns an der grünen Pracht rings um uns nicht sattsehen. Aufgrund des schwierigen Weges hatten wir während der Wanderung kaum die Gelegenheit, uns die Umgebung richtig anzuschauen. Das holten wir jetzt nach. Ein noch beeindruckenderes Bild zeigte sich nach Sonnenuntergang. Plötzlich war der Himmel mit einem Meer an Lichtern bedeckt. Die Sterne leuchteten so hell, wie wir es noch nie zuvor gesehen hatten. Sogar die Milchstraße konnten wir deutlich erkennen. Als dann am Rande meines Blickfelds plötzlich ein großer Feuerschweif den Himmel kreuzte, war ich richtig erschrocken. Erst nach ein paar Sekunden realisierte ich, dass das eine Sternschnuppe war!
Doch nicht nur der Sternenhimmel zog unsere Aufmerksamkeit auf sich. Sobald die Sonne hinter den Bäumen verschwand, fleuchte und kreuchte es rings um uns herum. Hunderte von Faltern ließen sich auf unseren verschwitzten Klamotten nieder, die zum Trocknen auf dem Küchendach lagen. Auch die Essensreste waren mit Insekten aller Art bedeckt, was bei uns eine Mischung aus Ekel und Faszination hervorrief. Außer dem Kleintier bekamen wir während unseres Dschungelaufenthaltes übrigens nur noch ein paar Spinnen und eine Schlange zu Gesicht. Die Tiger, Elefanten und Nebelparder, die ebenfalls in dem Gebiet leben, hatten sich (zum Glück) versteckt.
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit machte sich bei uns die Müdigkeit bemerkbar. Unterm Moskitonetz hatte „A“ bereits harte Matratzen und unsere Schlafsäcke ausgebreitet. Als Ruhe bei uns eingekehrt war, hörten wir umso deutlicher die Geräusche des Dschungels. Ein Konzert aus Zirpen, Fiepen und Krächzen wog uns in den Schlaf (und das um 20 Uhr!).
Dschungelauszeit
Am nächsten Tag folgte nach einer weiteren sehr anstrengenden Wanderung das zweite Highlight der Tour. Nachdem wir sechs Stunden nur Bäume gesehen hatten, erreichten wir auf einer Lichtung plötzlich das Dorf der Khmu. Kaum angekommen nutzten wir die Möglichkeit, unsere verschwitzten Körper im kühlen Fluss zu waschen.
Im Dorf wohnten wir bei einer Familie mit zwei kleinen Kindern. Ihr Haus bestand aus einem Wohnzimmer mit Feuerstelle (unser Schlafplatz) und einem Schlafzimmer. Keiner der Bewohner sprach Englisch aber mit Händen und Füßen versuchten sie trotzdem immer wieder Kontakt zu uns aufzunehmen. So spielten Daniel und Fabrizio mit den Kindern Fußball, am Abend spendierten die Dorfbewohner Whisky und wir saßen zusammen ums Feuer, um uns gegenseitig Wörter in der eigenen Sprache beizubringen, Fotos von Verwandten zu zeigen und Lieder aus unserer Heimat zu singen (ich als Thüringerin stimmte passend zur Wanderung das Rennsteiglied an).
Die Wärme, Aufgeschlossenheit und Neugierde der Bewohner rührte uns. Die Menschen leben dort in absoluter Einfachheit und trotzdem legen sie eine Großzügigkeit an den Tag. So wurden extra für uns große Matratzen zum Haus unserer Gastfamilie geschleppt und der Raum in eine gemütliche Liegewiese verwandelt.
Dschungelblick
Den letzten Wandertag gingen wir gelassen an – das Gröbste lag schließlich hinter uns! Ein Fehlschluss wie sich herausstellte. Denn über Nacht hatte es geregnet, was aus dem Trekking ein Drecking machte. Viel schlimmer waren jedoch die vielen Blutegel, die jetzt überall am Wegesrand auf uns lauerten. Besonders auf Daniel hatten sie es abgesehen. In weniger als einer Stunde musste er sich rund 50 Blutegel von den Kleidern reißen, einer hatte sogar bereits an seinem Fuß gesaugt!
Doch auch diese Strapazen hatten sich gelohnt, denn am Gipfel des letzten Berges konnten wir nach drei Tagen zum ersten Mal einen Ausblick genießen. Als uns „A“ dann zeigte, wo wir langgelaufen sind, konnte ich es gar nicht glauben. Auf diesem Berg dort in der Ferne befand sich das Dschungelcamp? Und dieser helle Fleck im Tal sollte wirklich das Dorf der Khmu sein? In diesem Moment realisierten wir erst einmal, was für eine riesige Strecke wir zurückgelegt hatten! 37 Kilometer Luftlinie! Also ohne die Bergetappen! Da waren wir ganz schön stolz auf uns. Ja, es war anstrengend und phasenweise sind wir nah an unsere körperlichen Grenzen gekommen aber das Ganze hat sich gelohnt. Wir haben eine wunderschöne Natur auf intensive Weise erlebt. Wir haben die Khmu, ihre Kultur und damit ein vollkommen anderes Leben kennengelernt. Und hey, wir haben eine Nacht im Dschungel verbracht - wer wollte das nicht schon einmal machen? Kurz: Ein weiteres unvergessliches Erlebnis.
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