Kolosseum des Lebens. C. L. Larue

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Kolosseum des Lebens - C. L. Larue

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auf seine Gangart konzentrierte. Und so wiederholte sich das bereits beschriebene Prozedere in regelmäßigen Abständen.

      Nach einigen Tagen der Kontrolle kam Mutter zu dem Ergebnis, dass das Gangbild einfach nicht einer normalen Gehweise entsprach. Es wurde wieder einmal eine weitere Untersuchung durch Vater angeordnet. Und siehe da, die Hartnäckigkeit seiner Betreuer machte sich jetzt doch scheinbar bezahlt. Mittlerweile zeigten sich nun doch sichtbare Anzeichen, wie beispielsweise die Unfähigkeit das Fußgelenk auf Anordnung anzuspannen, also den Fußrücken zu heben und die Form der Fußzehen schien auch irgendwie eigenartig zu sein. Auf die immer wiederkehrende Frage, ob er denn Schmerzen habe, blieb ihm nur ein für seine Eltern unverständliches »nein«. Wieder wurde der mittlerweile schon fast zu Familie gehörende Hausarzt zu Rate gezogen und dieser wiederum verwies in gewohnter Weise auf einen Spezialisten, einem Orthopäden unweit des Örtchens, in dem sein Zuhause war.

      Um es nicht unnötig in die Länge zu ziehen, das Ergebnis der Untersuchung des kleinen Klaus Rudolf Johann machte seiner Rolle als kränkliches Kind weiterhin Ehre und er gönnte sich eine neue Ära der Fürsorge in dem er an Polio oder, wie man es zu jener Zeit eher nannte, Kinderlähmung erkrankte. Seit dieser Zeit konzentrierte sich alles auf das neue Krankheitsbild. Fast unbemerkt hatte sich indessen das Problem mit den auftretenden Blasenlähmungen von selbst erledigt. (Nur um der Vollständigkeit meiner Erzählung gerecht zu werden) Mit einer Einschränkung natürlich, wir wollen ja nicht euphorisch werden. Geriet er in extreme Stresssituationen oder erkrankte beispielsweise an einer Grippe oder ähnlichem, so konnte es doch noch einmal vorkommen, dass sich sein Bläschen weigerte, zu funktionieren. Er war jedoch mittlerweile bereits schon so „erwachsen“ geworden, dass er sich selbst den Katheter nach getaner Arbeit ziehen konnte und siehe da, es meist keine Blasenentzündung mehr nach sich zog. Dennoch sollte er noch eines auf das Problemkonto draufsetzen. Seit kurzem sorgte er öfter mal nachts für Unruhe, denn aus unerfindlichen Gründen nässte er ein. So vergingen weitere Monate und während dieser Zeit entwickelte sich die Polio fleißig weiter. Sein vermeintliches Glück im Unglück war, dass sich dieses Manko lediglich auf seinen rechten Fuß und einen dunklen Fleck am Steißbein beschränkte, um das Haare zu wachsen begannen. Und wieder …

      Die positive Seite der Medaille, er brauchte seither nicht mehr am Sportunterricht teilzunehmen und durfte, was ihm sehr gelegen kam, stattdessen den Mal oder Werkunterricht besuchen. Ach wie ist das Leben doch schön Wenn es etwas schlechter lief, stopfte man ihn auch schon mal in die Nähstunde zu den Mädchen. Dies kam jedoch relativ selten vor, obwohl …. eines der Mädchen mochte er doch recht gerne, auch wenn er nicht wirklich verstand, weshalb er sich zu ihr hingezogen fühlte.

      Sie jedoch einmal anzusprechen, traute er sich natürlich nicht. Die Zeit verging und schließlich schrieben wir das Jahr 1966.

      Während der letzten zwei Jahre hatte sich nicht nur der Zustand seines Fußes verschlimmert, sondern er hatte auch das Gefühl, dass sich die Umgangsweise seines Vaters zu ihm, zunehmend mehr veränderte. Es war nur ein Gefühl und mit Worten hätte er es nicht beschreiben oder gar erklären können, doch er fühlte sich mit fortschreitendem Alter immer weniger wohl in seinem Zuhause und öfter als früher empfand er, dass die Strenge des Vaters selbst bei kleineren „Vergehen“, intensiver wurde. Zusätzlich geriet er durch sein Handicap noch ein klein wenig mehr in die Isolation, denn mit anderen Kindern auf der Straße rumtollen oder gar Fußball spielen war nicht drin. Zum einen natürlich wegen seiner Behinderung, vielmehr jedoch wegen des fast als gluckenhaft zu bezeichnenden Verhaltens und der für sein Empfinden unnötigen Vorsicht der Mutter. Um der Wahrheit Genüge zu tun, besonders belastet hatte es ihn nicht, denn seine Interessen gingen ohnehin andere Wege als die der gleichaltrigen Kinder. So beispielsweise entdeckte er die klassische Musik, die er zum Leidwesen seiner Eltern oft ziemlich laut im Kinderzimmer hörte, was wiederum für Unmut sorgte. »Klaus«, tönte es oft bis nach oben in das Kinderzimmer, »mach dieses Gedudel leiser, das kann man ja nicht mit anhören, woher hat der das nur? « ...

      Ja, er konnte schon ein wirklich nerviges Kind sein und so unbelehrbar. So ein Gedudel, warum hörte er nicht Volksmusik, die ist doch wirklich schön und die kann man auch hören, ohne dass es einem auf die Nerven ging. Diese Erwartungshaltung seiner Eltern hatte zur Folge, dass er sich immer fremder im eigenen Heim fühlte. Immer häufiger stellte er sich die Frage, ob dies überhaupt seine Familie sein könne. Im Krankenhaus vertauscht worden das konnte er doch wohl nicht sein, denn er kam schließlich zu Hause auf diese Welt (so wie es immer hieß). Oder vielleicht doch nicht? Womöglich ist er adoptiert oder gar ein Pflegekind? Ihm fiel auf, dass er, sobald er beispielsweise zu Besuch mit seinen Eltern nach Saarbrücken fuhr, regelrecht aufblühte. Großvater und Großmutter wohnten auf einem parkähnlichen Grundstück mit Hund und sobald er mit seinen Eltern durch das große Tor fuhr, ging sein Herz auf. Selbst der Schäferhund „Rolf“, der laut Großmutters Warnung mit Vorsicht zu genießen sei, wurde in seinen Händen zu einem lammfrommen Spielgefährten. Das waren für ihn wirklich schöne Momente, doch leider waren die Aufenthalte immer nur von kurzer Dauer, denn man konnte fast die Uhr danach stellen, nach nicht mehr als zwei Tagen hatten sich Vater und Großvater derart in den Haaren, dass es dann von jetzt auf gleich wieder nach Hause ging. … (Entdeckte man da etwa Parallelen? ...)

      Er erinnerte sich, dass es ihm viele Jahre später ähnlich ergehen sollte, wenn er einmal zu Besuch ins Elternhaus kam und ebenso in gleicher Weise wie sein Vater zu seiner Zeit, bereits nach wenigen Tagen Ausreden erfand, um wieder nach Hause fahren zu können. Meist jedoch blieben größere Wortscharmützel oder sogar ein handfester Streit mit Vater aus. Dennoch erinnerte er sich bis zum heutigen Tag mit Wehmut an diese Zeit in Saarbrücken, die er zu den schönsten Abschnitten seiner Kindheit zählte.

      Weniger schön war die Entscheidung der Eltern, dem Rat des Orthopäden, der mittlerweile ebenso wie der Hausarzt zur festen Institution geworden war, Folge zu leisten und einer Operation am Fuß zuzustimmen. Es traf zwar zu, dass das Gehen für ihn oft zur Qual wurde, selbst mit den handgefertigten Stahleinlagen, doch da er sich auch mit diesem Umstand arrangiert hatte und er es im Grunde kaum als wirkliche Behinderung verstand, war er mit der Entscheidung sich einer Operation zu unterziehen, nicht glücklich. Der Fuß hatte sich schon sehr verändert, die Bezeichnung hierfür war wohl Klumpfuß, doch gleich eine Operation? Nichts half, Vaters Wort war nun mal Gesetz und Kinder hatten grundsätzlich kein Mitspracherecht. So kam es dann wie es kommen musste.

      Das zweite große, äußerst schmerzhafte Ereignis, seines Lebens das ihn, so sah er es heute, regelrecht traumatisieren sollte, nahm seinen Lauf. Der Termin rückte näher und er fand sich schließlich im Krankenhaus wieder. Umzingelt von all den vielen in schwarz-weiß gekleideten „Pinguinen“ die er ja so sehr „liebte“. Und erst dieses furchtbare Essen ... . Einige Tage später war es dann soweit und der Tag der Messer brach an. Der Fuß wurde gebrochen, gerichtet, geschnitten, Sehnen verlängert und schließlich alles wieder zusammen genäht, genagelt und gegipst. Wochenlanges Martyrium, Schmerzen, herausgerissen aus dem vertrauten Heim und sei es noch so kritikwürdig und dann besonders der Tag, an dem die zwei 12cm langen Nägel gezogen wurden, lassen ihn heute noch erschaudern. Er war ja ein tapferer Junge und schon so groß, also verzichtete man kurzer Hand auf eine Betäubung, denn es sollte ja schnell gehen und nicht wirklich wehtun. Der Arzt zog, zerrte und riss an den Nägeln und seine Schreie waren bestimmt im ganzen Land zu hören. Da half auch nicht der verständnislose und irritierte Ausdruck im Gesicht des Arztes, dass die Dinger so fest saßen und nicht raus wollten und es jetzt doch etwas heftiger wurde, als erwartet, bis der Widerstand der Nägel nachließ und sie entfernt waren. Wie auch immer, irgendwann hatte er auch das überstanden und zur Belohnung durfte er sogar einen Nagel mit nach Hause nehmen. Sozusagen als Trophäe seiner Safari.

      Nach gut vier Wochen war es dann soweit und er durfte wieder nach Hause. Es dauerte noch weitere vier Monate, bis er wieder einigermaßen schmerzfrei war und laufen konnte. Ein wirklicher Erfolg war diesem Unterfangen jedoch letztlich nicht beschieden und wenn man es doch wohlwollend sehen mochte, so vergingen immerhin weitere Acht Jahre bis es wieder zu einem Thema werden sollte.

      Die

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