Preis des aufrechten Gangs. Prodosh Aich

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Preis des aufrechten Gangs - Prodosh Aich

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vielleicht bitterste Mitteilung dieses Briefes: Ende Oktober teilte uns die Deutsche Forschungsgemeinschaft in drei dürren Zeilen mit, daß Ihr Antrag nach eingehender Prüfung durch die zuständigen Ausschüsse abgelehnt worden sei. Es tut mir leid, Ihnen dies mitteilen zu müssen.

       Diese Ablehnung hat unser soziales Gewissen in seinen tiefsten Schichten angesprochen, und ich hoffe, finanziell zumindest etwas für Sie tun zu können. ... Ich habe mit König vereinbart, daß wir Ihnen so schnell wie möglich 2000,- DM zur Deckung des dringendsten Sachbedarfs zukommen lassen, und zwar aus unserem Forschungsfonds für das Jahr 1967.“

      Die Zusendung der Briefbögen mit Umschlägen kündigt er ebenfalls an. Fröhlich muß mir schon am 2. Dezember wieder schreiben:

      „Lieber Herr Aich, eine Hiobsbotschaft jagt die andere: am 29. 11. war ich im BMZ. Dort gab es eine Diskussion mit Herrn Dr. v. Schott, Herrn Dr. Greif, einer Sachbearbeiterin des Ministeriums, einem Vertreter der Carl–Duisberg–Gesellschaft und mir über Ihren Antrag. ... Hauptargumente der Gegner dieses Projekts waren die kleine Zahl der zu befragenden Personen sowie die damit verbundenen hohen Kosten, die sich durch die Tatsache ergaben, daß diese Personen über ganz Indien verstreut leben. Es gelang mir, die Bedenken bezüglich der Zahl der Befragten zu zerstreuen mit dem Hinweis auf den sozialpsychologischen Charakter der Untersuchung. Dann jedoch brachte der Vertreter der Carl–Duisberg–Gesellschaft die entscheidende Information, nach der Ihr Projekt abgelehnt wurde, wenigstens für den jetzigen Zeitpunkt. Er berichtete, daß es sich bei dieser Gruppe von 25 Lehrern an polytechnischen Ausbildungsstätten um die erste Gruppe dieser Art in Deutschland handelte, deren Ausbildung nach seinen Aussagen in Deutschland ziemlich chaotisch verlaufen ist. ... Mein lieber Herr Aich, es tut mir außerordentlich leid, daß Ihre beiden Hauptprojekte an der Finanzierung gescheitert sind, wobei ich mir bewußt bin, daß auch Sie jetzt in finanzielle Schwierigkeiten geraten. ... Das einzige, was ich Ihnen im Augenblick versprechen kann, sind die bereits angekündigten 2000,- DM ... Effektvolle tröstende Worte fallen mir im Augenblick leider nicht ein. Ich kann nur hoffen, daß Sie in Ihrer bekannten Aktivität inzwischen weitere Geldquellen erschlossen haben bzw. erschließen werden.“

      Am 13 Dezember schreibt auch Fritz Sack:

      „damit Du das alte Jahr nicht mit der Klage abschließen kannst, ich würde mich nie aus Köln melden, möchte ich Dir doch vorher schnell einige Zeiten schreiben. Ich hoffe, daß Du inzwischen in den Besitz von Briefbögen und Umschlägen mit Institutskopf gelangt bist. Wir haben mehrere Sendungen davon auf den Weg gebracht ... Es ist ja bedauerlich und wirft wahrscheinlich Deine Pläne ziemlich um, daß Du eine derartig geringe Kooperationsbereitschaft in Deinem Department antriffst. Aber, wie fast überall, zeigt sich auch hier, daß die Lehrbuchwirklichkeit erheblich von der Feldwirklichkeit abweicht. ... Daheim hat habilitiert und hat damit seinen sozialen Aufstieg weiterhin fortgesetzt.“

      Das war alles aus der Kölner Universität im Jahre 1966. Keine Zeile von König, nicht einmal zu meinem neu entwickelten Forschungsvorhaben. Auch uns bleibt keine Zeit über die neue Situation gründlich nachzudenken. Dafür sorgt Unnithan.

      *****

      Wir sind bei der endgültigen Fassung der beiden Fragebögen und ahnen nichts Böses. Eines Morgens gegen Ende November klingelt es bei uns. Ein lächelndes, freundliches Gesicht, eine Dame mit niederländischem Akzent, Frau Dr. C. Vreede-de-Stuers, Soziologin an der Universität Amsterdam. Sie würde mich aufgrund meiner Arbeit kennen, von „Farbige unter Weißen“ und aufgrund eines Vortrags, den ich in einem internationalen Seminar in Den Haag gehalten habe. Sie ist Mitarbeiterin von W. F. Wertheim, Professor für Soziologie für Südostasien an der Universität Amsterdam, auch ein guter Freund von König. Sie freut sich, uns in Jaipur, so fern von Europa, persönlich kennenzulernen. Sie ist auch eine gute Freundin von Mrs. Unnithan. Also sind wir auch mit Referenzen überschüttet.

      Sie ist nicht auf einen privaten Besuch in Jaipur. Sie hätte einige Nachforschungen zu einem Forschungsvorhaben durchzuführen. Sie wird einige Tage in Jaipur bleiben. Wie klein doch die Welt ist. Vielleicht ist es auch der internationale Klüngel der Soziologen. Frau Vreede wohnt im Gästehaus. Unser Haus ist keine Minute vom Gästehaus entfernt. Also besucht sie uns jeden Tag. Sie interessiert sich für unsere Forschungsideen. Sie erzählt gern und erzählt viel. Einmal erzählt sie uns, wie zielbewußt Gerda (Mrs. Unnithan) Karriere gemacht hat. Heute hat sie die Gehaltsstufe eines Professors, obwohl sie nicht über die mittlere Reife hinaus gekommen ist. Als kleine Sekretärin hätte sie bei der indischen Botschaft in Den Haag angefangen. Der Botschafter, Mohan Sinha Metha, der spätere Vice Chancellor, hat sie gemocht. Sie stieg bis zu seinem Vorzimmer auf. Es war Metha, der ihre Heirat mit Unnithan arrangierte, als er zum Vice Chancellor gewählt worden war. Auch in Jaipur hatte Frau Unnithan klein angefangen als Verwaltungsangestellte. Als der erste ausländische Student nach Jaipur kam, wurde sie Beraterin und Betreuerin ausländischer Studierender. Eine bemerkenswerte Karriere, wie der Weg dazu auch gewesen sein mag.

      Ein anderes Mal erzählt sie über das „International Institute of Social Studies“ in Den Haag. Das ist eine einmalige akademische Einrichtung in Holland, ein Auffangbecken für nicht so erfolgreiche Studierende aus Afrika und Asien im englischsprachigen Ausland. Diese bekommen eine zweite Chance zu einem akademischen Abschluß. Unterrichtssprache in diesem Institut in der niederländischen Hauptstadt ist ausnahmsweise Englisch. Die Studierenden dieses Instituts haben die Möglichkeit, in der Universität Amsterdam zu promovieren. So auch Unnithan. Wertheim hatte aber die Arbeit von Unnithan noch nicht ausreichend befunden und riet ihm deshalb, sich ein weiteres Jahr Zeit zu nehmen, um die Arbeit zu verbessern. Unnithan gelingt es nicht, Wertheim umzustimmen, nicht einmal mit dem Versprechen, daß er niemals im akademischen, sondern im Politikbereich arbeiten werde. Amsterdam ist „out“. Dann soll die Arbeit durch Methas Vermittlung bei einem unbekannten Soziologen in Utrecht untergebracht worden sein. Dieser unbekannte Soziologe soll bereits zweimal in Jaipur gewesen sein. Seine Bilder hängen nicht nur in dem Haus von Unnithan.

      Wir gehen auch gemeinsam spazieren, immer wenn Zeit dazu ist. Wenn man den Campus von der Ostseite verläßt, ist man fast in der Wildnis. Nicht sehr dicht, aber unwegsam. Dornenreiche Wüstensträucher. Es ist hügelig und ohne feste Wege. Also spaziert man sehr gemütlich. Zeit zum unterhalten. Bei einem solchem Spaziergang möchte sie beiläufig von uns wissen, warum wir für das „Gewaltlosigkeit–Projekt“ kein Interesse gezeigt haben. Nichtsahnend erzählen wir über unseren Beitrag zu dem Projekt und alles was wir in diesem Zusammenhang noch erfahren haben. Am nächsten Tag kommt sie wieder auf das Thema zu sprechen, diesmal nicht so beiläufig. Sie hätte sich nach dem gestrigen Gespräch kaum beruhigen können und sie glaubte uns sagen zu müssen, was über uns im Campus von Unnithans verbreitet wird. Wir sind konsterniert und natürlich sauer.

      Am 1. Dezember spazieren wir zu Frau Unnithans Büro. Sie ist nicht da. Wir hinterlassen ihr eine Notiz, in dem wir sie zu einer Tasse Kaffee nach dem „Dinner“ einladen. Sie kommt. Wir erkundigen uns, ob es zutreffe, daß sie und ihr Mann wegen unserer mangelnden Kooperationsbereitschaft über uns enttäuscht seien, wie Frau Vreede uns berichtet hat. Sie bestätigt ohne Umschweife, daß es so ist und rät uns eher patronisierend, daß es für uns besser wäre, diese Angelegenheit mit ihrem Mann zu besprechen.

      Erst jetzt realisierten wir, daß es Frau Vreede um mehr gegangen ist als nur um Tratsch. Ich schreibe am 3. Dezember einen Brief an Unnithan, nehme Bezug auf das Gespräch mit Frau Unnithan, zähle die belegbaren Fakten von 27. September bis 7. November über unseren Beitrag zu seinem Projekt auf und erwähne die Nichteinhaltung der vereinbarten Gegenleistungen seinerseits. Ich fordere ihn auf, bis zum 14. Dezember die Verleumdungen gegen uns zu widerrufen. Ich stelle eine Kopie des Schreibens Yogindra Singh zu. Zunächst sind die Unnithans sauer auf Frau Vreede. Bevor sie Jaipur nach getaner Arbeit verläßt, schreibt sie am 5. Dezember einen langen Brief an Frau Unnithan und stellt mir offiziell eine Kopie zu. Die persönliche Beziehung der beiden Niederländerinnen hat Risse bekommen. Aus diesem Brief ergibt sich folgende Chronologie:

      Am

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