Preis des aufrechten Gangs. Prodosh Aich

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Preis des aufrechten Gangs - Prodosh Aich

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Verträgen. Er will eine Diskussionsvorlage erarbeiten.

      Schon am nächsten Tag fragt Unnithan meine Frau, ob sie bereit wäre, die Aufbereitung des Materials über das Projekt „Non-violence“ zu leiten, vor allem aber die Verantwortung für die Erstellung von ordentlichen Tabellen zu übernehmen. Er würde relativ schnell die hierfür notwendigen finanziellen Mittel herbeischaffen können. Meine Frau stimmt dem zu, auch angesichts unserer Lebenshaltungskosten im Gästehaus. Auch ich sehe keinen Grund, warum meine Frau diesem Vorschlag nicht zustimmen sollte, unabhängig von dem finanziellen Nutzen. Später wird sich herausstellen, daß dies eine unkluge Entscheidung gewesen ist.

      Am nächsten Tag, 29. September 1966, organisiert Unnithan eine Diskussionsrunde über eine mögliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Instituten. Unnithan bittet noch Singh an dieser Runde teilzunehmen, aber keinen anderen Kollegen im Department. Dieser Tatbestand hätte mich stutzig machen müssen, tut er aber nicht. Eine Vorlage von Unnithan liegt auch nicht vor. Er hätte keine Zeit gehabt, seine Gedanken zu Papier zu bringen. Ich schlage vier Diskussionspunkte vor: Auf welcher Ebene findet die Zusammenarbeit statt, wie soll die Arbeitsteilung zwischen den beiden Instituten aussehen, wie soll die Arbeitsteilung zwischen den beiden Instituten auf die personelle Ebene der Forscher übertragen werden und wie sollen die Modalitäten der Veröffentlichung sein. Singh und Unnithan stimmen ihnen zu. Wer soll protokollieren? Ein Protokoll wird wohl in dieser Phase nicht nötig sein, meint Unnithan. Ich bin immer noch nicht stutzig. Es wird kein Protokoll gemacht.

      Eine Umsetzung von einigen allgemein anerkannten akademischen Normen stellt sich in der Diskussionsrunde als komplizierter heraus. Gewiß gibt es kodifizierte, allseitig akzeptierte akademische Normen nicht. Selbst wenn dennoch solche Übereinstimmungen bekundet werden, halten diese in der konkreten Praxis nicht immer. Schon beim ersten eher harmlosen Punkt wird die unterschiedliche Interessenlage deutlich. Unnithan will die Zusammenarbeit nur auf die Ebene der Direktoren der beiden Institute beschränken. Ich halte dagegen, vor allem mit zwei Argumenten. Auf der Ebene von Direktoren ist eine Vermischung von institutionellen und personellen Interessen schwierig auseinanderzuhalten. Und ohne Beteiligung der Gremien der Universität würde die Nutzung der universitären Einrichtungen nicht möglich sein. Unnithan akzeptiert schließlich die Institute als unterste Ebene und die Statuten der beiden Universitäten als verbindlichen Rahmen.

      Was die Arbeits– und Kostenteilung angeht, einigen wir uns auf die Formel, daß die Feldarbeit, die Aufbereitung des Materials bis zu der Übertragung aller Daten auf die „Kodeblätter“, in Jaipur durchgeführt werden sollen. Die Aufbereitung für die Rechenanlage und die Tabellen sollen in Köln gemacht werden.

      Schwierigkeit entsteht über die personelle Beteiligung einzelner Mitglieder der Institute bei gemeinsamen Forschungsprojekten. Unnithan will in seinem Department die Zusammenarbeit nur auf zwei Personen beschränken, auf Yogendra Singh und auf sich selbst, und im Kölner Institut nur auf König und mich. Nach einer ähnlichen Diskussion wie bei dem ersten Punkt einigen wir uns darauf, daß beide Institute bestrebt sein werden, für eine optimale personelle Zusammensetzung zu sorgen. Naturgemäß werden diejenigen die Hauptakteure sein, die das Projekt initiieren und gestalten. Welche Personen dann sinnvollerweise noch daran mitarbeiten sollen, entscheiden die beiden Partnerinstitute eigenverantwortlich.

      Wie soll das Recht der Veröffentlichungen aussehen? Unnithan will sich auf die Formel nicht einlassen: wer das Projekt konzipiert, im Projekt arbeitet und Berichte schreibt, hat auch das Veröffentlichungsrecht als Autor. Unnithan will, daß die beiden Institutsdirektoren auf jeden Fall Autoren sind, weil sie die Veröffentlichung nach außen verantworten werden. Dem stimme ich nicht zu. Zwei andere Bereiche sind auch strittig. Wer soll welchen Teil schreiben bzw. den Erstentwurf machen, wenn ein Projekt gemeinsam konzipiert und entwickelt worden ist, und was passiert, wenn ein Institut seiner vereinbarten Verpflichtung nicht nachkommt oder die Arbeit nicht termingemäß abliefert? Singh hält sich bei diesem Ringen zurück. Unnithan akzeptiert schließlich folgende Regelung unter der Prämisse, daß es eine alleinige Autorenschaft eines der beiden Institute geben darf und daß die Arbeitsteilung der Autoren von beiden Institutsdirektoren gebilligt werden: alle Personen, die einen Beitrag leisten, werden auch entsprechend gebührend erwähnt; es wird unterschieden zwischen Autoren, Herausgeber, redaktionellen Hilfestellungen, Mitarbeit bei der Operationalisierung des Projekts, verantwortlicher Leitung der Feldarbeit und der Aufbereitung des Materials; bei mehr als einem Autor soll die Gestaltung der Arbeitsteilung den Autoren überlassen bleiben; keiner Seite wird erlaubt, die Veröffentlichung der Arbeit ohne beiderseitig akzeptierbare Begründung zu verzögern oder gar zu verhindern.

      Unnithan will die Konsenspunkte zusammenstellen und auch für weitere Beratungen ein Exemplar des Papiers König zusenden. Er schließt diese erste Sitzung mit der Feststellung, wir hätten heute etwas sehr Wichtiges vereinbart. Nein, die Sitzung ist nicht ganz beendet. Er erkundigt sich über meine unmittelbaren Forschungspläne. Ich erzähle ihm, daß die Mittel über den Rückanpassungsprozeß noch nicht bewilligt sind, daß wir die Erhebungsinstrumente zum Thema „Aspirationen, Einstellungen und Wertvorstellungen der Studierenden und der Hochschullehrer“ an der Universität Rajasthan so gut wie fertig hätten und mit den organisatorischen Arbeiten beginnen wollen. Er zeigt sich an den Erhebungen in der Universität Rajasthan interessiert und schlägt mir einen Deal vor. Wir sollten die organisatorischen Arbeiten ihm überlassen und als Gegenleistung das Projekt von Singh und ihm über die „Gewaltlosigkeit“ unterstützen. Im Augenblick sei Singh hauptsächlich mit dem Doktoranden K. L. Sharma befaßt. Wenn ich mich daran beteiligen würde, könnte er, Unnithan, seine Beteiligung auf eine Stunde täglich, nachmittags, für gemeinsame Diskussionen beschränken und die so freigeschaufelte Zeit der Organisation unserer Untersuchungen widmen. Arglos stimme ich diesem Vorschlag auch deshalb zu, weil er sich auch um die Kosten für die Feldarbeit kümmern wollte.

      Ich hatte bereits einen Überblick über das Projekt „Gewaltlosigkeit“ gewonnen. Meine Frau und ich beginnen schon am nächsten Tag, dem 30. September, intensiv daran zu arbeiten. Am 5. Oktober informiert Unnithan meine Frau, daß für ihre Mitarbeit im Projekt 1000,- Rs. bewilligt worden seien. Sie will eine schriftliche Vereinbarung. Unnithan meint, sie sollte dieses kleine Honorar nicht so offiziell nehmen. Sie möchte nur die Zusammenstellung der Tabellen überwachen und diese optimieren helfen. Meine Frau gibt sich damit zufrieden.

      Die Redaktion des WDR–Mittagsmagazin benachrichtigt mich am 12. Oktober, daß für den 14. Oktober eine Studioleitung für ein Live–Gespräch bestellt worden ist. Unmittelbar danach bemühe ich mich, mit Unnithan Kontakt aufzunehmen, weil ich die Formalitäten für einen Kurzurlaub nicht kenne. Seit jenem Gespräch vom 29. September habe ich Unnithan nicht mehr gesehen, weil er sich an den vereinbarten täglichen gemeinsamen Diskussionen von einer Stunde nicht beteiligt hat. Das Treffen mit Unnithan ist unerfreulich, weil er auf meine Frage über den organisatorischen Stand unserer beiden Untersuchungen schlicht mitteilt, daß er noch nichts unternommen hat. Kein Wort einer Erklärung, keine Entschuldigung. Der Kurzurlaub wird problemlos genehmigt. Wir nehmen den Nachtzug am 13. Oktober und fahren für zwei Tage nach Delhi.

      Wir kommen frühmorgens an. Ein ehemaliger „Research Scholar“ von Unnithan, Ravi Kapoor, holt uns vom Bahnhof ab und bringt uns zum „Hotel Marina“ in Caunaught Circus, ein sauberes und preiswertes Hotel, daß uns das junge deutsche Ehepaar Jansen empfohlen hat. Das Hotel ist zentral gelegen. Unter über hundert Gästen bin ich der einzige nichteuropäische Gast im Hotel. Das bemerkenswerte im Hotel ist, daß im Speisesaal keine Unterhaltung stattfindet, nicht einmal unter denen, die an einem Tisch sitzen. Meist sind es männliche Gäste. Unser Versuch beim Frühstück eine Konversation zu beginnen, scheitert kläglich. Später erfahren wir von der Hotelleitung, daß die meisten Dauergäste aus der UdSSR sind. Es sind Experten, delegiert für bestimmte Projekte. Jeder einzelne ist auch deshalb wortkarg, weil er nicht weiß, in welcher Funktion seine Landsleute in Indien sind. Es soll unter ihnen auch Spitzel geben. So reduzieren diese Experten ihre sozialen Kontakte auf den Arbeitsplatz. Es soll auch nicht so sein, daß sie Probleme mit der Sprache hätten. Die meisten würden fließend „Hindi“, die offizielle Landessprache Indiens, sprechen.

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