Preis des aufrechten Gangs. Prodosh Aich

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Preis des aufrechten Gangs - Prodosh Aich

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frei, alles zu unternehmen, was er will. Eine Kopie des Schreibens und meine Antwort dazu stelle ich Mathur zu. Bei der Gelegenheit erinnere ich Mathur auch daran, daß eine Entscheidung der Universitätsleitung über unsere beiden Untersuchungen immer noch aussteht und unterbreite als Entscheidungshilfe einen dritten konkreten Vorschlag. Mathur möge beide Fragebögen seinen beiden professoralen Kollegen Pande (Department of History) und Daya Krishna (Department of Philosophy) für deren Urteil vorlegen. Ich bitte ihn auch um die Erlaubnis, daß ich von der Studentin Kamla ausgefüllten Fragebogen in meine Akte legen darf.

      In meiner Anhörung bei der von Mathur eingesetzten Kommission am Vormittag des 4. Februar erfahre ich, daß Unnithan viele Schriftstücke produziert und bei Mathur eingereicht hat, wovon ich keine Kenntnis habe. Auch die Kommission gewährt mir keinen Einblick. Sie will von mir wissen, welche Bewandtnis es hätte, daß ich auf den Fragebögen für die Voruntersuchungen das Copyright beansprucht hätte. Ich berichte, daß ich angesichts der Ausbeutungs– und Diebstahlspraxis in Unnithans Department meine mühsamen Operationalisierungen komplizierter soziologischer Konzepte schützen wollte. Ohne diese Benennung hätte ich die Unterlagen meiner Voruntersuchungen, die Unnithan sich angeeignet hatte, nicht zurückbekommen.

      Die Kommission will von mir wissen, ob ich auf das Copyright verzichten könne. Unnithan hat der Kommission gegenüber die Befürchtung geäußert, durch die Benennung des Copyrights werde seinem Department verwehrt, später zum gleichen Thema Untersuchungen durchzuführen. Ich hebe hervor, daß unser Schutzbedürfnis bei der Voruntersuchung bereits zeitlich überholt ist, daß in den gedruckten Fragebögen eine solche Erwähnung nicht stattfindet und es ein Copyright über Forschungsthemen nicht gibt. Die Kommission nimmt meine Aussage zum Protokoll. Die Kommission will ebenfalls von mir wissen, ob ich nachweisen kann, daß wir als Beauftragte des Kölner Instituts diese Untersuchungen durchführen wollen. Ich wiederhole die bekannten Fakten und stelle die ausstehende Antwort von König in Aussicht.

      Nach dieser Anhörung übersende ich ein Telegramm an König mit der Bitte, sofort Mathur telegraphisch um die Unterstützung unserer Erhebung zu bitten. Ein eingeschriebener Brief soll dem folgen. Die Zeit drängt. In zwei bis drei Wochen wird die Prüfungsphase anlaufen und keine Lehrveranstaltungen an der Universität Rajasthan in diesem akademischen Jahr mehr stattfinden.

      Dem Vice Chancellor unterbreite ich einen weiteren praktischen Vorschlag am selben Tag. Nach der Durchführung der Befragung im Vorlesungssaal auf dem Campus kann er die Fragebogen solange in Verwahrung nehmen, bis König sich gemeldet hat. Wenn die Äußerungen Königs denen entsprechen, die ich angegeben habe, erhalte ich die ausgefüllten Fragebogen zurück. Ich fasse auch meine Anhörung bei der Kommission zusammen, weil sie selbst kein Protokoll erstellte, und bitte Mathur, mir alle Eingaben von Unnithan für meinen effektiven Schutz zur Verfügung zu stellen.

      Noch am 04. Februar wende ich mich zum ersten Mal an die Vereinigung der Lehrkräfte RUTA (Rajasthan University Teachers’ Association) und informiere sie über die Vorgänge. Der Vorstand ist über die Vorgänge empört, aber durchaus nicht verwundert. Der Vorstand ist eine wahre Fundgrube für erste Informationen über den Zustand dieser Universität und über die statutenwidrigen Machenschaften der Leitungsgremien. Wir vereinbaren weitere Gespräche zum Informationsaustausch. Der Vorstand verspricht, sich der Sache anzunehmen. Er wendet sich schon am 05. Februar an Mathur, teilt seine Einschätzung über die Vorgänge und beantragt die sofortige Zulassungen der Befragungen auf dem Campus.

      *****

      Eigentlich ist es beschämend, daß ich das Schreiben von Fritz Sack vom 13. Dezember erst am 9. Februar beantworte. Es zeigt, unter welcher Hochspannung wir die vergangenen Wochen in Jaipur durchlebten. Verzweifelt informiere ich ihn, daß auf meinen dringenden Brief an König vom 17. Januar mit der Bitte, er möge uns bei dem Vice Chancellor sofort legitimieren, noch nichts geschehen ist, auch nicht nach meiner Mahnung vom 30. Januar oder nach meinem Telegramm vom 4. Februar. Vielleicht hätte er eine vage Vorstellung den Unterlagen entnehmen können, die ich König am 30. zuschickte. Nach unserer Rückkehr, stelle ich in Aussicht, ihm Geschichten zu erzählen, die er mir wahrscheinlich nicht glauben würde, denn auch ich hätte sie niemandem geglaubt. Könnte es sein, frage ich ihn, daß Briefe an uns hier unterschlagen würden. Ich gebe ihm unsere Privatadresse, damit die Briefe nicht mehr an das Department adressiert werden.

      Auch meine Frau richtet einige Zeilen an Fritz Sack, deren ungekürzte Wiedergabe besser den Umständen gerecht wird:

      „Lieber Herr Sack, lassen Sie mich einige Zeilen anhängen. Khokon (mein Rufname) ist von den Zuständen in seinem Land mehr als enttäuscht. Und ich frage mich oft, ob wir hier im Campus zwischen Akademikern leben oder in einem Haufen Krimineller. Die meisten haben keinerlei Qualifikation, keine Prinzipien und keine Skrupel. Das System ist so, daß ein Head of the Department eine Menge Dreck am Stecken haben muß, sonst kann er es gar nicht werden. Unnithan hat in diesem ganzen akademischen Jahr 6 mal seine Vorlesung gehalten und da hat er noch abgelesen. Dieses System muß man völlig bloßlegen, wenn man etwas ändern will. Wir sind eifrig dabei, Material zu sammeln für ein Buch über das indische Erziehungssystem. Das ist der einzige Weg, diesen Leuten ihre Gemeinheiten mit Zinsen heimzuzahlen. Was unsere Projekte betrifft, so werden wir im Juli und August unser Glück noch an zwei anderen Universitäten versuchen. Hier in Jaipur könnte nur Prof. Königs Brief an den Vice Chancellor sie noch retten, damit wir die sieben ausstehenden von den 20 Departments auch noch kriegen, das sind die 7 Social Science Departments, von denen Unnithan Direktor ist. Wir erleben hier so komische Geschichten, daß man lachen könnte, wenn sie nicht so traurig wären. Ich glaube, Sie hatten in Amerika eine bessere Zeit. Mein einziger Trost ist, daß wir mit unbezahlbaren Erfahrungen nach Hause kommen und Khokon von jetzt ab mit der indischen Realität etwas vertrauter ist als er je war, wenn das Vertrautwerden auch ziemlich schmerzhaft für ihn war. Für mich ist diese Zeit weniger schwierig, weil ich nie ein romantisches Indienbild hatte.“

      Das war am 9. Februar. Dazwischen ist ein etwas tröstlicherer Brief vom 21. Februar aus Berkeley eingetroffen. Daheims sind dort schon in eine Wohnung gezogen. Aber sie schreiben darüber hinaus auch Interessantes:

      „Heute ist ein Tag, der für Briefeschreiben besonders geeignet ist: Wir sitzen nicht nur noch immer im Hotel und die Arbeit hat nicht nur noch nicht richtig begonnen, sondern es regnet auch zum ersten Mal seit unserer Ankunft (genauer es gießt). Auch hat sich Ihr Brief vom 23.10. wieder eingefunden.

       Wir hoffen, daß es mit Ihrem Umzug damals geklappt hat und daß Sie sich heute kaum noch an die Zeit im Gästehaus erinnern. Habe ich Sie richtig verstanden: Sie müssen 15 Stunden in der Woche Vorlesungen und Übungen halten? Kommen Sie denn, wenn Sie die Stunden auch nur halbwegs vorbereiten, noch zu etwas anderem? Ich stelle es mir schrecklich vor, auch nur sechs Stunden zu haben. Wenn ich denn Wochenplan hier richtig gelesen habe, hat keiner der Professoren mehr als 4 Stunden.

       Erscheint Ihre Arbeit nun unter Ihrem Namen? Wir sind halt von König in dieser Beziehung wohl ziemlich verwöhnt. Aber auch Schmölders läßt eine ganze Menge erscheinen, das die Assistenten geschrieben haben. Aber eine Schweinerei ist es trotzdem. ...

       Heute morgen hatte ich die erste Unterredung mit Prof. Smelser, der mein ‚faculty sponsor‘ ist. Damit hat die Arbeit gewissermaßen offiziell begonnen. Morgen werde ich mal in die Bibliothek gehen und mich nach einschlägiger Literatur umsehen. Ich fürchte, daß diese Zeit bald vorbei ist, wenn die Korrekturen von Köln kommen.

       Hier auf dem Campus ist allerhand los: Im Dezember gab es einen Studentenstreik, der jetzt ein gerichtliches Nachspiel hat. Die nicht mehr immatrikulierten Führer der Free Speech Movement müßten vor den Richter. Die Verwaltung scheint ‚durchgreifen‘ zu wollen. Die Bevölkerung scheint auf die Studenten nicht gut zu sprechen zu sein (Rote). Außerdem ist ein konservativer Gouverneur gewählt worden, der die Mittel für die Universität kürzen will. Gestern wurde der Universitätspräsident abgewählt, was als Geste

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