Die drei von Cordova. Edgar Wallace
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Aus diesen bescheidenen Anfängen erwuchs eine Firma, die es noch zu bedeutender Größe bringen sollte. Gram trat aus. Er war überhaupt niemals Teilhaber gewesen – um die Wahrheit zu sagen. Manche bezweifelten sogar, daß dieser Mann wirklich existiert hatte. Aber Black war jedenfalls weiter erfolgreich, und sein Name erlangte in gewissen Kreisen einen fast magischen Klang.
In anderen Gesellschaftskreisen wurde er allerdings niemals erwähnt, und die großen Finanzleute der City, die Faring, die Wertheimer, die Scott-Teason, hatten von seiner Existenz vielleicht keine Kenntnis genommen. Sie betrieben ihre Geschäfte vornehm und zurückhaltend, verliehen ihre Millionen zu einem lächerlich geringen Zinssatz, legten Anleihen auf, finanzierten große staatliche Unternehmungen, kauften Goldvorräte. Um elf Uhr vormittags wurden diese wirklich großen Herren in ihren eleganten Autos zur Threadneedle Street gebracht, und um vier Uhr nachmittags wurden sie wieder abgeholt.
Natürlich lasen sie in der Presse von Oberst Black, denn an manchen Tagen waren die Handelsteile der Zeitungen voll von Berichten über seine Geschäfte. Sie erfuhren von seinen außerordentlich großen Umsätzen am Effektenmarkt, von seinen Engagements in argentinischen Elektrizitätspapieren, von seinen Gummiplantagen und seinen kanadischen Kupferminen, aber sie drückten weder Zustimmung noch Missbilligung aus. Sie betrachteten diesen Mann mit demselben leidenschaftslosen Interesse, das eine große, schwere Schnellzuglokomotive für ein kleines, leichtes Auto zeigen würde.
Als Oberst Black diesen Finanzgrößen an einem denkwürdigen Tag einen Plan unterbreitete, der großen Gewinn versprach, antworteten sie nur, sie seien zu ihrem Bedauern nicht in der Lage, ›auf die interessanten Ausführungen Oberst Blacks näher einzugehen‹. Etwas bestürzt und verärgert wandte er sich an einen großen amerikanischen Konzern, denn er mußte in seinen Prospekten unbedingt klangvolle Namen vorweisen können, wenn er erfolgreich sein wollte. Die Amerikaner sind doch tüchtige Geschäftsleute, dachte Oberst Black und machte ihnen Angebote, die in ihrer Form sehr verlockend, im Grunde aber unverschämt waren. Er mußte nicht lange auf Antwort warten.
›Sehr geehrter Herr‹, schrieb man ihm – es handelte sich um eine dieser amerikanischen Firmen, die Millionenobjekte bearbeiten, ohne sich in der Art ihrer Korrespondenz irgendwie verbindlich zu zeigen –, ›wir haben Ihre Vorschläge aufs genaueste überprüft und sind fest überzeugt, daß Sie bei der Durchführung derartiger Geschäfte viel verdienen; es erscheint uns jedoch weniger sicher, daß wir in gleichem Maß dabei profitieren würden.‹
Eines Nachmittags kam Black nach London zurück, um einer Aufsichtsratssitzung beizuwohnen. Er war einige Tage auf dem Lande gewesen, um neue Kräfte für den bevorstehenden Kampf zu sammeln, wie er den übrigen Sitzungsteilnehmern halb zynisch, halb humorvoll mitteilte.
Er war ein breitschultriger Mann von mittlerer Größe. Sein hageres Gesicht hatte eine bleiche Farbe, die ins Gelbliche spielte. Aber nicht nur dieser eigentümliche gelbliche Teint, die geraden schwarzen Augenbrauen, die dünnen, zusammengekniffenen Lippen waren auffallend, sondern die ganze Persönlichkeit Oberst Blacks prägte sich unvergeßlich ein.
In seinem Wesen lag etwas Hastiges, fast Abruptes; seine Antworten waren mitunter verletzend und schroff. Wenn er eine Entscheidung getroffen hatte, so war sie endgültig. Obwohl die Finanzgrößen der City nichts von ihm wissen wollten, kannten ihn doch viele Leute, ja sein Name war eigentlich in ganz England populär. Es gab kaum einen Ort, nach dem er nicht schon Aktien verkauft hätte. Die kleinen Börsenspekulanten hörten auf ihn, und wenn er Aktien zur Emission brachte, so wurden sie doppelt überzeichnet. Fünf Jahre zuvor hatte er als ein fast Unbekannter begonnen, und es war ihm gelungen, sich in dieser kurzen Zeitspanne zu solcher Höhe emporzuarbeiten.
Pünktlich auf die Minute betrat er den Sitzungssaal, der zu seinen Geschäftsräumen in der Moorgate Street gehörte.
Die Sitzung drohte recht stürmisch zu werden. Wieder einmal handelte es sich um eine Fusion, und wieder einmal hatte der Führer einer beteiligten Gruppe von Eisenmagnaten allen Drohungen und Schmeicheleien Blacks widerstanden.
»Die anderen geben ja nach«, sagte der große, kahlköpfige Fanks. »Sie versprachen uns doch, daß Sie Sandfords Widerstand brechen würden.«
»Ich werde mein Versprechen auch halten«, erwiderte Black.
»Widdison wehrte sich damals auch, aber dann starb er«, fuhr Fanks fort. »Wir können nicht erwarten, daß die Vorsehung uns immer hilft.«
Black runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen zusammen.
»Solche Scherze liebe ich nicht! Sandford ist ein eigensinniger Mann; man muß sehr behutsam und vorsichtig mit ihm umgehen. Überlassen Sie das nur mir.«
Nach dieser etwas lahmen Erklärung Blacks vertagte sich die Versammlung. Als der Oberst den Sitzungssaal verlassen wollte, winkte ihn Fanks zu sich heran.
»Ich habe gestern einen Herrn getroffen, der Ihren Freund Doktor Essley in Australien gekannt hat.«
»So?«
Oberst Blacks Gesichtszüge verrieten keinerlei Erregung.
»Ja, er lernte ihn in seiner ersten Zeit dort kennen und fragte mich, wo er ihn hier treffen könne.«
Black zuckte die Schultern.
»Essley ist im Ausland, soviel ich weiß. – Sie können ihn doch nicht leiden?«
Augustus Fanks schüttelte den Kopf.
»Ärzte, die ihre Krankenvisiten mitten in der Nacht machen, die man niemals finden kann, wenn man sie braucht, und die ständig ins Ausland verreisen, sind mir nicht sonderlich sympathisch.«
»Doktor Essley ist ein vielbeschäftigter Mann«, entschuldigte ihn Black. »Wo wohnt eigentlich Ihr Freund?«
»Er ist nicht mein Freund. Es ist ein gewisser Weld, der in London eine Konzession zum Verkauf anbieten will. Er wohnt zur Zeit im ›Hotel Valet‹ in Bloomsbury.«
»Ich werde es Essley mitteilen, wenn er zurückkommt«, entgegnete Black.
Nachdenklich kehrte er in sein Privatbüro zurück. In der letzten Zeit ging alles verkehrt. Obwohl er in dem Ruf stand, viele Millionen zu besitzen, befand er sich doch in derselben Lage wie mancher andere Finanzmann: Sein Vermögen stand eigentlich nur auf dem Papier. Er hatte zwar die größten Finanztransaktionen durchgeführt, aber das hatte auch ungeheure Mittel verschlungen. Millionen waren durch seine Hände gegangen, für ihn selbst war jedoch kaum etwas geblieben. Merkwürdige Widersprüche vereinigten sich in ihm: Obwohl er verbrecherische Anlagen hatte, arbeitete er doch mit einwandfreien Methoden. Seine Pläne waren in finanzieller Hinsicht durchaus logisch und gesund, aber es hatte ihn fast übermenschliche Anstrengungen gekostet, sie durchzusetzen.
Ein Klopfen weckte ihn aus seinen unerfreulichen Gedanken. Gleich darauf trat Fanks ein.
Black runzelte die Stirn, aber der andere nahm sich ohne Aufforderung einen Stuhl und setzte sich.
»Ich möchte einmal ein paar Worte mit Ihnen sprechen, Black«, begann er.
»Fassen Sie sich so kurz wie möglich.«
Fanks nahm eine Zigarre aus seinem Etui und steckte sie an.
»Sie hatten einen wunderbaren Aufstieg, Oberst. Ich kann mich noch auf die Zeit besinnen, als Sie in einem obskuren kleinen Geschäft als Börsenmakler anfingen.