I Ging. Andrea Seidl
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Das Warten
Die Macht des Schicksals
Schlüsselbegriffe
Geduld / erzwungener Halt / den richtigen Zeitpunkt abwarten / Hingabe an den Augenblick / innere Gewissheit / Gleichmut / heitere Gelassenheit / sich der Entscheidung Gottes überlassen / Kontrolle abgeben / die Dinge nehmen, wie sie sind / Notwendigkeit / den Teufel an die Wand malen / unerfüllbare Sehnsüchte / sich sorgen / auf die lange Bank schieben …
Wir sind derzeit sehr ungeduldig und möchten die Dinge kraftvoll in die Hand nehmen. Doch zunächst müssen wir eine Lektion in Gelassenheit gegenüber den Unsicherheiten des Lebens lernen. Warten können heißt, die aktuellen Bedingungen zu akzeptieren, wie sie eben sind und dabei doch optimistisch zu bleiben. Dieses Warten ist ja mehr als eine vage Hoffnung, es beinhaltet die innere Gewissheit, dass wir unser Ziel am Ende schon erreichen werden. Wer jetzt wild drauf los stürmt, sabotiert sich selbst. Doch indem wir gleichmütig und vertrauensvoll abwarten, bereiten wir den Boden für entscheidende Schritte. Diese Aufgabe fällt uns umso leichter, je mehr wir uns von Zeitvorstellungen lösen und uns Ruhe gönnen. Erzwingen lässt sich jetzt gar nichts. Wenn es aber soweit ist, kommt das Erwartete mit Macht.
Naturbild
Wolken steigen am Himmel auf: Das Bild des Wartens.
So isst und trinkt der Edle
und ist heiter und guter Dinge.
In diesem Bild sind am Himmel schon schwere Wolken aufgezogen, der Regen aber lässt noch auf sich warten. In so einer Situation wandert unser Blick unruhig nach vorn und lässt allerlei Fantasien wuchern, die uns enorm verunsichern können. Noch ist ja völlig offen, was die Wolken bringen werden: Wir hoffen zwar, dass ein satter Regenguss die Aussaat gedeihen lässt, doch was ist, wenn ein Unwetter die Ernte zerstört?
Genauso ist es im Leben, wenn sich kommende Ereignisse abzeichnen. Wir spüren zwar schon, dass etwas in der Luft liegt, aber konkrete Anhaltspunkte sind noch nicht zu erkennen. In diesem Augenblick dürfen wir keinesfalls eigenmächtig und vorschnell eingreifen. Es besteht ja kein Grund, uns zu ängstigen. Wir können uns darauf verlassen, dass es immer genau zur rechten Stunde und in der richtigen Weise regnen wird, so wie es dem natürlichen Rhythmus und Plan der Dinge entspricht. Statt uns zu sorgen, können wir vertrauensvoll, entspannt und heiter das Leben genießen. Jetzt ist Zeit, Leib und Seele zu stärken und uns etwas Gutes zu tun, um Kraft und Ruhe für den entscheidenden Moment zu sammeln. Jedes negative, zweiflerische Herumgrübeln würde uns nur schwächen. Denn so oder so kommt das Schicksal von allein auf uns zu, und dann heißt es, bereit zu sein. Wir müssen uns wohl oder übel damit aussöhnen, dass es nicht in unserer Macht liegt, die Dinge zu steuern. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Entscheidung des Himmels (den Regen) hinzunehmen, die zu ihrer Zeit kommen wird. Furchtlos abwarten zu können beweist eine ganz besondere Form der Weisheit.
In gelassener Erwartung
Das Warten.
Wenn du wahrhaftig bist, so hast du Licht und Gelingen.
Beharrlichkeit bringt Heil.
Fördernd ist es, das große Wasser zu durchqueren.
Jede schicksalsschwangere Situation erzeugt einen qualvollen Konflikt: Einerseits möchten wir vorwärts und die unerträgliche Spannung hinter uns lassen, andererseits müssen wir uns doch noch gedulden. Wir sehen, wie am Horizont Herausforderungen aufziehen, ohne dass wir aber eine unmittelbare Kontrolle über die Entwicklung der Dinge hätten. Erfolg wird hier zur Frage des rechten Zeitpunkts - und der ist von oben bestimmt und lässt sich nicht beschleunigen. Diesen entscheidenden Moment müssen wir in aller Gelassenheit abwarten. Wer zornig gegen seine Machtlosigkeit rebelliert, schadet sich nur selbst. Voreilige Wagnisse beschwören nämlich langwierige Probleme herauf, die vermeidbar sind, wenn wir nur auf unsere warnende innere Stimme hören.
In dieser Phase tatenlosen Wartens dürfen wir weder aufgeben noch uns verkrampfen. Es spielt jetzt eine große Rolle, wie wir die Situation deuten und welche Geschichten wir uns darüber erzählen. Denn wenn wir uns künftige Katastrophen und Tragödien ausdenken, schaffen wir ein Klima der Angst und schwächen uns damit selbst. Angesichts dessen, dass wir mit jedem Gedanken, jedem Wort und jeder Handlung unsere Realität erschaffen, wird klar, dass Schwarzmalen der beste Weg ist, um eine Spirale des Leidens zu erzeugen. Auf diese Weise kann sich die Zeit des Wartens zu einer heftigen Lebenskrise auswachsen.
Dabei könnte alles so leicht sein. Es gibt gerade nichts Wichtiges in der Außenwelt zu tun. Wir dürfen und sollen das Leben feiern, Spaß haben und es uns gut gehen lassen. Um diese Phase erfolgreich zu meistern, müssen wir gut für uns selbst sorgen. Beständigkeit, Anpassungsfähigkeit und positives Denken sind jetzt die Stichworte. Unsere zentralen Aufgaben lauten schlicht: im Hier und Jetzt ankommen und zuversichtlich darauf vertrauen, dass wir geführt werden. Wir müssen nichts entscheiden, wir können nichts versäumen, allein der Lauf der Zeit macht nun den Fortschritt aus. Die Stunde des Handelns wird schon noch kommen – später! Momentan machen wir sozusagen eine schöpferische Pause - da ist nämlich noch etwas unreif, das erst genährt werden muss. Wenn wir diesen Prozess nicht stören, kann er sich konstruktiv entfalten, bis sich schließlich von selbst zeigt, wie die aktuelle Lektion zu bewältigen ist. Damit ist die aktuelle Wartezeit also keine quälende oder lästige Notwendigkeit, sie ist vielmehr der Schlüssel zu einer inneren Entwicklung, die uns mit der geistigen Welt verbindet. Denn Warten heißt wohl, dass wir uns zurückhalten, nicht aber, dass wir unsere Vorhaben aufgeben. Warten ist kein leeres Hoffen. Es hat die innere Zuversicht, dass sich unser Schicksal erfüllen wird.
Zwischenzeit
Dieses Zeichen erscheint oft, wenn wir uns an einer wichtigen Weggabelung des Lebens befinden und uns verzagt fragen, welche Richtung wir einschlagen sollen. Ohne uns dessen bewusst zu sein, warten wir auf göttliche Hilfe. Und tatsächlich werden wir das wegweisende Licht anziehen, wenn unser Wunsch, den richtigen Weg zu finden, nur ehrlich ist.
Man kann natürlich auch mit der falschen Einstellung warten – das tun etwa jene Menschen, die viel zu lange in einer destruktiven, ungerechten Situation ausharren. Manche von ihnen fühlen sich dabei sogar noch als Held. Ihr Wahn redet ihnen ein, wenn sie nur alle nötigen Härten aushielten, würden sie ihr Wunschziel schon erreichen. Tatsächlich aber verpassen sie vor lauter Dulden und Harren ihr Leben. Die Überzeugung, dass passives Warten an sich eine Lösung sein könne, blockiert nämlich eine effektive Unterstützung des Kosmos. Wer so denkt, hat in Wahrheit nur Angst, den nächsten Schritt zu tun. Er misstraut dem Leben und fürchtet, jeder Schritt ins Unbekannte sei gefährlich.