Zwillingsschmerz. Ana Dee
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„Ähm ... nein. Für den Notfall habe ich ja Ihre Nummer. Melden Sie sich, sobald es Neuigkeiten gibt, oder soll ich zu Ihnen Kontakt aufnehmen?“
„Ich werde mich in regelmäßigen Abständen melden.“
Marlene erhob sich und reichte ihm die Hand. „Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.“
Sie durchquerte das Restaurant und konnte es kaum erwarten, Mia die frohe Botschaft zu verkünden. Draußen reckte sie ihr Gesicht den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen und wäre am liebsten durch die Straßen getanzt. Zum ersten Mal nach dieser langen Zeit verspürte sie einen Anflug von Glück.
Sie stieg in ihren Wagen und fuhr auf direktem Weg zum Gymnasium, um Mia abzuholen. Durch das geöffnete Seitenfenster wehte der Fahrtwind ins Innere und wirbelte ihr durchs Haar.
Pünktlich stand Marlene vor dem Schulgebäude und versuchte Mia in der Menge auszumachen. Kurz darauf entdeckte sie ihre Tochter laut lachend, umgeben von einer Mädchentraube. Sie rief Mias Namen und winkte ihr zu.
„Mama, was machst du denn hier?“
„Ich wollte dich zum Italiener einladen oder hast du schon etwas anderes vor?“
„Ach was, Pizza geht immer.“ Mia ließ sich auf den Beifahrersitz fallen. „Und, wie ist der Typ? Hat er eine Säufernase?“
„Du bist unmöglich, meine Kleine.“ Marlene schüttelte verständnislos den Kopf. „Er war äußerst nett und zuvorkommend und er hat den Auftrag angenommen.“
„Wirklich?“
Marlene ergriff die Hand ihrer Tochter und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an.
„Ich kann es selbst kaum glauben, aber er wird der Sache nachgehen.“
Schluchzend lagen sich Mutter und Tochter in den Armen.
„So, dann wollen wir Luigi einen Besuch abstatten. Dort kann ich dir alles in Ruhe erzählen.“
Marlene startete den Motor und fädelte sich wieder in den Verkehr ein.
Kapitel 8
Während Fields zurückfuhr, kreisten seine Gedanken um den aktuellen Fall. Hatte er wirklich die richtige Entscheidung getroffen? Es war so gut wie aussichtslos, nach all den Jahren auf eine heiße Spur zu stoßen. Er hatte zwar einen groben Plan, aber ob der funktionierte, stand in den Sternen.
Seine Auftraggeberin, Marlene, war nur geringfügig älter als er und ihm auf Anhieb sympathisch. Ihr kastanienbraunes Haar, von ersten feinen Silberfäden durchzogen, hatte sie locker hochgesteckt und trotz des Kummers leuchteten ihre Augen. Sie besaß ein warmherziges Lächeln und die kleinen Fältchen um ihre Augen schmälerten keineswegs ihre Attraktivität. Wahrscheinlich war das auch der Grund gewesen, weshalb er auf einen Großteil des Honorars freiwillig verzichtet hatte. Das war ihm in all den Jahren noch nie passiert.
Natürlich hatte dieser besondere Fall auch sein persönliches Interesse und seine Neugier geweckt, denn er wollte unbedingt in Erfahrung bringen, was es mit dem Verschwinden der Zwillingsmädchen auf sich hatte. An einen Zufall glaubte er nicht.
Es würde ein harter Brocken Arbeit werden, alle Eltern der vermissten Kinder ausfindig zu machen. Von den Fahndungslisten aus der ganzen Welt hatte er sich die Fotos heruntergeladen und ausgedruckt. Jetzt pinnte er die Bilder fein säuberlich an die ausgebreitete Landkarte vor der Wand.
Die verschwundenen Mädchen waren ausgesprochen hübsch. Mit blauen Augen strahlten sie fröhlich in die Kamera, auffallend war auch das helle Haar. Es gab zwar einige Ausnahmen, aber die Vorlieben waren explizit zu erkennen.
Doch wer unternahm solch immense Anstrengungen, um sich eines der Zwillingsmädchen zu beschaffen? Und vor allen Dingen, mit welchen Geldern finanzierte er das? Fields erinnerte das eher an ein gut organisiertes Netzwerk, denn für eine einzelne Person war dieser Aufwand viel zu groß.
Aber solange er den Grund für das Verschwinden nicht kannte, würde es schwer werden. War Missbrauch ein Thema? Das Alter variierte, vom Kleinkind bis zur Zehnjährigen war alles dabei.
Fields setzte sich an den Rechner und schrieb die Eltern an, deren Adressen er schon ausfindig gemacht hatte. Einer von ihnen musste doch etwas bemerkt haben, das ihm weiterhelfen konnte. Er spürte instinktiv, dass die Kinder gekidnappt worden waren, von einem zufälligen Verschwinden konnte nicht mehr die Rede sein.
Aber insgesamt sah es nicht sonderlich gut für ihn aus. Er steckte in einer Sackgasse fest und ohne die Hilfe von Chris kam er nicht weiter. Hatte er sich vielleicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, als er den Auftrag angenommen hatte?
Er schnappte sich sein Jackett und die Autoschlüssel und machte sich auf den Weg zu Chris. Ohne diesen jungen Mann waren seine Recherchen nur einen Pfifferling wert, auch wenn er sich damit wieder und wieder auf dünnes Eis begab.
Er hielt den Wagen vor einem heruntergekommenen Altbau und drückte auf die Klingel. Leise summend schwang die Haustür auf und der Geruch von kaltem Essen und Zigarettenqualm strömte Fields unangenehm entgegen. Er holte noch einmal tief Luft und trat den mühseligen Weg ins Dachgeschoss an.
Chris erwartete ihn schon an der Tür. „Und Fields, einen neuen Auftrag an Land gezogen?“
„Mitnichten, ich besuche dich nur wegen der schönen Aussicht.“ Fields zwängte sich an ihm vorbei ins Innere und pfiff erstaunt. „Na sieh einer an. Wer hat dir denn die Möbel spendiert?“
Chris errötete leicht.
„Sag bloß, du bist verliebt und hast in eine neue Einrichtung investiert? Wo hast du die Frau denn kennengelernt? Im Darknet?“
„Können wir lieber über deinen aktuellen Fall reden?“, wich Chris ihm aus.
„Gut, wie du meinst.“ Fields schritt zum neuen Esszimmertisch. „Darf ich mich hier überhaupt ausbreiten?“
„Ja, nun mach schon“, knurrte Chris.
Fields reihte die Fotos der Zwillinge ordentlich aneinander.
„Süß, die Kleinen“, bemerkte Chris.
„Seit wann interessierst du dich für Kinder?“, wunderte sich Fields.
Chris presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
„Oh Junge“, Fields klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, „dich hat es ordentlich erwischt. Und wenn ich ehrlich bin, ich freue mich für dich.“
Chris bekam nun auch knallrote Ohren, was Fields mit einem lauten Lachen zur Kenntnis nahm.
„Gut, kommen wir zum geschäftlichen Teil. Diese Zwillinge sind verschwunden, mal hier einer und mal dort einer, eben ganz unauffällig, damit niemand die Zusammenhänge bemerkt.“
„Immerhin ist es dir aufgefallen.“
„Ich sehe Chris, du läufst zur Höchstform auf. Kannst du in den Tiefen des Darknets nach einem Kunden suchen, der diese besondere Ware ordert.“
„Ehrlich