Zwillingsschmerz. Ana Dee
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Читать онлайн книгу Zwillingsschmerz - Ana Dee страница 7
„Hmmm, was für ein köstlicher Geruch.“ Neidisch blickte sie auf Lisas Teller. „Rührei mit gewürfelten Schinkenstückchen und dazu ein kleines Küchlein.“
„Weißt du was?“ Lisa schob den Teller in ihre Richtung. „Ich habe sowieso keinen Hunger und überlasse dir meine Portion.“
„Wirklich?“ Lene schaute sie mit großen Augen an.
Lisa nickte. „Lass es dir schmecken.“
Lene versenkte ihre Gabel im Rührei und schob sie genüsslich in den Mund.
„Die wollen mich nur mästen“, fuhr Lisa fort, „damit ich weitere Kinder gebären kann. Nicht mit mir“, wisperte sie leise, „nicht mit mir!“
„Aber du musst wieder zu Kräften kommen Lisa, du siehst wirklich sehr dünn aus.“
„Das ist mir egal. Wenn ich krank bin, kann ich nicht mehr schwanger werden, so einfach ist das. Ab heute stelle ich das Essen ein.“
„Du bist verrückt.“ Lene schob den Teller angewidert in Lisas Richtung. „Entschuldige, aber mir ist der Appetit restlos vergangen.“
„Jetzt mach nicht so ein Drama daraus, die anderen sehen schon zu uns herüber.“
„Bitte tu das nicht.“ Lene sah sie flehend an. „Du weißt doch noch, was mit Laura passiert ist? Nach drei Fehlgeburten kam sie nicht mehr zu uns zurück.“ Lene legte ihre Hand auf die von Lisa. „Du bist alles, was ich noch habe. Ich weiß, das klingt total egoistisch, aber wenn du gehst, verliere ich meinen letzten Halt.“
„Den habe ich schon verloren“, flüsterte Lisa mit tränenerstickter Stimme, bevor sie aufstand und mit hängenden Schultern den Speisesaal verließ. Das Tablett hatte sie einfach stehen lassen.
Lene räumte den Tisch ab und durchquerte den langen Flur. Vor dem Labor holte sie noch einmal tief Luft und drückte auf den Summer. In Sekundenschnelle öffnete sich die Tür.
„Wunderbar, dann können wir gleich deine Werte überprüfen. Setz dich bitte und mache eine Faust.“
Schwester Sabine war eine rundliche Frau um die fünfzig, die allen jungen Frauen das Du angeboten hatte. Sie war stets besorgt um ihre Schützlinge und eine Art Mutterersatz.
„So, das hätten wir.“ Sie klebte Lene ein Pflaster auf die Armbeuge. „In einer halben Stunde kommst du bitte ins Arztzimmer, du bist den restlichen Tag vom Unterricht befreit.“
Lene verließ mit zitternden Knien das Labor. Bis jetzt hatte sie Glück gehabt, aber sie befürchtete, dass ihr heut eine weitere Prozedur bevorstand.
Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie ihr die Eizellen unter Vollnarkose entnommen wurden. Ihr Bauch war danach stark angeschwollen, so als wäre sie bereits schwanger gewesen. Die Behandlung hatte ihr Übelkeit und auch Schmerzen verursacht, aber wen interessierte das schon? Niemand fragte nach, ob sie überhaupt Kinder wollte. Man hatte sie zu diesem Leben gezwungen, ohne Wenn und Aber.
Ja, in ihren Träumen kamen Kinder vor, ganz klassisch - Vater, Mutter, Kind – wie in den Büchern, aber doch nicht auf diese Weise. Steril, kalt und lieblos wurde ihr das neue Leben eingepflanzt. Unruhig schritt sie in ihrem Zimmerchen auf und ab. Wie eine halbe Stunde sich derart in die Länge ziehen konnte.
Dann war es endlich so weit und sie drückte behutsam die Klinke des Arztzimmers herunter.
„Komm herein, Lene und setz dich.“ Frau Dr. Schenk, eine gestandene Frau, die keinen Widerspruch duldete, blickte über den Rand ihrer Brille.
„Deine Hormonwerte sehen hervorragend aus“, strahlte sie Lene an. „Wir werden dir nach der Untersuchung die Eizellen transferieren. Morgen früh bitte nüchtern bleiben und jetzt kannst du dich hinter dem Paravent entkleiden.“
Kapitel 4
Marlene saß mit Elena, ihrer besten Freundin, auf der Terrasse. Das Sonnensegel spendete Schatten und die Luft war geschwängert vom betörenden Blumenduft der zahlreichen Rabatten.
Elena nippte an ihrem alkoholfreien Drink. „Ein Paradies hast du dir hier erschaffen, ich kann es nicht oft genug betonen. Wenn ich könnte, wie ich wollte, dann würde ich jeden Tag in deinem Garten verbringen.“
„Und was nützt mir das? Anfangs habe ich daran festgehalten, weil Marie die Blumen so liebte, aber inzwischen bin ich der vielen Arbeit kaum noch gewachsen. Die Hoffnung schwindet, sie je wiederzusehen, und ich frage mich, ob das Ganze überhaupt noch einen Sinn macht?“ Marlenes Blick wurde dunkel.
„Willst du endgültig aufgeben?“, fragte Elena vorsichtig.
„Nein, aber ich habe das Gefühl, mich immer tiefer hineinzureiten. Franks Vorwürfe haben mich schwer getroffen. Ich hatte wirklich angenommen, dass Mia den Vormittag in der Schule verbringt.“
„Wer kann es dir verübeln, ich würde schließlich genauso handeln. Frank hat sich eindeutig für den leichteren Weg entschieden, aber Männer ticken halt anders. Seine neue Familie hält ihn auf Trab und vertreibt die bösen Gedanken, mit denen du dich herumquälen musst.“
„Es tut mir gut, dass du wenigstens Verständnis aufbringst.“ Dankbar legte Marlene ihre Hand auf Elenas Schulter.
„Ich muss dich etwas fragen und ich hoffe, dass du mir darauf eine ehrliche Antwort gibst.“ Elenas Stimme hatte einen ernsten Ton angenommen. „Bist du nach wie vor der festen Überzeugung, dass Marie lebt?“
„Die Träume von ihr sind so intensiv, sie verblassen einfach nicht. Ich meine, nach all den Jahren müssten sie sich doch abschwächen?“
„Vielleicht willst du einfach nicht loslassen?“
„Das mag wohl zutreffen.“ Marlene schluckte. „Mehr als einmal habe ich schon darüber nachgedacht, ob ich meinen Kummer nicht indirekt auf Mia übertrage.“
„Wie meinst du das?“, hakte Elena nach.
„Es ist schwer zu erklären.“ Marlene holte tief Luft. „Mia verschließt sich mir aus irgendeinem Grund, den ich nicht nachvollziehen kann. Sie träumt viel intensiver von Marie und du weißt ja, was über die Bindung von eineiigen Zwillingen behauptet wird. Hin und wieder frage ich natürlich nach, aber sie weicht mir aus. Es ist schwierig für Mia, gar keine Frage, aber manchmal wünsche ich mir, dass sie zu Marie eine Verbindung aufbaut und vielleicht träumt, wo sie steckt.“
Elena suchte ihren Blick. „Hast du je darüber nachgedacht, einen Privatdetektiv einzuschalten?“
„Selbstverständlich! Das Ganze ist nur an Franks Dickkopf gescheitert. Es hat einige Pannen bei der Suche nach Marie gegeben, die sich weder die Polizei noch Frank eingestehen wollten. Nur eine Woche später wurde ein weiteres Zwillingsmädchen entführt und man konnte ja wohl kaum von einem Einzelfall sprechen. Sicher, die Orte lagen fünfhundert Kilometer auseinander, aber für mich war das definitiv eine heiße Spur, der niemand nachgegangen ist. Zumindest nicht mit dem nötigen Ehrgeiz.“
„Und wie denkst du momentan über die Sache?“
„Elena,