Zwillingsschmerz. Ana Dee

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Zwillingsschmerz - Ana Dee Privatdetektiv Thomas Fields

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näherte sich dem vereinbarten Treffpunkt und verlangsamte ihre Schritte. Wie ärgerlich, ein attraktiver Zeitgenosse hatte es sich schon auf der Bank bequem gemacht. In einem gebührenden Abstand blieb sie stehen und wartete.

      Der Mann kontrollierte mehrmals die Uhrzeit und sah sich suchend um. Dann trafen sich ihre Blicke.

      „Marlene Sanders?“

      Sie räusperte sich verlegen und eine zarte Röte legte sich auf ihre Wangen. „Entschuldigung, ich war mir nicht sicher, ob Sie ...“

      „Thomas Fields, Privatdetektiv“, unterbrach er sie lächelnd und reichte ihr die Hand. Sein Händedruck war kräftig, Fields strahlte ein gesundes Selbstbewusstsein aus.

      Marlene fühlte sich unbehaglich. Sie hatte einen älteren behäbigen Mann im Trenchcoat erwartet, aber nicht so ein durchtrainiertes Prachtexemplar, welches ihr die Sprache verschlug.

      Fields schien ihre Unsicherheit zu bemerken. „Was halten Sie davon, wenn wir ein Stückchen spazieren? Wir sollten das wunderbare Sommerwetter ausnutzen.“

      „Gute Idee“, stimmte Marlene ihm zu. Sie entspannte sich allmählich und im Gleichschritt schlenderten sie die verschlungenen Wege entlang.

      „Ich habe dank eines ehemaligen hilfsbereiten Kollegen einen Blick in die Polizeiakten werfen dürfen.“

      „Ach ja?“ Marlene schaute überrascht auf. „Und zu welchem Entschluss sind Sie gekommen?“

      „Die Kollegen haben gute Arbeit geleistet ...“

      „Aber?“, unterbrach sie ihn ungeduldig.

      „Sie sind dem Verschwinden des zweiten Zwillingsmädchens nicht genügend nachgegangen. Das wäre immerhin eine heiße Spur gewesen.“

      „Da sind wir also einer Meinung?“ Marlene musterte ihn fragend.

      „Könnte man so sagen.“

      Dieser Privatdetektiv besaß ein umwerfendes Lächeln und brachte sie ständig aus der Fassung. Sie wünschte sich, er wäre weniger gut aussehend.

      „Bei meiner Recherche ist mir aufgefallen, dass seit Jahren Zwillingsmädchen spurlos verschwinden, und zwar über den gesamten Globus verteilt.“

      „Tatsächlich? Und was hat das zu bedeuten?“

      „Das gilt es herauszufinden.“

      „Die ... die Bank hat mir nur einen kleinen Kredit gewährt. Ich konnte doch nicht ahnen, dass die Sache solche Kreise zieht“, stammelte sie irritiert.

      „Ich werde die Spesen, die Marie betreffen, ordnungsgemäß auflisten. Was darüber hinausgeht, und das ist durchaus auch in meinem eigenen Interesse, werde ich selbst finanzieren. Trotzdem sollten Sie sich nicht zu sehr hineinsteigern, wir müssen abwarten und sehr gewissenhaft vorgehen.“

      Marlenes Lippen umspielte ein seliges Lächeln. Diesen Mann musste der Himmel geschickt haben, denn es hatte den Anschein, als würde er ihr Anliegen tatsächlich ernst nehmen. Wie oft hatten Freunde und Verwandte ihre Ideen und Gedanken als Hirngespinste abgetan. Jetzt hörte ihr endlich jemand zu.

      „Alles in Ordnung?“

      „Ja, das ist es“, antwortete sie erleichtert. Es fühlte sich so an, als hätte er ihr eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen. „Und wie verfahren wir jetzt weiter?“

      „Sie werden enttäuscht sein, aber ich habe noch keinen genauen Plan.“ Er blieb am Teich stehen und beobachtete eine Entenfamilie, die auf dem Wasser gründelte. „Alle Zwillingsmädchen, die weltweit verschwunden sind, haben deutschstämmige Vorfahren, wobei ein nicht unerheblicher Teil der Kinder direkt im Urlaub verloren gegangen ist. Es muss ein ausgeklügeltes System dahinterstecken, dessen bin ich mir sicher.“

      Er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach, und Marlene hing gebannt an seinen Lippen.

      „Was mich verwundert, ist die Tatsache, dass es Zwillinge sind. Auf der ganzen Welt werden Kinder entführt, denn der Menschenhandel ist ein lukratives Geschäft. Aber warum ausgerechnet diese Mädchen?“

      „Wurden auch Jungen entführt?“

      Fields nickte. „Die Zahl ist aber verschwindend gering.“

      „Hm, das ist wirklich sehr merkwürdig. Wissen Sie“, fuhr Marlene fort, „ich kann Marie spüren, ich träume fast jede Nacht von ihr. Meiner Tochter Mia ergeht es ähnlich, sie ist sich ganz sicher, dass ihre Schwester noch lebt.“

      „Es wird sehr schwer werden, nach so langer Zeit weitere Anhaltspunkte zu finden, und Sie müssen immer damit rechnen, dass die Suche ganz plötzlich in einer Sackgasse endet.“

      „Aber Sie werden den Auftrag annehmen, um dem Verschwinden von Marie nachzugehen?“, fragte sie voller Hoffnung.

      „Wenn das Ihr Wille ist, können wir anschließend im Hotel den Vertrag unterschreiben.“

      „Wunderbar.“ Marlene legte schüchtern ihre Hand auf seinen Arm. „Danke, dass Sie mein Anliegen ernst nehmen.“

      „Es gibt einfach zu viele Ungereimtheiten in diesem Fall und ich werde mit meinen Nachforschungen so schnell wie möglich beginnen, das verspreche ich Ihnen.“

      Fields strebte mit schnellen Schritten in Richtung Hotel und Marlene hatte Mühe, ihm zu folgen.

      „Wir können uns ja im hoteleigenen Restaurant einen Kaffee gönnen und dabei in aller Ruhe den Vertrag durchgehen.“

      Während Fields mit dem Fahrstuhl nach oben fuhr, um die Unterlagen zu holen, nahm Marlene an einem Tisch vor dem Fenster Platz. Es kam einem Wunder gleich, dass ihr dieser Detektiv Vertrauen schenkte und sie nicht mitleidig belächelte. Am liebsten wäre sie zu Frank gestürmt und hätte ihn von den Neuigkeiten in Kenntnis gesetzt. Aber sie wollte sich keine Blöße geben, falls Fields’ Nachforschungen nicht von Erfolg gekrönt wurden.

      Sie bestellte sich einen Cappuccino und beobachtete die anderen Gäste.

      „Wie ich sehe, haben Sie schon bestellt.“ Er schob ihr eine schwarze Mappe zu. „Lesen Sie sich in aller Ruhe den Vertrag durch, bevor Sie unterzeichnen.“

      Das ließ Marlene sich nicht zweimal sagen. Sie überflog die Papiere, setzte ihre Unterschrift darunter und klappte die Mappe zufrieden zu. Die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben.

      „Für mich ist es sehr wichtig, diesen Schritt zu tun. Selbst wenn Sie mir Marie nicht wiederbringen, so kann ich doch von ihr Abschied nehmen und endlich trauern. Dieses endlose Hoffen raubt mir die Kraft und die Lebensfreude.“ Sie hob ihren Blick und sah ihn an. „Meine Selbstvorwürfe enden an diesem Punkt, denn ich habe alles getan, um meine verschollene Tochter wiederzufinden. Mehr ist einfach nicht möglich.“

      „Ich denke, Sie haben die richtige Entscheidung getroffen“, stimmte Fields ihr zu.

      Die Kellnerin brachte Fields einen Espresso an den Tisch und schenkte ihm ein kokettes Lächeln. Marlene schaute aus dem Fenster, amüsiert von dieser Szene. Sie fühlte sich so gut wie nie zuvor und hätte am liebsten die ganze Welt umarmt. Vielleicht sollte sie Mia zur Feier des Tages zum Italiener einladen, dann konnten sie den

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