Tara - Die Reise zum Ich. Anjana Gill
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„Kommt daher der Spruch: In der Ruhe liegt die Kraft?“
„Ja, auch. Die Welt ist laut geworden. Und um die Geheimnisse des Lebens zu erkennen, musst du leise sein, sonst kannst du sie nicht hören!
Es ist wichtig, dass du dir jeden Tag eine Auszeit nimmst. Gönne dir den Luxus von Stille, Zeithaben und einen Moment des Nichtstuns! Sei es dir wert! Du musst wieder lernen zu hören, was aus dir selbst kommt! In der Zeit der Stille machst du dich frei von den Ablenkungen dieser Welt und betrittst einen Bereich, der sehr, sehr spannend ist. Wenn alles schweigt, kannst du aktiv und schöpferisch sein. Dann kannst du das Flüstern der Götter hören.“
Ich bekam eine Gänsehaut. Das ‚Flüstern der Götter’ hörte sich wirklich spannend an. „Was muss ich denn tun, um dieses Flüstern zu hören?“
„Nimm dir jeden Tag eine gewisse Zeit zur Meditation, also eine Zeit für die Stille und die Ruhe. Setze dich entspannt hin, werde still und lausche. Lausche nach innen.“
Gurudschi schloss die Augen und wirkte im selben Moment schon tief versunken. Und dabei strahlte er eine ungeheure, absolut intensive Ruhe aus.
Ich tat es ihm nach und schloss meine Augen ebenfalls. Ich sehnte mich so nach Frieden und wollte unbedingt auch in diesen Zustand der Ruhe und Stille eintauchen.
Aber so leicht, wie ich mir das vorgestellt hatte, war das nicht. In meinem Kopf war es nämlich nicht still. Ständig kamen mir irgendwelche Ereignisse oder Aufgaben in den Sinn.
Ich muss mich bestimmt nur zusammennehmen und etwas mehr konzentrieren, dann wird es mir auch gelingen, meine Gedanken abzustellen, beruhigte ich mich selbst. Ich wollte unbedingt in den Zustand der Ruhe und der Stille. Schließlich hatte Gurudschi gesagt, sie seien die Eintrittskarten in die schöne, zauberhafte Welt des Glücklichseins.
Ich konnte machen, was ich wollte, es wollte mir einfach nicht gelingen. Verzweifelt versuchte ich, mich besser zu konzentrieren, aber je mehr ich mich konzentrierte, desto wirrer wurden meine Gedanken. Die verrücktesten und – vor allem – banalsten Dinge gingen mir durch den Kopf.
Langsam wurde ich frustriert. Scheinbar war ich zu dumm, ich schaffte es einfach nicht.
„Tara, bleib schön locker. Du verkrampfst dich zu sehr“, unterbrach Gurudschi die Stille.
„Ja, aber was soll ich denn tun! Meine Gedanken schweifen ständig ab. Ich kann mich einfach nicht konzentrieren“, antwortete ich mutlos und deprimiert.
„Lass deine Gedanken einfach zu, Tara. Sobald ein Gedanke kommt, betrachte ihn in aller Seelenruhe, und dann lass ihn weiterziehen. Stell dir einfach vor, diese Gedanken seien Wolken oder Seifenblasen. Schau sie an, und lass sie ziehen. Gestatte dir ein wenig Leichtigkeit. Sobald ein Gedanke in deinem Kopf erscheint, egal wie absurd oder banal er auch sein mag, sieh ihn an, lächle ihm zu, hülle ihn in eine Seifenblase und lass ihn weiterziehen.
Wenn du dich darüber ärgerst, dass dich Gedanken stören, verleihst du ihnen nur unnötig Macht. Damit bindest du sie an dich. Die störenden Gedanken bekommen dann genug Aufmerksamkeit von dir und fühlen sich dadurch so richtig wohl bei dir und bleiben länger als nötig.
Du musst und sollst dich gar nicht konzentrieren, Tara! Konzentration ist eine Anstrengung, und das ist mit Meditation nicht gemeint.
Setz dich einfach hin, atme und beobachte, was geschieht.
Wenn du möchtest und es dir hilft, beobachte einfach deinen Atem – wie er kommt und wie er geht.
Du wirst von ganz alleine Ruhe und Stille entdecken.
Sei unangestrengt und leicht! Genieße beim Meditieren die Leichtigkeit des Seins!“
Ich schaute in sein friedliches Gesicht und entspannte mich augenblicklich.
Erneut schloss ich die Augen, atmete ein und wieder aus und wieder ein... Ich beobachtete meinen Atem, wie er kam und wie er ging – scheinbar von ganz alleine – und spürte, wie ich langsam ruhiger und ruhiger wurde. Sobald ein Gedanke kam, und glaubt mir, es waren viele, stellte ich ihn mir als Seifenblase vor und ließ ihn fröhlich fortschweben.
Sofort hatten diese uneingeladenen Gedanken, diese Störenfriede, ihren Schrecken für mich verloren.
„Wenn du möchtest und es dir dann leichter fällt, kannst du dir nun einen geistigen Meditationsort schaffen“, setzte Gurudschi seinen Unterricht fort.
„Halte deine Augen geschlossen, atme wieder tief ein und aus und stell dir nun einen Ort vor, an dem du dich richtig wohl fühlst! Das kann ein Ort am Meer, in den Bergen oder auf einer Wiese sein. Das kann ein Haus sein, oder ein Platz in freier Natur. Was immer du möchtest, wo immer du dich so richtig wohl fühlst. Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Welche Atmosphäre herrscht an deinem Ort? Versuche, sie mit all deinen Sinnen zu erfassen!
Spüre das Gras, den Wind, den Sand unter deinen Füßen. Höre die Vögel zwitschern, lausche den Klängen der Natur!“
Gurudschi machte eine Pause und fragte mich schließlich: „An welchem Platz bist du nun, Tara?“
Ich hatte einen wunderschönen Ort gefunden.
„Ich bin auf einer Lichtung. Es ist warm und sonnendurchflutet. Vor mir sprudelt ein Wasserfall, ungefähr drei Meter hoch. Das Wasser fließt am Boden in ein Bächlein, in dem hier und dort größere Steine liegen. Überall wachsen bunte, üppige Pflanzen. Die Vögel zwitschern und das Wasser plätschert. Rechts steht eine Schaukel mit zwei Sitzen.“
Ich hatte das Gefühl tatsächlich an diesem Platz zu sein.
„Geh hinüber zu der Schaukel und setz dich darauf, Tara, und genieße den Augenblick!“
Ich setzte mich auf die Schaukel und überließ mich ganz diesem beinahe himmlischen Ort.
Nach einer Weile forderte mich Gurudschi auf, wieder zurückzukommen: „Nun hast du deinen ganz persönlichen geistigen Meditationsort gefunden, deinen Rückzugsort. Hierhin kannst du kommen, wann immer du möchtest.“
Ich öffnete die Augen und fühlte mich sehr glücklich.
Es hatte geklappt. Ich hatte den ersten Schritt verstanden. Ich strahlte Gurudschi an, und er lächelte zufrieden.
„Du bist eine gute Schülerin, Tara.“
Wir saßen noch eine Weile schweigend, bis Gurudschi schließlich meinte:
„Es ist nun an der Zeit, nach Hause zu gehen, in dein Leben. Integriere die Ruhe und die Stille in deinen Alltag, Tara! Du wirst sehen, es wird dir sehr gut tun.“
Gurudschi faltete die Hände und verneigte sich leicht, so wie er es auch beim letzten Mal zum Abschied getan hatte. Es war also wirklich an der Zeit zu gehen.
Ich musste mich regelrecht losreißen von diesem herrlichen Fleckchen des Friedens.
„Komm wieder, wann immer du möchtest!“
Noch