Tara - Die Reise zum Ich. Anjana Gill

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Tara - Die Reise zum Ich - Anjana Gill

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bevor ich das Floß verließ, trat hinaus auf den Anlegesteg, und es kam, wie es kommen musste: Wie beim letzten Mal drehte ich mich um und wollte Gurudschi zum Abschied winken, aber…

      ...das Floß war verschwunden. Ich schaute auf meine Uhr, und wieder war zwischen meiner Ankunft und jetzt nicht eine Sekunde vergangen.

      Merkwürdig! Sehr seltsam, das Ganze.

      Und erneut war ich ziemlich verwirrt. Was war nur los? So etwas konnte es doch gar nicht geben.

      Ich ging ans Ufer und blickte auf den Fluss. Immer noch durcheinander, steckte ich die Hände in die Hosentaschen, und dabei entdeckte ich den Spruch wieder, den Gurudschi mir vorhin gegeben hatte. Das war der Beweis: Es war also wirklich alles geschehen!

      Und so war dieser Streifen Papier für mich ein wahrer Schatz. Aufgeregt lief ich nach Hause.

      Ich zündete Kerzen an, setzte mich auf ein Kissen und faltete den Zettel auseinander:

      Stille ist ein großer Segen, sie reinigt

      das Gehirn, gibt ihm Vitalität.

      Und diese Stille erzeugt große Energie,

      nicht nur die Energie des Denkens

      oder die Energie von Maschinen,

      sondern unverdorbene Energie,

      die unermessliche Kräfte und Fähigkeiten hat.

      Dies ist der Ort, wo das Gehirn,

      das sehr aktiv ist, still sein kann.

      Eben diese intensive Aktivität des Gehirns

      hat die Eigenschaft und die Schönheit der Stille.

      (Jiddu Krishnamurti)

      Immer und immer wieder las ich den Spruch.

      Am nächsten Morgen wurde ich, auf dem Teppich liegend, wach. Ich war wohl irgendwann erschöpft, aber sehr glücklich eingeschlafen. An diesem Morgen jedenfalls ging es mir super. Ich fühlte mich voller Kraft und rundum glücklich!

      Strahlend erreichte ich das Büro.

      Heute fiel mir die Arbeit richtig leicht.

      Anna, meine Assistentin, wunderte sich scheinbar sehr über mich und sah mich immer wieder merkwürdig von der Seite an. Man konnte richtig sehen, was in ihrem Kopf vorging: Sie wunderte sich über meine plötzlich ausgezeichnete Laune, wo ich doch in letzter Zeit wirklich nur noch frustriert und gereizt gewesen war. So, wie sie mich anschaute, dachte sie vermutlich, ich sei frisch verliebt.

      Vorsichtshalber sprach Anna mich aber nicht darauf an. Erst einmal abwarten. Heute war jedenfalls ein toller und sogar erfolgreicher Arbeitstag.

      Zur Belohnung ging ich mittags in mein Lieblingsbistro. Was für ein herrlicher Tag! – Ich bestellt mir eine Portion Spaghetti Mediterranea und eine Tasse Latte Macchiato.

      Mir war irgendwie nach Feiern zu Mute.

      Ich nahm mein Buch, das ich mir mitgebracht hatte, und begann darin zu lesen.

      Doch plötzlich fiel ein Stück Papier heraus.

      Ich hob es auf und las verwundert:

      Je mehr ihr euch auf die innere Welt konzentriert, umso weniger Schwierigkeiten werdet ihr

      äußerlich haben...

      Noch seid ihr begrenzt, aber wenn es euch

      durch tägliche Meditation gelingt,

      euer Bewusstsein von der endlichen Welt in die

      Unendlichkeit auszudehnen, seid ihr frei.

      (Paramahansa Yogananda)

      Mir blieb die Luft weg. Woher kam dieser Zettel? War Gurudschi etwa auch hier? Ich blickte mich in dem Bistro um, aber alles war wie immer. An den Tischen saßen einige Leute, von Gurudschi jedoch weit und breit keine Spur.

      Langsam wurde mir klar, dass die Dinge, die mir im Moment passierten, mit „normalem Menschenverstand“ nicht nachzuvollziehen, geschweige denn zu verstehen waren.

      Ich las den Spruch noch einmal. Eines war klar: Dieser Zettel war nicht zufällig hier. Da war ich mir absolut sicher. Dieser Zettel musste eine Botschaft für mich sein! Für mich ganz persönlich! Wahrscheinlich hatte Gurudschi wieder seine Finger im Spiel. Und sogleich erfüllte mich ein Gefühl der Zuneigung für ihn. Sorgfältig steckte ich den Zettel in meine Tasche.

      Diese Zettel mit den Botschaften aus einer scheinbar anderen Welt waren für mich so wertvoll wie ein Schatz voller Diamanten. Ach, was rede ich. Ich begann zu begreifen, dass sie einmal viel, viel wertvoller sein würden als alles, was man kaufen kann.

      Der Rest des Tages verging wie im Flug. Gemeinsam mit dem Team suchten Anna und ich das Material für die neuen Sommerkleider aus. Wir fanden wunderschöne, farbenfrohe Dessins und herrliche, weich fließende Stoffe. Die Stimmung im Büro war gelöst und fröhlich.

      Als ich abends endlich zu Hause war, beschloss ich, mein Wohnzimmer umzugestalten, indem ich eine Ecke in eine Meditationsecke umwandelte. Dazu legte ich nur das neue safrangelbe Kissen, das ich mir in der Mittagspause besorgt hatte, auf den Boden, stellte ein Tischchen davor und hängte eine Magnettafel an der Wand auf, an der ich meine zwei Schatzzettel befestigte.

      Gesagt, getan. Jetzt stellte ich noch einige Kerzen auf ‒ und das Werk war vollbracht.

      Als ich fertig war, betrachtete ich das Ergebnis und war zufrieden:

      Es sah feierlich aus, fast wie ein kleiner Altar.

      Genau, das hier war jetzt meine kleine Hauskapelle

      Zufrieden setzte ich mich im Schneidersitz auf mein neues Kissen und weihte meine neue Ecke ein.

      Ich nahm meine Eintrittskarten, die Ruhe, die Stille, das Nichtstun, und tauchte darin ein.

      Zuerst erschienen wieder die abenteuerlichsten Gedanken, aber dieses Mal ließ ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Immer wieder hüllte ich meine nervigen Ruhestörer liebevoll in Seifenblasen und ließ sie dann ziehen. Das ging eine ganze Weile so, doch schließlich hatte ich es geschafft: Ein wunderbares, tiefes Glücksgefühl, Tränen der Rührung stiegen mir in die Augen. Welch erhebender Augenblick!

      Das musste es sein, wovon Gurudschi gesprochen hatte.

      Ich fühlte mich einfach unbeschreiblich – so, als hätte ich einen Moment lang in reinem Glücke gebadet.

      Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Ich hatte ziemlich viel zu tun, aber die neue Kollektion war fast fertig und machte einen vielversprechenden Eindruck.

      Wie man mir später erzählte, bemerkten wohl alle in meinem Team, ganz besonders Anna, dass ich mich zu verändern begann. Ja, eine neue Aura schien mich zu umgeben. Ich strahlte öfter, war auf einmal voller Verständnis und Rücksicht. Die Arbeit mit mir machte richtig Freude. Und das war, weiß Gott, nicht immer so gewesen. Den Stress, den ich offenbar noch vor kurzer Zeit verbreitet hatte, war auf

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