Rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung in den USA. Michael Miller

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Rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung in den USA - Michael Miller

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sich eher einer paramilitärischen Miliz konfrontiert als mit Polizisten aus einer lokalen Polizeidienststelle.

      Eine Befriedung der Krawalle konnte sie ebenso nicht erreichen wie die mehrheitlich schwarzen Demonstranten beruhigen. Schließlich fehlt es den Polizisten vor Ort an Einfühlungsvermögen in einer hoch emotionalen Zeit. Das Auftreten der Polizei hat zudem den Anschein, dass sie die vorwiegend afroamerikanischen Bewohner nicht nur überwachen und zwangsweise befrieden, sondern dass die Demonstranten auch gelenkt werden sollen. Nicht wenige fühlen sich wie Subjekte oder Tiere behandelt, die man schikanieren und bevormunden kann.

      Die Polizei will mit ihrem Auftreten Furcht verbreiten und legt zugleich den Grundstein neuer Aggressionen ihr gegenüber. Denn auch die Polizisten schreien die Protestler an. In den sozialen Netzwerken werden Szenen kommentiert, auf denen Polizeibeamte friedliche Demonstranten verbal angreifen. Flüche, Beschimpfungen und rassistische Bemerkungen sollen während der friedlichen Demonstrationen auch von den Polizeikräften gekommen sein, die in aggressiver Weise ihre Gewehre auf Demonstranten angelegt haben sollen. Verwackelte Zeugenvideos aus den Krawallnächten zeigen ein differenziertes Bild. Einerseits werfen vermummte Protestler Steine und Molotowcocktails auf Polizisten. Andererseits werden auch friedliche Demonstranten am Weitergehen gehindert oder verhaftet, wenn sie nicht sofort den Befehlen der Polizisten nachkommen.

      Die Polizei reagiert auf die ihr entgegengebrachten Aggressionen sofort. Blendgranaten und Tränengas werden rigoros auf die Protestler abgeschossen. Eine Deeskalation findet nicht statt. Vielmehr sieht es so aus, als ob die Polizei nur darauf wartet, angegriffen zu werden, damit sie ihre Militärmaschinerie in Bewegung setzen kann. Scharf geschossen wird nicht. Es wird allenthalben mit Gummigeschossen, die nicht wenige Demonstranten arg im Gesicht verletzen, geschossen.

      Äußerst fragwürdig ist auch die zur Schaustellung eines Maschinengewehres, das mit einem Stativ auf einem Militärfahrzeug montiert ist und auf die Demonstranten gerichtet ist. Zu welchem Zweck es nahe an dem Demonstrationszug eingesetzt wird, konnte kein Verantwortlicher den Anwesenden sagen. Eine friedfertige verbale Kommunikation zwischen den Demonstranten und der Polizei findet zu selten bis gar nicht statt.

      US-Kommentatoren befürchten den ersten Toten durch die Ausschreitungen, was die Gewalt noch weiter entfachen würde. Und der Polizeiticker offenbart nichts Gutes. In der Nähe des geplünderten und ausgebrannten Lebensmittelgeschäftes wird einer Frau in den Kopf geschossen. Die Polizei berichtet, dass die Frau aus einem vorbeifahrenden Auto, bei einem sogenannten „drive by shooting“, angeschossen worden war. Die Polizei vermutet ein Gangverbrechen dahinter.

      Als Problem für die Polizeibehörden wird zugleich ein anderer Fall am Mittwoch bewertet, in dem mal wieder weiße Polizisten verstrickt sind. Am Mittwochnachmittag wird ein 19-jähriger Afroamerikaner durch die Polizei in Ferguson lebensgefährlich angeschossen. Er soll bewaffnet aus einer Gruppe vermummter Plünderer stammen, die die Polizei bedroht haben soll. Auf der anschließenden Pressekonferenz nannte der Polizeichef von St. Louis, Jon Belmar, die Reaktion der Polizisten als „angemessen“.

      Die Lage in Ferguson ist auch am vierten Tag nach dem Tod von Michael Brown immer noch massiv angespannt. Die Polizei wird sich nach dem zweiten Schusswechsel einer kritischen Auseinandersetzung zu ihrem Verhalten nicht entziehen können. Zwar verspricht Belmar auch hier eine zügige und gründliche Untersuchung, doch ist die Reputation der Polizei in Ferguson mehr als angeschlagen unter den afroamerikanischen Bewohnern.

      Tagsüber werden die Proteste in den Kirchen der schwarzen Gemeinden fortgeführt. Weitergetragen werden auch die Protestsprüche der Demonstranten, die von der Kanzel herab den Anwesenden als kirchliche Forderung vermittelt wird. Einige Gospelchöre bauen die Wut der Straße in ihre Kirchenlieder mit ein und singen als Refrain: „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden.“ Somit bleibt der Protest in den Sozialbausiedlungen am Kochen, auch wenn wiederholt zu gewaltlosen Protesten aufgerufen wird. Doch die sozial abgehängte schwarze Jugend sieht allein in den gewaltsamen Ausbrüchen der vergangenen Nächte ihre einzige Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und ihren Zorn auf das weiße Establishment zu entladen. Dass dabei vor allem afroamerikanische Geschäfte den Flammen zum Opfer fallen, wird billigend in Kauf genommen. Nicht wenige Gewaltbereite sehen in ihrem Tun auch nur den Spaß und das Adrenalin als ausschlaggebend. Die Polizei berichtet immer wieder von vielen festgenommenen „Chaoten“, die von außerhalb von Ferguson und St. Louis kommen.

      Der Protest spiegelt sich auch in der Kleidung der Jugendlichen wider, die schwarze T-Shirts mit der Aufschrift „R.I.P. Michael Brown“ oder als Aufforderung an die Polizei „hands up, don't shoot“ tragen. Die Erlöse aus den T-Shirt-Verkäufen sollen allesamt an die Hinterbliebenen von Michael Brown fließen.

      Derweil sollen in den Schulen der Gemeinden Seelsorger und Therapeuten die Schüler in den nächsten Tagen betreuen. Die Erschießung von Michael Brown sowie die tägliche Gewalt auf den Straßen nötigt eine intensivere Betreuung der Kinder und Jugendlichen ab.

      Am Mittwoch veröffentlicht der Bürgermeister von Ferguson, James W. Knowles III, sowie der Stadtrat eine Erklärung, in der sie die landesweite Trauer über der Erschießung Browns verstehen und die friedlichen Demonstrationen als Ausdruck von Trauer akzeptieren. Zugleich spricht Knowles seine Dankbarkeit gegenüber den Polizeibehörden von Ferguson und St. Louis aus, die die Gewaltausbrüche eindämmen konnten und eine reibungslose Untersuchung des Falls garantieren. Die Sprechchöre nach Gerechtigkeit sind auch am Stadtrat nicht vorbeigegangen. Das Vertrauen der Bewohner soll zu den Strafermittlungsbehörden laut Knowles wieder aufgebaut werden. Jedoch werden gewalttätige Proteste weiterhin rigoros von den Polizeidienststellen bekämpft und Plünderer mit voller Härte des Gesetzes verfolgt. Als positiv kann von den Demonstranten wahrgenommen werden, dass der „Stärkung der Gemeinschaft“ eine hohe Priorität eingeräumt wird. Doch genaue Pläne, wie das beschädigte Vertrauen wieder aufgebaut werden soll, werden von Knowles nicht verkündet. So werden die Forderungen der Demonstranten, wie eine verbesserte Polizeiarbeit funktionieren soll und diskriminierende Handlungen innerhalb der Polizeibehörden einzustellen sind, nicht einmal von ihm aufgegriffen. Die Wut von der Straße wird sich durch einfache Beschwichtigungsformeln nicht eindämmen lassen.

      Am Mittwochabend nehmen die Proteste eine weitere unschöne Wendung an, als Reporter der Huffington Post und der Washington Post durch die Polizei in Ferguson festgenommen werden. Die Journalisten seien der Aufforderung der Polizisten nicht nachgekommen, aus einem Schnellrestaurant umgehend sich zu entfernen. Zuvor soll sich einer der beiden Journalisten geweigert haben, den Polizeieinsatz nicht zu filmen. Als Begründung gab die Polizei „Hausfriedensbruch“ in dem Schnellrestaurant an.

      Schon in den vergangenen Nächten wurden wiederholt nationale wie auch internationale Journalisten mit Verhaftungen bedroht. Tränengas und Gummigeschosse sollen auch Richtung der Medienleute abgeschossen worden sein, obwohl diese sich seitlich der Proteste und friedlich aufgehalten haben sollen. So soll ein Fernsehteam von Al Jazeera America absichtlich durch die Polizei mit einem Tränengaskanister beschossen worden sein. Oftmals werden Journalisten aufgefordert, das Filmen oder Fotografieren von Polizeieinsätzen zu unterlassen. Nicht selten werden Journalisten, die sich auf das Presserecht berufen, mit Verhaftung bedroht. Der Grundtenor der Polizei gibt klar vor, dass mit der Presse nicht zusammengearbeitet wird. Eine Behinderung der Berichterstattung findet vonseiten der Polizei statt.

      In den sozialen Medien werden die Bilder und Videos von den Demonstrationen, den schwerbewaffneten Polizisten und den Ausschreitungen fast in Echtzeit verbreitet. Sie regen zur öffentlichen Debatte über die Militarisierung der lokalen Polizeidienststellen in den gesamten USA an.

      In den US-Medien werden Befürchtungen laut, dass einfache Vorstadt-Cops ausrangiertes militärisches Gerät aneignen und damit falsch umgehen könnten. Laut eines offiziellen Berichts des Missouri Departments of Public Safety hat das St. Louis County Police Department aus dem Pentagon zwischen August 2010 und Februar 2013 zwölf Gewehre und sechs Handfeuerwaffen sowie zehn militärische Fracht- und Lastkraftwagen

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