Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel. John Cleland

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Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel - John Cleland

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Englands Ziele, die nordamerikanischen Kolonien ganz für sich zu gewinnen, unterstützt und erhebliche Gelder investiert, aber auch verdient.

       Der Streit um die nordamerikanischen Kolonien war immer wieder Anlaß zu Kriegen zwischen England und Frankreich gewesen; der letzte dauerte sieben Jahre, bis 1763 der Friede von Paris geschlossen und unterzeichnet werden konnte. Canada war damit endgültig dem britischen Empire zugefallen.

       Zwei Jahre zuvor, 1761, hatte König Georg III. den Staatssekretär William Pitt zu Gunsten seines unfähigen Günstlings Bute ausgeschaltet und versucht, den Einfluß des Parlaments zurückzudrängen. Die Whigs, Regierungspartei der alten Parlaments-Aristokratie, hatten nach Pitt’s Sturz sämtliche Zahlungen eingestellt, die der ehemalige Staatssekretär Friedrich II. von Preußen zur Unterstützung im Krieg gegen Österreich, das mit Frankreich verbündet war, aus der Staatskasse gezahlt hatte. Durch Pitt’s Manipulation waren die französischen Streitkräfte weitgehend in Europa gebunden worden. England hatte dadurch in Nordamerika freiere Hand gehabt.

       In der Folgezeit beschwor jedoch die Kronpolitik den Abfall des nordamerikanischen Staatenbundes herauf. Pitt sah diese Entwicklung voraus und versuchte, sie mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterbinden. Er bediente sich hierbei einflußreicher Adels- und Finanzkreise, zu denen der Herzog von D * * * gehörte. Auch Lord Douglas hatte sich an den bisherigen Aktionen beteiligt, war jedoch mit seinem Engagement bis an die Grenze des Tragbaren gegangen.

       König Georg III. galt als vorbildlicher Familienvater. Beim Volk war er deswegen recht beliebt. Und als der Prince of Wales, der spätere König Georg IV., zwei Jahre nach dem Regierungsantritt seines Vaters geboren wurde, gab es kaum jemanden im Lande, der sich nicht mit dem Herrscherhaus verbunden fühlte.

       Politisch hatte der König eine wenig glückliche Hand. Zwar fühlte er sich als Engländer, auch wenn er dem hannoveranischen Herrscherhaus entstammte. Seine konservative Haltung beschwor indessen unüberbrückbare inner- und außenpolitische Konflikte herauf. Dazu kam eine Augenkrankheit, die ihn oft unbeherrscht machte oder unter melancholischen Anfällen leiden ließ. Gehässige Hofschranzen nannten ihn mehr oder weniger offen „geisteskrank.

       So konnte der König nicht verhindern, daß sich das Schwergewicht der

       Regierungsgeschäfte wieder auf das Parlament verlagerte. Pitt wußte das zu nutzen. Er machte seinen Einfluß geltend, und es gelang ihm, für den Augenblick die drohende Gefahr in Nordamerika zu bannen.

       Aber, was man brauchte, war Geld — Geld — und nochmals Geld!

       Charles hatte schon kurz nach Friedensschluß Beziehungen zu Canada geknüpft. Er stand im Begriff, in Montreal eine Niederlassung zu gründen, deren Leitung er dem jungen Mann anvertrauen wollte, mit dem er am Buffet stand, als der Herzog auf ihn zutrat.

       Lord Douglas hatte D * * * oft von Charles berichtet, ihn als einen besonders rührigen und offensichtlich auch erfolgreichen Kaufmann geschildert. Was der Herzog hier sah, entsprach durchaus dieser Auffassung.

       Beide brauchten sie Geld — für sich, für Pitt, für England. Sie konnten es nur vom Handel bekommen. Hier sollte Charles eingeschaltet werden. So wollte es der Herzog — so wollte es England. Wenn es nottat, auch über Umwege. Es sei nicht verschwiegen, daß der Herzog auch Fanny in sein Kalkül einbezog.

       Mrs. Cole, die mit wachsamen Augen vom Treppenabsatz aus in das bunte Gewimmel unter sich blickte und einsprang, wo eine ordnende Hand vonnöten war, hatte die Ankunft des Herzogs mit gemischten Gefühlen beobachtet. Sie kannte ihn von früher her, als er noch häufiger Gast in ihrem Hause war. Übrigens zu einem Zeitpunkt, als sie Fanny noch nicht unter ihre Fittiche genommen hatte. Das Aufblitzen in seinen Augen war verräterisch. Sie ahnte Konflikte und beschloß, ihren Schützling zur Vorsicht zu mahnen, und selbst Augen und Ohren weit offenzuhalten. D * * * ging auf Charles zu und begrüßte ihn wie einen alten Freund. Ohne von dem jungen Mann an dessen Seite Notiz zu nehmen, zog er den Hausherrn mit sich fort. Die Vertraulichkeit der Geste zwischen den Arm in Arm quer durch die Halle schreitenden Männern erregte Aufsehen. An diesem Abend stieg das Prestige der Burtons in der Londoner Gesellschaft um einige Grade.

       Als ob er mit den Räumlichkeiten des Hauses längst vertraut sei, steuerte der Herzog die Tür zum Salon an, öffnete sie und setzte sich ohne Umschweife in den Kaminsessel, die langen, schlanken Beine gegen das prasselnde Feuer gestreckt. Er war von hohem Wuchs — eine gute, ja faszinierende Erscheinung. Regelmäßige Gesichtszüge wurden von leuchtend-blauen Augen beherrscht. Seine stark gebogene Nase unterstrich den Adel des in den mittleren Jahren stehenden Aristokraten. Schmale, ein wenig verkniffene Lippen und das vorspringende Kinn ließen auf Gefühlskälte, Energie bis zur Rücksichtslosigkeit und einen starken, unbeugsamen Willen

       schließen. Sein Lächeln war gewinnend; es verwischte den Zug von Boshaftigkeit in seinen Mundwinkeln.

       „Wie ich hörte, lieber Burton,“ begann er die Unterredung ohne Umschweife, „wollen Sie in Kürze Verreisen.“

       „Ja, Euer Gnaden, ich habe vor, eine Niederlassung in Montreal zu gründen. Dazu bedarf es wohl eines Trips über den Ozean.“

       „Nun, mit einem schnellen Segler ist das heute keine Affaire mehr.“ D * * * machte eine Pause und fuhr dann fort: „Ich habe vor, Ihnen bei der Gründung behilflich zu sein. Genauer gesagt: ich will mich beteiligen.”

       Dann entwickelte der Herzog seinen Plan, von dem Charles durchaus nicht begeistert war. Er wußte um die Hintergründe dieser Ideen und fürchtete, sich mit seiner Zustimmung politisch festzulegen. Seinem Freund, Lord Douglas, fühlte er sich jedoch verpflichtet. Dessen Bitte um Unterstützung, die anläßlich eines vertraulichen Gesprächs an ihn herangetragen worden war, konnte er schlechthin nicht abschlagen. Der Lord hatte ihm von seiner finanziellen Misere berichtet, in die er durch seine Transaktionen geraten war.

       Das Gespräch beendete Charles mit gemischten Gefühlen.

       Durch die Mall jagte eine Kutsche. Lady Douglas, Hofdame der Königin, war auf dem Wege zu Herzog D * * *, dem Gatten ihrer Cousine. Sie hatte sich reichlich verspätet, da die Wünsche der Königin kein Ende nahmen. Seine Majestät wollte heute abend mit seiner Gemahlin das Nachtmahl einnehmen. Kein Kleid, kein Schmuck waren recht, dieses in letzter Zeit so seltene Ereignis gebührend zu unterstreichen — für den König schön zu sein.

       Lady Douglas wußte, daß der Herzog höchst ungehalten sein konnte, wenn man sich verspätete — zumal ohnehin nur wenige Minuten Zeit zur Verfügung standen. Mit gerafften Röcken eilte sie die schmale Stiege des Wirtshauses hinauf, dem geheimen Treffpunkt ihrer Rendezvous’ mit dem Herzog. Zaghaft, aber hastig, klopfte sie an die Tür, hinter der D * * * ungeduldig auf und ab schritt.

       Ein barsches „Herein!“ war die Antwort. Statt einer Begrüßung herrschte er die keuchende Lady an, wo sie so lange geblieben sei.

       Lady Douglas knickste und begann mit: „Euer Gnaden Mit einer Handbewegung unterbrach er sie: „Lassen Sie die albernen Höflichkeitsflauseln — sagen Sie mir lieber, ob Pitt beim König angekommen ist!“

       Lady Douglas berichtete, daß Seine Majestät anscheinend von den außenpolitischen

       Plänen des Herzogs „Wind bekommen“ habe. Jedenfalls habe die Königin so etwas verlauten lassen, ohne zu ahnen, daß Lady Douglas in das Spiel eingeweiht war.

       Der Herzog fuhr auf: „Verdammt! Madame, Sie werden alles aufbieten, um herauszubekommen, wie weit der König informiert ist, und welche Maßnahmen Seine Majestät zu treffen gedenkt. Sie werden mir umgehend in meiner Stadtwohnung berichten. Dort halte ich mich die nächsten Tage auf. Jede Zeit, jede Stunde ist recht!“

       Des Herzogs harte Züge

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