Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel. John Cleland

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Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel - John Cleland

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das Kleid in der kurzen Frist anzufertigen. Jedenfalls — Monsieur Legrand erschien!

       Er machte seinem Ruf alle Ehre: er stolzierte einher wie ein gespreizter Pfau. Zum vollendeten Stutzer fehlte ihm lediglich der Degen. Mit Grandezza verbeugte er sich vor Fanny, brach in entzückte Rufe über ihre Schönheit, ihren Charme und — „mon Dieu“ — über ihre

       bezaubernde Figur aus. „Magnifique!“.

       Mit spitzen Fingern wühlte er in Stoffballen, die überall auf Stühlen, Tischen und Kommoden ausgebreitet lagen. Stoffe, die Fanny bevorzugte, und aus denen Monsieur seine Wahl für das Kleid treffen sollte. Er entschloß sich für einen königsblauen Samt. Dazu kamen Bordüren aus geflochtenem Silber und hochhackige Schuhe aus silberdurchwirkter Seide.

       Als Clou dieser „robe magnifique“ wollte er auf den üblichen Kragen aus Brüsseler Spitze verzichten und stattdessen etwas Einmaliges, Besonderes und Aufregendes applizieren: einen Kragen aus Leopard! Er sollte rundherum laufen und Schultern und Busen — „tres magnifique!“ — weitgehend entblößt lassen. Madame könne es sich leisten. Dann hörte man nichts mehr von Monsieur Legrand. Der Tag, an dem Fanny das Kleid tragen wollte, rückte näher. Zweimal schon war Mrs. Cole in der Werkstatt des Meisters gewesen, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Monsieur sei angestrengt bei der Arbeit und dürfe auf keinen Fall gestört werden, wies man sie ab.

       Am Tage der Soiree erschien Monsieur Legrand gegen elf Uhr. Affektiert und gespreizt wie ein Lustknabe. Langsam und betont sorgfältig breitete er seine Schöpfung aus, streifte sie der Trägerin über. Das Kleid saß wie angegossen. Zwar schien Fanny das Leopardenfell recht ungewöhnlich — aber Monsieur Legrand diktierte die Mode. Seine Creationen, mochten sie noch so ausgefallen sein, machten Furore. Nicht weniger aber auch die Damen der Gesellschaft, die dieser allzu weibische Mann kleidete. Diese Robe zeichnete Fannys Kurven raffiniert nach, betonte sie und verriet mit der Andeutung interessanter Details einen vollendeten, begehrenswerten Körper. Sie betrachtete wohlgefällig ihr Spiegelbild, strich über den Samt, der den Busen gerade noch bedeckte, fühlte und sah die Spitzen der sanften, festen Rundungen wachsen — eine Regung, die sie verschüttet glaubte. Sie war’s zufrieden.

       Lord Douglas war einer der ersten Gäste. Er brachte einen Freund mit, der seit einiger Zeit von sich reden gemacht hatte: den Maler Thomas Gainsborough. Galante Portraits, die er von den Damen des Hofes und der Gesellschaft malte, hatten ihm seinen Ruf eingetragen. Man buhlte um seine Gunst — galt es doch als besondere Ehre, von Gainsborough gemalt zu werden. Auch Fanny hatte von ihm gehört.

       Allmählich füllte sich die Halle. Prominentester Gast war der Herzog D * * *. Mrs. Cole blieb es nicht verborgen, daß der Herzog Feuer fing, als er der schönen Gastgeberin gegenüberstand. Kann das ein Vorteil für Fanny sein oder das Gegenteil? fragte sie sich.

       Es wurde ein reizender Abend. Für Fanny umso mehr, als sie wieder einmal die

       Gesellschaft genoß. Und die Gäste genossen sie — ihre Schönheit, ihr Kleid, ihre Liebenswürdigkeit. Unbestritten war sie der Mittelpunkt. So viele Komplimente hatte sie lange nicht mehr gehört, so glitzernde Augenpaare seit Monaten nicht mehr auf sich ruhen lassen. Es war ein Vergnügen, begehrt zu werden. Fanny blühte sichtlich auf und schwärmte noch tagelang von dem Glanz, der sie wieder umgeben hatte.

       Nicht lange, und Fannys Gesellschaften bildeten das Stadtgespräch. Die Gäste mehrten sich — Adel, Künstler, Müßiggänger, Söhne reicher Eltern und Opportunisten jeglicher Art bevölkerten das Haus. Allmählich entwickelten sich diese Besuche zu einer ständigen Einrichtung an bestimmten Tagen. Nach dem „en vogue“ befindlichen Vorbild Frankreichs nannte sie die Empfänge ihre „Jours“.

       Es war ein zwangloses Kommen und Gehen innerhalb der ebenfalls nach französischem Vorbild festgesetzten Zeit.

       Einmal in der Woche, donnerstags, empfing Fanny in ihrem Boudoir, wobei sie darauf achtete, daß die Zofe Nancy anwesend war.

       Lebhafte Diskussionen über Tagesthemata wechselten mit künstlerischen Vorträgen. Und manche politische Intrige wurde hier gesponnen.

       Der Herzog von D*** fand sich regelmäßig ein und machte Fanny den Hof. Mrs. Cole empfand eine Aversion gegen den eleganten, allzu glatten und, wie ihr schien, berechnenden Vertreter des Hochadels. Sie witterte Schwierigkeiten, die sich aus den häufigen Besuchen des Herzogs ergeben könnten.

       „Lady Douglas, Sie sind gänzlich zerstreut!“ Die Königin, äußerst ungehalten, rügte die Hofdame, die ihr schon zum zweiten Male den falschen Schmuck reichte.

       Ihre Majestät war aufbrausender und mürrischer denn je. Des Königs Gesundheitszustand und die Intrigen, die um Georg gesponnen wurden, ohne daß sie helfend einspringen konnte, zerrten an ihren Nerven.

       Nicht weniger belastet von der Konspiration bei Hof war Lady Douglas. Sie, die Vertraute der Gemahlin Georgs III., trieb ein übles Doppelspiel, das Nervenkraft kostete und die Hofdame in Gewissenskonflikte trieb. Immer häufiger geschah es, daß Mylady außerhalb ihrer Zimmer ihr Wesen trieb. Die Königin ahnte allerdings nichts davon. Noch weniger, daß sie in solchen Fällen mit Herzog von D*** konspirierte. Gegen seine Majestät. Aber zu ihrem Vorteil? Der Hofklatsch blühte. Den Gräfinnen Learncall, Cavendish und Droughgate war „die Douglas“ schon längst ein Dorn im Auge. Neulich hatte die Herzogin von D * * * eine abfällige Bemerkung über ihre

       Cousine gemacht. Damit schien in den Augen der übrigen Hofdamen das Urteil über Lady Douglas gesprochen.

       Tatsächlich aber vermutete die Herzogin in Lady Douglas eine Rivalin, die versuchte, den Earl of Chatham, einen Liebhaber der Herzogin, für sich zu gewinnen. Daß Myladys Ambitionen ganz auf den Herzog von D * * * gerichtet waren, wußte dessen Gattin nicht, noch ahnte sie es. Die Herzogin hätte das auch wenig berührt.

       Anläßlich einer großen Gesellschaft sollte Frances den Freunden und Bekannten des Hauses vorgestellt werden. Ihre Mutter hatte dem Drängen der jetzt Vierzehnjährigen, an einem der nächsten „Jours“ teilnehmen zu dürfen, nachgegeben. Dieses für sie bisher größte Ereignis versetzte Frances schon Tage vorher in helle Aufregung. Stundenlang wühlte sie in ihrem Kleiderschrank — nichts gefiel ihr. Nicht einmal die modernen Kleider schienen ihr gut genug, von denen sie schließlich vier in die engere Wahl zog. Vor dem Spiegel prüfte und verwarf sie, begann von neuem und kam zu keinem Entschluß.

       Dorothee beobachtete die hektische Geschäftigkeit ihrer Schwester. Sie stichelte und ließ sich zu hämischen, bissigen

       Bemerkungen über ihre Putzsucht, ihre Eitelkeit, ihr albernes, dummes Getue hinreißen. Wer schon in der Gesellschaft werde auf sie aufmerksam werden, ihr Beachtung schenken — einem Mädchen, das noch grün hinter den Ohren sei. „Wenn Du trotzdem Aufsehen erregen willst, steck’ Dir doch eine Pfauenfeder in den Popo ...

       Schwupps — flog ein Schuh in Richtung Dorothee. Er traf auch — allerdings nicht die Schwester, sondern Mrs. Cole, die eben das Zimmer betrat.

       Frances biß sich in den Knöchel des Zeigefingers — aber das Mißgeschick steigerte ihre Erregung noch. Und während sie ein hastiges „Vergebung, Madame!“ hervorstieß, angelte sie schon nach dem zweiten Schuh . . .

       Mrs. Cole griff ein, schlichtete den Streit, wie sie es oft tun mußte, und riet Frances dann zu einem dunkelgrünen Satinkleid, das besonders gut zu ihrem vollen, rotblonden Haar paßte.

       Der große Tag lag hinter Frances. Ihr zu Ehren war das Buffet reichhaltiger als sonst gewesen; der Champagner floß in Strömen. Mrs. Cole fand das entsetzlich verschwenderisch, aber Fanny wußte sie zu beschwichtigen.

       Frances war bewundert und umschwärmt worden. Nicht wie ein Nestjunges, das

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