Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel. John Cleland

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Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel - John Cleland

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schmiedeten.

       Fanny stand vor ihrem Kleiderschrank. Ein Kleid nach dem anderen flog auf den Frisier-Sessel. Nichts war mehr geeignet. Die neueste Pariser Mode schrieb kürzere Röcke vor, ein noch offenherzigeres Dekollete. Was sollte sie tun? Entweder alle Kleider ändern lassen oder neue in Auftrag geben. Keinesfalls konnte sie sich bei kommenden, großen Gesellschaftsabenden in einer dieser „altmodischen“ Roben sehen lassen. Man würde sie auslachen — ja bemitleiden. Sie öffnete die Tür zur Halle: „Mrs. Cole!!!“ Wie ein Hilferuf hörte sich das an.

       Außer Atem stürzte die Cole die Treppe hinauf. „Ist was passiert?“

       „Ach, Cole’chen — geben Sie mir einen Rat! Wie soll ich mich verhalten?" Fanny war ganz geknicktes, junges Mädchen. „Meine Gesellschaftskleider sind veraltet. Und Lady Douglas kommt zum ersten Mal. Da muß ich doch ungezogen sein!“

       „Kind,“ Mrs. Cole gab sich mütterlich, „ich habe Ihnen schon mal gesagt, wie Sie es anstellen sollen.“ Sie spielte auf das Gespräch am Frühstückstisch an, hielt aber inne, als sie Fannys Mienenspiel gewahrte. „Natürlich müssen Sie für diese Gelegenheit etwas Neues haben!“ Und etwas leiser setzte sie hinzu: „Ich glaube, die Kosten werden schon irgendwie wieder hereinkommen.“

       Fanny nickte nur. Die Freude an der neuen Garderobe schien ihr vergällt. Aber hatte sie eine andere Wahl als...

       Lady Douglas erschien in Begleitung des Herzogs von D***, den es einige Mühe gekostet hatte, Mylady diesen Abend

       für ein paar Stunden vom Dienst bei Hofe zu befreien. Lady Douglas aber war glücklich, außer Reichweite der Königin einmal nicht Versteck spielen zu müssen. Sie rauschte herein wie Ihre Majestät persönlich. Hunderte von Perlen schimmerten auf dem weißen Satinkleid mit dem kühnen Dekollete. Offenbar bezog Mylady ihre Garderobe auch von Monsieur Legrand. Drei Schönheitspflästerchen unterstrichen die Blässe ihres Gesichts. Die kunstvolle, silberweiße Perücke türmte sich in zwei Stufen, dazwischen ein schmales, funkelndes Diadem.

       Fanny schritt auf den Herzog und Lady Douglas zu; sie zelebrierte einen tiefen Knicks. Während der Herzog sie burschikos-freundschaftlich begrüßte, lächelte Lady Douglas huldvoll.

       Mit dem Besuch der Lady verband Fanny geheime Wünsche. Sie wußte, daß Lord

       Douglas bei Hofe interveniert hatte, Charles auf Grund seiner Verdienste um die überseeischen Handelsbeziehungen in den Adelsstand zu erheben. Das würde für Fanny die Einführung bei Hofe bedeuten. Damit wäre sie eine Dame von Rang und Stand. Das Erscheinen der Lady konnte der Hinweis sein, daß diese Intervention zumindest erfolgversprechend war.

       Frances stand im Hintergrund, die wachen Augen auf den Herzog gerichtet. Sie wartete auf den Augenblick, vorgestellt zu werden. Artig und formvollendet, wie gut erzogene Mädchen ihres Alters, beugten sich ihre Knie vor Lady Douglas und dem Herzog. Dann trat sie, wie es die Etikette vorschrieb, wieder zurück.

       Fanny reichte Lady Douglas den Arm und machte sie mit den übrigen Gästen bekannt.

       Unschlüssig sah sich der Herzog in der Halle um. Diesen Augenblick nutzte Frances, sich ihm wieder zu nähern. Voller Anmut verneigte sie sich.

       Der Herzog mußte lächeln und nahm sie bei der Hand. Das verwirrte und beglückte sie zugleich. Strahlend sah sie zu ihm auf. D*** führte seine junge Begleiterin galant zu einem breiten Sofa abseits in einer Ecke.

       Frances hatte das Gefühl, daß alle Augen auf sie schauten. Sie genoß es, an der Seite dieses viel bewunderten Mannes zu gehen und gesehen zu werden. Als sie sich gesetzt hatte, glättete sie sorgfältig ihr Kleid und sah den Herzog neben ihr glücklich und erwartungsvoll an.

       Als wäre sie seinesgleichen, plauderte er in vertraut-lässigem Ton. Frances geriet in Verlegenheit, da sie nur einiges von dem begriff, was die gewählte Art seiner Sprache bisweilen lediglich andeutete.

       D * * * bemerkte ihre Hilflosigkeit. Als lebenserfahrener Mann wußte er, daß Frances ihn verehrte. Das schmeichelte seiner Eitelkeit. Er war aber Kavalier genug, einem so jungen Mädchen gegenüber nicht, auch nicht andeutungsweise, lockere Redensarten zu gebrauchen, die sonst in der Gesellschaft durchaus üblich waren.

       Allmählich überwand Frances ihre Scheu und bemühte sich, hinter den Sinn der Worte zu kommen, die ihr fremd waren. Dann griff sie, auch ohne gefragt zu sein, in das Gespräch ein.

       Während sie munter drauflos plapperte, überlegte sich der Herzog, ob und was ihm eine nähere Beziehung zu Frances nutzen könnte. Sachlich und kühl wog er das Für und Wider ab, ohne zu einem Schluß zu kommen. So plätscherte das Gespräch über belanglose Dinge dahin. Nebenher ließ der Herzog einfließen, daß er in nächster Zeit nach Paris fahren werde. Er habe am französischen Hofe eine Mission zu erfüllen und bleibe für längere Zeit von London fort. Frances’ Augen verrieten Enttäuschung. Das bewies dem Herzog, wie es um das Mädchen stand.

       Und er erwog abermals, wie Frances ihm bei der Verwirklichung seiner Pläne nützlich sein könnte. Dann kam ihm ein Gedanke. Er schlug Frances vor, ihn doch zu begleiten.

       Um den Schein der Etikette zu wahren, meinte er, daß es für sie nur von Vorteil sein könnte, ein fremdes Land kennenzulernen und dort ihre Sprachkenntnisse zu vervollkommnen. Er werde dafür sorgen, daß ihr nichts zustoße. Mit ihrer Mutter werde er sprechen und sie sicher zu überzeugen wissen.

       Frances war Feuer und Flamme. Soviel Glück! Kaum faßbar! Ihre Phantasie beflügelte sich. Sie malte sich aus, wie sie in Paris, an der Seite des Herzogs, in einer offenen Kutsche durch die Straßen fahren würde. Durch die Stadt mit den eleganten Geschäften, den bestgekleideten Frauen der Welt, den berühmten Vergnügungs-Etablissements. Sie sah sich bereits am Hofe des Königs von Frankreich, bewundert und beneidet.

       „Ich werde Maman fragen ...“ „Eben das werden Sie nicht!“ fuhr der Herzog dazwischen. „Der Plan bleibt unser Geheimnis. Sie werden mit niemandem darüber reden — auch nicht mit Ihrer Mutter. Das besorge ich zu gegebener Zeit.“ Und mit einem Lächeln setzte er hinzu: „Sie können doch verschwiegen sein!?“

       „Ja, das kann ich!“

       Lady Douglas eilte durch die weitläufigen Gänge des Schlosses zu ihren Gemächern. Die Soiree bei den Burtons war amüsant gewesen. Später als vorgesehen, war sie zurückgekehrt. Atemlos betrat sie das Schlafzimmer. Während sie noch Hut und Muff achtlos auf den Frisier-Sessel warf, hörte sie das Glockenzeichen der Königin. Lady Douglas schüttelte den Kopf. Was konnte Ihre Majestät zu so ungewöhnlicher Stunde noch von ihr wünschen? Sie eilte ins Boudoir der Königin, die völlig aufgelöst vor ihrem kleinen Sekretär saß.

       „Wo bleiben Sie nur?! Man hat mich bestohlen! Man hat Papiere gestohlen!“ jammerte sie.

       „Was denn für Papiere?“ Lady Douglas wußte nicht, worum es sich handelte.

       „Es waren ein paar ganz wichtige Briefe, die Seine Majestät mir zur Aufbewahrung gegeben hatte. Und jetzt sind sie verschwunden!“ Die Königin war verzweifelt.

       Lady Douglas bot alles auf, um ihre Herrin zu trösten und zu beruhigen. „Wenn nur Seine Majestät nichts davon erfährt!“ schluchzte die Königin. „Liebe Douglas, helfen Sie mit bitte, diese Briefe wiederzufinden!“ Die Tränen rannen. Die Hofdame war von dem flehentlichen Ton in der Stimme der Königin gerührt. Aber sie wußte keinen Rat. Wie sollte sie Briefe wiederfinden, deren Inhalt sie nicht kannte, von denen sie nicht ahnte, wer daran interessiert sein

       könnte.

       Auch die Königin wußte lediglich, daß es sich um

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