Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel. John Cleland
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Von Frances und der Reise nach Paris war keine Rede mehr.
„Maman — Sie sind gemein!!!“ Frances war zutiefst empört. Der Zufall hatte es ergeben, daß sie Augenzeuge des Schäferstündchens ihrer Mutter mit dem Herzog geworden war.
Über Fanny ergoß sich eine Flut hemmungsloser Anklagen. Ein wirres Gemisch kindlicher Begriffe von Anstand und Schicklichkeit, in das die Eifersucht des erwachenden Weibes hineinspielte. „Wie können Sie sich dem Herzog so an den Hals werfen! In einer Aufmachung, die mehr als eindeutig war!“
Frances’ Augen schossen Blitze. Zornbebend, mit geballten Fäusten, schleuderte sie ihrer Mutter — der Nebenbuhlerin — Unverschämtheiten ins Gesicht. Was Frances so erregte, war die Tatsache, daß der Herzog seine Gunst der Mutter geschenkt hatte. Und das offensichtlich bedingungslos! Sie kochte vor Eifersucht. Sie schrie und stampfte mit den Füßen. Dann warf sie sich über das Bett und schluchzte hemmungslos.
Fanny setzte sich neben sie und versuchte, sie zu trösten. Die aber stieß ihre Hand fort und krallte die Finger in die Kissen. Auch der Versuch, das Mädchen davon zu überzeugen, wie unsinnig ein Verhältnis zwischen ihr und einem Mann seines Alters wäre, erzeugte nur einen neuen Ausbruch der Verzweiflung.
„Sie muß sich aus weinen — abreagieren“, dachte Fanny, erhob sich und verließ das Zimmer. Schließlich war nichts „passiert“, noch beabsichtigte sie, sich jemals zu Intimitäten mit dem Herzog hinreißen zu lassen.
Kaum hatte Fanny ihr Zimmer erreicht, als Frances hereinstürmte und dramatisch verkündete: „Wenn Sie nicht sofort mit dem Herzog aufhören, tue ich mir etwas an!!“ Und mit Nachdruck, wenn auch leiser, setzte sie hinzu: „Oder ich verlasse das Haus auf der Stelle!“
Fanny beschwichtigte und versuchte, die von Furien der Liebe und Enttäuschung gehetzte Tochter zu sich auf den Diwan zu ziehen, um ihr in Ruhe auseinander zu setzen, daß nichts geschehen sei, was sie nicht selbst gesehen hätte. Aber das Mädchen riß sich los. Wut, ja Haß, verzerrte ihr Gesicht.
Fanny war nicht sicher, wie weit die Drohungen ihres Lieblingskindes zu Konsequenzen führen würden. Am ehesten glaubte sie, daß Frances versuchen würde, mit dem Herzog Verbindung aufzunehmen, um mit ihm „durchzubrennen“. Diese Annahme bewog sie, alles daran zu setzen, D*** zu betören, unbedingt für sich zu gewinnen. Sie sah darin die einzige Möglichkeit, das Kind vor einem Schicksal zu bewahren, das sie selbst hatte auf sich nehmen müssen. Wenn notwendig, würde sie vor keiner Konsequenz zurückschrecken, um ihr Ziel zu erreichen. Sie erwog sogar, sich notfalls von Frances überraschen zu lassen, um damit zu beweisen, wie sinnlos deren Gefühle für den Herzog wären.
Es war ein gewagtes Spiel, aber möglicherweise das einzige Mittel, um Frances vor Schlimmerem zu bewahren.
Mrs. Cole war mit diesem Vorhaben einverstanden. Sie fand Fannys Plan zwar kühn, aber akzeptabel.
Schon bald sollte sich eine Gelegenheit ergeben, ihn auszuführen.
Fanny saß vor ihrer Frisier-Toilette und kämmte ihr welliges, dunkles Haar. Sie war mit einem Morgenmantel bekleidet. Eine schmale Silberbordüre faßte die himmelblaue, lose fließende Seide ein. Ein leicht geknotetes Band schloß das Neglige in der Hüfte. Das durchsichtige Gewebe ließ die Haut ihres Körpers matt durchschimmern. Es betonte den Reiz der Nacktheit.
Strähne um Strähne zog sie den silberbeschlagenen Kamm durch die Lockenpracht, ließ sie über die Schultern fallen. In natürlichen Wellen floß das dichte Haar bis zur Sitzfläche des Sessels hinab.
Dann griff sie zu einem der vielen Fläschchen auf der
Frisiertoilette, kippte es ein-, zweimal und verrieb mit einem Tüchlein duftendes Wasser über Gesicht, Hals und Nacken. Sie griff zu einem anderen Flacon und tupfte Parfüm hinter die Ohrläppchen. Dann netzte sie die Achselhöhlen und die Innenseiten der Oberschenkel. Sie
entnahm einem zierlichen Porzellangefäß rosarote Creme und verstrich sie über Gesicht und Hände.
Als sie beginnen wollte, die Lippen mit einem langen Rougepinsel nachzuziehen, öffnete sich vorsichtig die Tür. Verschmitzt meldete Mrs. Cole den Herzog von D * * *. Ehe noch Fanny die Erlaubnis zu dessen Eintritt geben konnte, zwängte er sich zwischen der Cole und dem Türrahmen in das Boudoir und näherte sich Fanny mit einer tiefen Verbeugung. Mrs. Cole zwinkerte aufmunternd und zog die Tür behutsam hinter sich zu.
Mit einem gewinnenden Lächeln streckte Fanny dem Herzog die Hand hin, die er länger als schicklich mit den Lippen berührte. Dann trat er hinter sie und betrachtete ihr reizvolles Spiegelbild.
Seine Finger teilten ihr Haar, und verliebt küßte er ihren Nacken. Da Fanny sich nicht sträubte, wurde er kühner. Seine Lippen faßten ihr linkes Ohrläppchen. Zärtlich biß er hinein, um gleich darauf mit dem Mund bis zu ihrer Schulter hinabzugleiten. „Madame“, flüsterte er, „Ihr Parfüm ist berauschend . . .!“
Fanny war sich der Konsequenz ihres Verhaltens bewußt. Dennoch erschrak sie bei dem Gedanken an Charles. Sie betrog ihn — hinterging ihn schändlich. Doch auch er würde wohl in Canada kaum ein Mönchsleben führen . . . Die Liebkosungen des Mannes hinter ihr schwemmten jegliche Bedenken fort. Zu lange hatte sie Zärtlichkeit entbehren müssen. Eine unwillkürliche Bewegung gab die Schulter frei. Der Herzog preßte seine Lippen darauf, drückte dann sein Gesicht in ihr offenes Haar. Fanny lief ein wohliger Schauer über den Rücken.
Sie bog sich ein wenig nach hinten. Entblößt bot sich das reizvolle Doppelprofil ihrer Brüste dar. Des Herzogs Hände glitten hinunter, streichelten die dunklen Spitzen der beiden Hügel. Fannys Hände verkrampften sich in den Lehnen des Frisier-Sessels — ihre Knie zitterten.
Und dann fanden sich ihre Lippen. Der Herzog küßte herausfordernd — Fanny zahlte mit gleicher Münze zurück . . .
Der erste Rausch verflog. Fanny wollte auf begehren — aber das Gefühl der körperlichen Sehnsucht wurde übermächtig: sie drängte ihre Brüste gegen seine Handflächen.
Der Morgenmantel fiel von ihren Schultern. Sanft hob er sie aus dem Frisiersessel. Das Neglige glitt zu Boden — nackt lag sie in den Armen des Herzogs.
Ihre Sinne, ihr Körper waren in Aufruhr — sie forderten Hingabe.
Ihr Kuß wurde ungezähmt, drängend und wild. Ihre Zähne bissen in des Mannes Lippen, sogen sich daran fest.
Die Glut des Weibes in seinen Armen hatte auch den Herzog erfaßt. Seine Hände spürten den weichen Rundungen ihres Körpers nach — tasteten — umfaßten — nahmen Besitz. Mit fahrigen Bewegungen, die jedes einzeln und alles zuhauf begehrten.
Der Körper dieser schönen, jungen Frau, ihr Verlangen ließen den Kopf des kühlen Rechners und Intriganten zum Hohlraum werden, in dem die Geister der Sinnenlust Tänze vollführten. Urgewalten — verzehrendes Fieber — das Kreatürliche — all das wußte nur noch ein Ziel: Hingabe, die sich in einem Schrei der Lust, der Wonnen löst!
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