Das Gesetz der Vier. Edgar Wallace
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»Armer Jope!« sagte Manfred, ohne zu lächeln. »Aber jetzt wollen wir auf das Wetter achten, Leon. Vom Golf von Biskaya rückt ein Antizyklon heran. In Eastbourne spürt man seine wohltätigen Wirkungen schon. Wenn er sich in den nächsten drei Tagen wirklich nach London hin ausbreitet, können wir Mrs. Storr gute Nachricht bringen.«
»Das glaube ich auch«, stimmte Gonsalez zu. Sie gingen zu ihrer Wohnung in der Jermyn Street zurück. »Eine Möglichkeit, diesen Kerl einfach zu überfallen, gibt es wohl nicht?«
Manfred schüttelte den Kopf.
»Ich möchte noch nicht sterben«, sagte er, »und ich würde bestimmt mit meinem Lebensende rechnen müssen, denn Noah Stedland ist ein ungemütlich schneller und genauer Schütze.«
Manfreds Prophezeiung ging zwei Tage später in Erfüllung. Der Einfluß des Antizyklons dehnte sich über London aus, und ein dünner, gelber Schleier breitete sich über die Stadt. Am Nachmittag heiterte sich das Wetter auf, wie Manfred zufrieden feststellte. Doch schien es, als ob sich der Nebel nicht vor Einbruch der Nacht zerstreuen würde.
Mr. Stedlands Büro in der Regent Street war nur klein, aber sehr gut eingerichtet. Auf der Glastür stand unter seinem Namen das bedeutungsvolle Wort: Finanzier. Tatsächlich war Stedland auch als Geldverleiher ins Handelsregister eingetragen. Dieses Geschäft war sehr einträglich und vorteilhaft für ihn, denn was Stedland, der Geldverleiher, an Geheimnissen erfuhr, konnte der Erpresser Stedland ausnützen. Es war keine ungewöhnliche Erscheinung, daß Mr. Stedland Summen zu hohen Prozentsätzen auslieh, die zur Zahlung seiner eigenen erpresserischen Forderungen bestimmt waren. Auf diese Weise konnte er einen doppelten Druck auf seine Opfer ausüben.
Nachmittags meldete sein Clerk einen Besucher an.
»Ein Herr oder eine Dame?«
»Ein Herr«, erwiderte der Angestellte. »Ich glaube, er ist von der Molbury-Bank.«
»Kennen Sie ihn?«
»Nein, aber er kam schon gestern, als Sie fortgegangen waren, und fragte, ob Sie die Bankabrechnung bekommen hätten.«
Mr. Stedland nahm eine Zigarre aus der Kiste, die auf dem Tisch stand, und zündete sie an.
»Führen Sie ihn herein«, sagte er dann.
Er erwartete nichts Aufregenderes, als daß ihm der nichthonorierte Scheck eines seiner Kunden präsentiert würde.
Der Mann, der ins Zimmer trat, war offensichtlich in großer Erregung. Er schloß die Tür hinter sich zu und blieb dann stehen, während er nervös mit seinem Hut spielte.
»Nehmen Sie Platz«, sagte Stedland. »Nehmen Sie auch eine Zigarre, Mr. –«
»Curtis«, erwiderte der andere heiser. »Danke sehr, ich bin Nichtraucher.«
»Nun, was kann ich für Sie tun?«
»Ich möchte Sie kurz in einer privaten Angelegenheit sprechen.« Bei diesen Worten schaute er ängstlich auf die Glastür, die Mr. Stedlands Büro von dem kleinen Raum trennte, in dem seine Angestellten arbeiteten.
»Sie können ganz unbesorgt sein«, meinte Stedland belustigt. »Ich kann Ihnen dafür garantieren, daß die Scheidewand schallsicher ist. Was haben Sie denn für Sorgen?«
Er vermutete, daß der Mann in einer augenblicklichen Geldverlegenheit steckte, und ein Bankbeamter in solcher Lage konnte sehr nützlich für die Zukunft sein.
»Ich weiß kaum, wie ich anfangen soll, Mr. Stedland«, sagte der Mann und setzte sich schüchtern auf die Ecke eines Stuhles. Sein Gesicht zuckte nervös. »Es ist eine schreckliche Geschichte, einfach furchtbar.«
Stedland hatte schon oft von solchen furchtbaren Dingen gehört. Manchmal bedeuteten sie nicht mehr, als daß sein Besucher vom Gerichtsvollzieher bedroht und ängstlich bemüht war, seinen Arbeitgeber nichts davon erfahren zu lassen. Zuweilen waren die Geständnisse auch schwererer Art.
»Erzählen Sie mir nur alles«, sagte er aufmunternd. »Mich können Sie nicht so leicht aus der Fassung bringen!«
Diese Äußerung war jedoch ein wenig voreilig.
»Ich bin nicht meinetwegen so in Sorge, sondern wegen meines Bruders John Curtis, der seit zwanzig Jahren Kassierer bei der Bank ist«, erwiderte der Mann aufgeregt. »Ich hatte nicht die geringste Ahnung, daß er in Schwierigkeiten war, aber er hat an der Börse spekuliert und hat es mir erst heute gesagt. Es ist entsetzlich – ich fürchte, er wird sich das Leben nehmen. Er ist ganz zusammengebrochen.«
»Was hat er denn getan?« Stedland wurde ungeduldig.
»Er hat sich an den Geldern der Bank vergriffen, mein Herr«, sagte Curtis heiser. »Wäre das vor zwei Jahren passiert, so wäre es nicht so schlimm gewesen, aber gerade jetzt, wo die Geschäfte so schlecht gehen und wir uns die größte Mühe geben müssen, unsere Bilanz in Ordnung zu bringen ich darf nicht daran denken, welche Folgen das noch haben wird.«
»Wieviel hat er denn genommen?« fragte Stedland schnell.
»Hundertfünfzigtausend Pfund!«
Stedland sprang erregt auf.
»Hundertfünfzigtausend Pfund?« rief er ungläubig.
»Jawohl, mein Herr. Ich kam zu Ihnen, um Sie zu bitten, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Sie sind doch einer der besten Kunden der Bank, und man hält viel auf Sie!«
»Was, ich soll auch noch ein gutes Wort für ihn einlegen!« schrie Stedland. Aber plötzlich wurde er wieder ruhig. Er erfaßte die Situation sofort und überdachte die Möglichkeiten. Schnell schaute er auf die Uhr – es war Viertel vor drei.
»Weiß in der Bank schon jemand etwas davon?«
»Nein, noch niemand, aber es ist meine Pflicht, dem Generaldirektor die ganze traurige Geschichte zu erzählen. Nach Geschäftsschluss werde ich ihn bitten, mir eine Privatunterredung zu gewähren und dann –«
»Gehen Sie jetzt zur Bank zurück?«
»Ja«, sagte Curtis überrascht.
»Nun hören Sie einmal zu, mein Freund.« Stedlands Gesichtszüge waren hart und undurchdringlich geworden. Er nahm zwei Banknoten aus seiner Brieftasche. »Hier haben Sie zwei Fünfzigpfundnoten – nehmen Sie die und gehen Sie nach Hause.«
»Aber ich muß wieder zur Bank zurück – man wird sich wundern –«
»Das ist ganz gleich, ob man sich wundert. Sie haben doch genügend Entschuldigungsgründe, wenn die ganze Sache herauskommt. Wollen Sie tun, was ich Ihnen sage und jetzt sofort nach Hause gehen?«
Der Mann nahm die beiden Banknoten zögernd.
»Ich weiß nicht, was Sie –«
»Das hat nichts zu sagen, was ich unternehmen werde. Ich habe Ihnen das Geld gegeben, damit Sie den Mund halten und nach Hause gehen. Können Sie denn nicht verstehen?«
»Ja – ich verstehe.« Curtis schwankte mit unsicheren