Das Gesetz der Vier. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Das Gesetz der Vier - Edgar Wallace страница 9
»Nein. Das war eins der ersten Dinge, die ich nachprüfte. Das Tor nach draußen war nicht zugeschlossen und stand nur angelehnt. Es ist ja eigentlich kein festes Tor, sondern nur ein Eisengitter, wie Sie wohl bemerkt haben.«
»Fahren Sie nur fort«, sagte Mr. Fare und nickte.
»Der Professor beruhigte sich allmählich wieder. Ein paar Tage lang war er sehr still und nachdenklich. Ich glaube, sein Verhalten tat ihm leid. Am Montag – was haben wir heute? Donnerstag – ja, es war Montag, sagte er zu mir: ›John, wir wollen noch einmal über Stephen sprechen. Glaubst du, daß ich ihm Unrecht getan habe?‹ – ›Du warst sehr hart gegen ihn, Onkel‹, erwiderte ich. ›Ja, vielleicht war ich zu schroff. Miss Faber muß doch ein sehr anziehendes Mädchen sein, wenn Stephen ihretwegen auf sein Erbe verzichten will.‹ Auf diese Gelegenheit hatte ich gewartet, und ich versuchte nun mit allen Mitteln, meinen Onkel wieder für Stephen günstig zu stimmen. Schließlich gab der alte Mann nach und sandte Stephen ein Telegramm, in dem er ihn bat, gestern Abend noch einmal hierherzukommen. Der Professor muß schwer mit sich gekämpft haben, um seinen Widerstand gegen Miss Faber aufzugeben, denn wenn es sich um erbliche Belastung handelte, war er sonst ganz fanatisch und unbeugsam –«
»Was meinen Sie mit erblicher Belastung?« unterbrach ihn Manfred schnell. »Was stimmte denn bei Miss Faber nicht?«
»Ich weiß es nicht.« Mr. Munsey zuckte die Achseln. »Aber der Professor hatte gehört, daß ihr Vater in einem Trinkerheim gestorben sein soll. Meiner Meinung nach war das Gerücht vollständig haltlos.«
»Was geschah denn nun gestern Abend?« fragte Mr. Fare.
»Soviel ich weiß, kam Stephen zu der Unterredung. Ich hielt mich wohlweislich fern und schrieb in meinem eigenen Zimmer einige Briefe, die schon lange fällig waren. Ungefähr um halb zwölf kam ich herunter, aber der Professor war noch nicht in die Wohnung zurückgekommen. Von hier aus können Sie die Fenster des Laboratoriums sehen, und als ich bemerkte, daß drüben noch Licht brannte, dachte ich, die Unterredung hätte sich in die Länge gezogen. Ich hoffte, daß sich die beiden versöhnen würden, wollte nicht weiter stören und ging zu Bett. Es war früher, als ich mich gewöhnlich hinlege, aber es war nichts Besonderes daran, daß ich dem Professor nicht gute Nacht sagte.
Und heute morgen wurde ich um acht Uhr vom Hausmeister geweckt. Er sagte mir, daß der Professor nicht in seinem Zimmer sei. Auch das war nicht merkwürdig. Manchmal, wenn er spät im Laboratorium gearbeitet hatte, setzte er sich nur in seinen Armsessel und schlief dort, ohne sich auszukleiden. Ich habe ihm darüber Vorhaltungen gemacht, so oft ich nur konnte, aber er ließ sich in dieser Beziehung nichts sagen. Ich zog meinen Bademantel an und ging ins Laboratorium hinunter, das man auf dem Weg erreichen kann, den wir eben gegangen sind. Als ich eintrat, sah ich ihn auf dem Boden liegen und fand zu meinem Entsetzen, daß er tot war.«
»Stand die Tür zum Laboratorium offen?« fragte Gonsalez.
»Sie war angelehnt.«
»Und die Gartentür war auch angelehnt?«
Munsey nickte.
»Haben Sie nichts von einem Streit gehört?«
»Nichts.«
Es wurde draußen geklopft. Munsey ging zur Tür und öffnete.
»Es ist Stephen«, sagte er.
Gleich darauf trat der junge Mr. Tableman ein. Hinter ihm erschienen zwei Detektive. Sein Gesicht war blaß, und als er seinen Vetter mit einem schwachen Lächeln begrüßte, sah Manfred die außerordentlich starken Eckzähne. Die anderen Zähne waren von normaler Größe.
Stephen Tableman war von riesiger Körpergröße, und als Manfred seine großen Hände bemerkte, biß er sich nachdenklich auf die Lippen.
»Sie haben die traurige Nachricht erhalten, Mr. Tableman?«
»Ja«, sagte Stephen mit leise zitternder Stimme. »Kann ich meinen Vater sehen?«
»Gleich«, entgegnete Mr. Fare scharf. »Sie müssen mir erst ein paar Fragen beantworten. Wann haben Sie Ihren Vater zuletzt gesehen?«
»Ich habe ihn noch gestern Abend lebend getroffen«, erwiderte Stephen schnell. »Er hatte mich in das Laboratorium bestellt, und wir hatten eine lange Aussprache miteinander.«
»Wie lange waren Sie hier?«
»Ungefähr zwei Stunden, soweit ich mich besinnen kann.«
»Verlief die Unterredung friedlich und freundlich?«
»O ja, mein Vater war sehr lieb zu mir«, sagte Stephen mit besonderem Nachdruck. »Seit über einem Jahr« – er zögerte einen Augenblick –, »haben wir uns zum erstenmal ruhig über eine gewisse Angelegenheit unterhalten können.«
»Sie sprachen mit Ihrem Vater über Ihre Verlobte, Miss Faber?«
Stephen sah ihn ruhig an.
»Ja, wir sprachen über sie.«
»Haben Sie auch noch über anderes mit Ihrem Vater gesprochen?«
Stephen zögerte abermals.
»Wir haben auch über Geld gesprochen«, sagte er dann. »Mein Vater hatte die Summe, mit der er mich unterstützte, nicht weiter ausgezahlt, und ich war infolgedessen in einiger Verlegenheit. Ich hatte mein Konto bei der Bank überzogen, und er versprach mir, die Sache in Ordnung zu bringen. Auch haben wir uns über – die Zukunft unterhalten.«
»Kam dabei auch das Testament zur Sprache?«
»Ja, mein Vater sagte, daß er seinen Letzten Willen ändern wolle.« Bei diesen Worten sah er lächelnd zu Munsey hinüber. »Mein Vetter hat mich stets verteidigt und alles getan, was er für mich tun konnte. Ich kann ihm nicht dankbar genug sein, daß er in diesen traurigen Zeiten treu zu mir gehalten hat.«
»Haben Sie das Laboratorium durch den Seitenausgang verlassen?«
Stephen nickte.
»Und haben Sie die Tür geschlossen?«
»Mein Vater hat zugeschlossen. Ich kann mich deutlich darauf besinnen, daß ich das Schloß einschnappen hörte, als ich den Gartenweg entlangging.«
»Kann die Tür von außen geöffnet werden?«
»Ja. Es ist ein Schloß daran. Aber der einzige Schlüssel ist im Besitz meines Vaters. Das stimmt doch, John?«
Mr. Munsey nickte.
»Wenn Professor Tableman also die Tür schloß, konnte sie nur von jemand geöffnet werden, der selbst in dem Laboratorium war?«
Stephen schaute erstaunt auf.
»Ich verstehe die Bedeutung dieser Frage nicht ganz. Der Detektiv sagte mir, daß mein Vater tot aufgefunden wurde. Was war denn die Todesursache?«
»Ich nehme an, daß er erdrosselt wurde«, erklärte Mr. Fare ruhig.
Stephen trat entsetzt einen Schritt zurück.
»Erdrosselt?«