Das Gesetz der Vier. Edgar Wallace

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Das Gesetz der Vier - Edgar Wallace

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ergeben«, sagte Fare trocken. »Sie können jetzt gehen, Mr. Tableman.«

      Nach einem kleinen Zögern entfernte sich Stephen und ging in das Laboratorium. Nach einer Viertelstunde kam er totenbleich zurück.

      »Es ist zu schrecklich! Mein armer Vater!«

      »Soviel ich weiß, haben Sie Medizin studiert, Mr. Tableman? Ich glaube, Sie sind Assistenzarzt am Middlesex-Hospital«, sagte Mr. Fare. »Sind Sie auch der Meinung, daß Ihr Vater erdrosselt wurde?«

      Stephen nickte.

      »Es sieht so aus.« Das Sprechen fiel ihm schwer. »Ich konnte die Untersuchung nicht so objektiv durchführen, als wenn es ein Fremder gewesen wäre. Aber es sieht so aus.« –

      Manfred und Leon kehrten in ihre Wohnung zurück. Manfred konnte am besten nachdenken, wenn er in Bewegung war. Schweigend gingen sie nebeneinander her, jeder war in seine eigenen Gedanken vertieft.

      »Hast du die großen Eckzähne bemerkt?« fragte Leon nach einer Weile triumphierend.

      »Ich habe aber auch gesehen, daß Stephen Tableman offenbar sehr niedergeschlagen war«, erwiderte Manfred.

      Leon lachte leise vor sich hin.

      »Scheinbar hast du die wunderbare Monographie Mantegazzas über die ›Psychologie des Schmerzes‹ nicht gelesen«, sagte er ein wenig überheblich. Er konnte manchmal sehr mit seinem Wissen prunken. »Und ebensowenig kennst du wahrscheinlich die herrlichen Tabellen Mantegazzas über ›Synonyme Gesichtsausdrücke‹, sonst wäre dir klar, daß der Ausdruck des Schmerzes von dem der Reue nicht zu unterscheiden ist.«

      Manfred betrachtete seinen Freund mit einem ruhigen Lächeln.

      »Jeder, der dich nicht kennt, Leon, würde glauben, du seiest felsenfest davon überzeugt, daß Professor Tableman von seinem Sohn erdrosselt wurde.«

      »Nach einem heftigen Streit«, fügte Leon Gonsalez selbstgefällig hinzu.

      »Du hast das Laboratorium noch einmal besichtigt, nachdem der junge Tableman gegangen war. Hast du etwas entdeckt?«

      »Nicht mehr, als ich erwartete«, erwiderte Gonsalez. »Ich habe die gebräuchlichen Apparate zur Herstellung flüssiger Luft, die Behälter zu ihrer Aufbewahrung und die üblichen elektrischen Schmelztiegel gesehen. Ich gebe zu, daß meine Nachforschungen überflüssig waren, denn als ich in das Laboratorium kam und die Thermosflasche mit dem Wattebausch sah, wußte ich sofort, wie der Mord begangen wurde – denn es war natürlich Mord.« Plötzlich runzelte er die Stirn. »Santa Miranda«, rief er. Gonsalez fluchte gerne bei dieser nicht existierenden Heiligen. »Das habe ich ja ganz vergessen!«

      Er schaute die Straße hinauf und hinunter.

      »Dort ist ein Laden, von dem aus wir telefonieren können. Willst du mit mir kommen oder willst du hier auf mich warten?«

      »Ich bin sehr neugierig, was du zu fragen hast«, erwiderte Manfred.

      Sie traten zusammen in das Geschäft, und Gonsalez wählte sofort eine bestimmte Nummer am Apparat. Manfred fragte nicht, woher er sie wußte, denn auch er hatte sie an dem Telefon im Laboratorium des Professors bemerkt.

      »Sind Sie dort, Mr. Munsey?« fragte Gonsalez. »Sie wissen, wer ich bin? Ich habe eben Ihr Haus verlassen ... ich dachte mir schon, daß Sie mich an der Stimme wiedererkennen würden. Ich möchte Sie nur noch fragen, wo die Brille des Professors ist.«

      »Die Brille des Professors?« wiederholte Munsey nach einem kurzen Zögern. »Soviel ich weiß, trug er sie doch.«

      »Ich habe sie nicht bei ihm gesehen und auch nicht in seiner Nähe. Würden Sie so freundlich sein, einmal nachzusehen, ob sie in seinem Zimmer ist? Ich werde solange am Apparat warten.«

      Gonsalez summte eine Melodie aus der Operette »El Perro Chico«, die vor einigen Jahrzehnten oft in Madrid gespielt wurde. Aber plötzlich war er still und lauschte aufmerksam.

      »In dem Schlafzimmer des Professors? Ich danke Ihnen vielmals.«

      Er hängte den Hörer an. Manfred erhielt keine weitere Erklärung, er erwartete sie auch gar nicht, denn Leon liebte es immer, sich in Geheimnisse einzuhüllen.

      »Die großen Eckzähne!« sagte er noch einmal. Sie schienen ihm viel Spaß zu machen.

      Als Gonsalez am nächsten Morgen zum Frühstück kam, teilte ihm der Kellner mit, daß Manfred schon zeitig ausgegangen war. Zehn Minuten, nachdem Leon sein Frühstück begonnen hatte, kam George zurück.

      Leon Gonsalez schaute auf.

      »Du machst mir Sorge, wenn dein Gesicht wie eine Maske aussieht. Ich weiß dann niemals, ob du in besonders froher oder besonders trauriger Stimmung bist.«

      »Halb und halb«, erwiderte Manfred, während er am Tisch Platz nahm. »Ich war in der Fleet Street und habe die Berichte der Sportzeitungen durchgesehen.«

      »Wie kommst du denn auf diese Idee?« Gonsalez sah ihn erstaunt an.

      »Zufällig traf ich auch Mr. Fare. Er erzählte mir, daß keine Spur von Gift in dem Körper des Toten gefunden wurde. Die Polizei wird Stephen Tableman heute verhaften.«

      »Das fürchtete ich«, sagte Gonsalez ernst. »Aber warum hast du die Sportzeitungen durchgesehen?«

      Manfred beantwortete die Frage nicht, sondern erzählte weiter.

      »Fare ist davon überzeugt, daß der Mord von Stephen Tableman begangen wurde. Er nimmt an, daß die beiden eine heftige Auseinandersetzung hatten, daß Stephen seine Selbstbeherrschung verlor und seinen Vater erwürgte. Scheinbar ergab die Untersuchung der Leiche, daß die Kehle des Professors mit außerordentlicher Gewalt zugedrückt wurde. Alle Blutgefäße am Hals sind zusammengepreßt. Fare sagte mir auch, daß die Ärzte zuerst Vergiftung annahmen. Aber es wurde nicht, die geringste Spur von Gift entdeckt. Die Ärzte erklären, daß ein Gift, das den Tod unter derartigen Symptomen hervorruft, bisher vollständig unbekannt ist. Stephen Tableman ist schwer belastet, weil er sich in den letzten Monaten intensiv mit dem Studium geheimer Gifte beschäftigt hat.«

      Gonsalez lehnte sich in seinen Stuhl zurück und steckte die Hände in die Taschen.

      »Ob er nun diesen Mord begangen hat oder nicht«, sagte er nach einer Weile, »sicher wird er früher oder später zum Mörder werden. Ich erinnere mich an einen Arzt in Barcelona, der die gleichen Zähne hatte. Er war ein guter Christ, ein allgemein bekannter Mann, Junggeselle, hatte viel Geld. Es lag für ihn nicht der geringste Grund vor, zu morden, und doch beging er dieses Verbrechen. Er tötete einen Kollegen, der ihm drohte, einen Irrtum aufzudecken, den er bei einer Operation gemacht hatte. Ich kann dir nur sagen, George, wenn ein Mann solche Zähne hat –« Er machte eine Pause und legte die Stirn in Falten. »Ich werde Fare um die Erlaubnis bitten, daß ich einige Stunden allein in Tablemans Laboratorium zubringen darf.«

      »Warum denn?« begann Manfred, aber er unterbrach sich selbst. »Aber du wirst natürlich schon Grund dafür haben, Leon. Im allgemeinen fällt es mir ja nicht schwer, solche Rätsel zu lösen, aber diesmal bin ich doch etwas verwirrt. Ich glaube übrigens, daß du das Geheimnis bereits erraten hast. Nur sind gewisse Nebenumstände bei diesem Verbrechen außerordentlich verblüffend. Warum hat der alte Mann zum Beispiel die dicken Handschuhe angehabt?«

      Gonsalez

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