Yasmin liebt. Theresia Maria Wuttke

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Yasmin liebt - Theresia Maria Wuttke

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erlauben

       sich den Wellen hinzugeben.

       Alles kommt,

       alles geht,

       nichts bleibt,

       alles ist.“

      Zugvögel

       Wir sind wie die Zugvögel zu fernen Zielen unterwegs, die Route kennt unser Herz allein. Unser Kompass sind die Träume, die uns fernab unserer Vorstellungen die Tür zu unserer Sehnsucht öffnen.

      Yasmin ging freudig ihrem Studium nach und ihr Tag war randvoll mit Alltagsereignissen, die scheinbar bedeutungslos waren. Da entdeckte sie über ihrem Hausstein ein Rotschwänzchen, das ein Nest baute. Die Vögel wissen immer, was zu tun ist. Folge ich meinen Träumen? Mache ich es wie die Zugvögel oder wie das Rotschwänzchen?

      Diese Fragen bewegten sie, und sie nahm sie mit in eine traumlose Nacht.

      3. Meine Träume leben

      Der frühe Morgen tauchte alles in ein neues Licht, während die Kraft der Sonne den aufgebrochenen Boden wärmte. Blüten tanzten durch die Luft und ein süßer Duft umspielte Yasmins Nase, während sie den ersten Kaffee wohlig warm in ihrer Mundhöhle aufnahm und seinem Aroma genussvoll mit Nase und Mund erlaubte, sich auszubreiten. Kostbares Leben, wie einfach … selbst der Kaffee zeigte sich als Liebhaber, der es verstand, sie mit seinem Duft und Geschmack zu verführen.

      Da war sie schon in Gedanken bei Enrico und sein Geruch stieg in ihre Nase. Erinnerungen wurden wach und Yasmin rief in die Weite des neuen Morgens seinen Namen. — Doch es blieb still, nur das Rotschwänzchen ging seiner Arbeit nach. Die Vögel bauten Nester, das war doch der Impuls, mit dem sie in ihre traumlose Nacht gegangen war.

      Mit einer schnellen Bewegung stellte sie die Kaffeetasse hart auf die Spüle. Irgendetwas war in ihr ins Fühlen geraten, dem sie sich gerade gar nicht widmen wollte.

      Ihre Sehnsucht aber blieb, Sehnsucht wonach, was genau war es denn? Was also bewegte sich da drinnen und nannte seinen Namen nicht?

      Eine Rose ist eine Rose

       "Liebe Yasmin,

       Du Sternengeborene, wonach suchst Du? Ist es die Rose, die Du Dir vertraut gemacht hast, wie der kleine Prinz, und sehnst Du Dich nach ihr?

       Keine Rose ist so schön wie Deine, niemand weiß um sie, nur Dein Herz. Die Straße auf der Du sie erreichen kannst, führt über die Brücke zu den Sternen. Die Rose weiß um Dich, sie wächst und blüht und sendet ihren Duft zu Dir auf die Erde.

       Achte auf Dich und lebe Deine Träume, sie sind unendlich kostbar. Wie Deine Rose, sind sie nicht sichtbar. Wenn Du aber jeden Tag Deine Träume fühlst, in ihnen vor Freude badest, werden sie wahr.

       So nimmst Du die Brücke über die Zeit, wo am anderen Ende Deine Rose wartet, denn niemand kennt und liebt Dich so sehr wie sie.

       Nur noch wenige Tage trennen uns und bis dahin sende ich Dir abends das Licht der Sterne und am lichten Tag die wärmenden Strahlen der Sonne.

       Eine Rose ist eine Rose.

       Enrico"

      Glaube nicht, Du kannst den Lauf der Liebe lenken

      Die Tage vergingen und in Yasmin hatte sich ein wunderbares Gefühl ausgebreitet, das sie in allem was sie war, umhüllte. Dieser Mann sprach mit mir in einer poetischen Sprache, die nicht der Übersetzung bedurfte. Wie sehr erfüllte sie diese Liebe, gab es etwas Größeres, Schöneres?

      Doch irgendetwas nagte in ihrer Seele. Dieses Gefühl, das sie neulich aufgeschreckt hatte, war wieder da. Was soll das, ich versteh mich selbst nicht?

      Die Vögel über ihrem Hausstein hatten das Brüten begonnen. Emsig flog der Vogelvater um Futter für das brütende Weibchen zu holen. Plötzlich war ein wilder Schmerz in ihr und Tränen rannen über ihr Gesicht, ein herzzerreißendes Schluchzen brach sich Bahn und ihr Körper zitterte vor Erregung: „Ich will ein Kind, ein Kind vom Mann meines Herzens!“ Nichts auf der Welt war ferner als diese Möglichkeit.

      Da gab es schon Kinder im Leben Enricos, die so alt waren wie sie selbst. Ohne ein Wort hatte er sie wissen lassen, dass diese Träume unerfüllt bleiben würden.

      Ihr Blick fiel auf ihr Lieblingsbuch, von Khalil Gibran, scheinbar zufällig schlug sie folgenden Text auf:

      Von der Liebe …

       Wenn die Liebe Dir winkt, dann folge ihr,

       sind ihre Wege auch schwer und steil.

       Und wenn ihre Flügel Dich umhüllen, gib Dich ihr hin,

       auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert Dich

       verwunden kann.

       Und wenn sie zu Dir spricht, glaube an sie,

       auch wenn ihre Stimme Deine Träume zerschmettern kann wie der Nordwind den Garten verwüstet.

       Denn so, wie die Liebe Dich krönt, kreuzigt sie Dich.

       So wie sie Dich wachsen lässt, beschneidet sie Dich.

       So wie sie emporsteigt zu Deinen Höhen und die zartesten Zweige liebkost, die in der Sonne zittern,

       steigt sie hinab zu Deinen Wurzeln und erschüttert sie in ihrer Erdgebundenheit.

       All dies wird die Liebe mit Dir machen,

       damit Du die Geheimnisse Deines Herzens kennenlernst und in diesem Wissen ein Teil vom Herzen des Lebens wirst.

       Aber wenn Du in Deiner Angst nur die Ruhe und die Lust der

       Liebe suchst,

       dann ist es besser für Dich, Deine Nacktheit zu bedecken und vom Dreschboden der Liebe zu gehen,

       in die Welt ohne Jahreszeiten,

       wo Du lachen wirst, aber nicht Dein ganzes Lachen,

       und weinen, aber nicht all Deine Tränen.

       Liebe gibt nichts als sich selbst und nimmt nichts als von sich selbst.

      

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