Schwester des Mondes - Teil meines Lebens. Sorella Di Luna

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Schwester des Mondes - Teil meines Lebens - Sorella Di Luna

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Aidan hat eine große Schuld auf sich geladen, nehme jetzt nicht einfach seine Schuld auf Deine Schultern, sondern lasse ihn seine Schuld alleine tragen, lasse es seine gerechte Strafe bleiben!“

      Lunas Drang, zu helfen und zu lieben war immer stark, oft mächtiger, als sie selbst. Er war früher über lange Jahre übermenschlich groß. Ein tiefer, oft peinigender innerer Druck, der immer wieder erfüllt, befriedigt werden musste, sonst hätte Luna ihm irgendwann nicht mehr standhalten können. Ihre Kindheit bestand aus der Adaption von Heldentum, Unverletzlichkeit, Unerreichbarkeit. Nur so konnte sie alles, aber auch alles für andere geben und sich selbst dabei vergessen. Es ist eine naive Ansicht der Dinge, die, das weiß sie, auch heute noch in ihr steckt, allerdings dort völlig abgeschottet ist. Sie weiß nicht, ob sie es jemals wiederfinden kann, jemals wiederfinden WILL! Und Lunas Gedanken wandern weiter zurück, zurück zu der Zeit, als ihr die Sicherheit ihres Elternhauses, die Geborgenheit, die sie daraus schöpfte, für immer genommen wurde, genommen durch ihren eigenen Bruder, er hat sie seiner Schwester genommen, der gewählte Name Sorella (Schwester) kommt jetzt wieder bitter in Lunas Bewusstsein.

       Luna war damals erst neun Jahre alt und sexuell noch völlig naiv und unaufgeklärt. Es war an einem späten Nachmittag im Herbst, kurz nachdem die Eltern weggegangen waren. Wohin, weiß Luna heute nicht mehr. Damals war es, dass ihr Bruder auf die Idee kam, den Krimi nach zuspielen, den sie neulich abends, zusammen mit den Eltern, angeschaut hatten. Den, in dem Luna jetzt eine nackte Leiche spielen muss. Eine Matratze vom Bett wurde auf den Boden gelegt. Deren Kühle und das Kratzen des Reißverschlusses hat Luna auch später immer wieder an sich spüren müssen. Sie weiß noch, dass sie versucht hat, sich nicht zu bewegen. Zum einen, weil sie eine Leiche war, zum anderen, weil all das etwas mit ihr machte, was sie in keiner Form einordnen konnte. Die unterdrückten Stöhngeräusche sind auch heute noch für Luna eine einzige akustische Qual.

       Auch erinnert sie sich noch an eine Fahrt in den Urlaub mit den Eltern. Sie hat während dieser Fahrten schon immer auf der Rückbank liegend geschlafen, den Kopf im Schoß ihres Bruders. Nur in diesem Jahr wurde es anders. Jetzt griff er unter ihr T-Shirt, fasste sie dort an und drückt ihr seinen Daumen in den Mund. Damals fühlte Luna, dass auch ihre Eltern sie nicht davor schützen könnten, dass sie schutzlos ist, auf sich alleine gestellt.

      Also bleibt die Schuld. Ihrem Bruder gegenüber, ihren Eltern gegenüber. Und vor allem: sich selbst gegenüber. Denn sie hat all das mit sich machen lassen. Hat ihn gewähren lassen, vier Jahre lang. Sie war mit dabei, hat mitgespielt, hat sich hingegeben für ihn. Um ihre Liebe zu ihm zu erhalten. Ihre bedingungslose Liebe. Ihre Zuwendung, ihren Glauben.

      So viele Geschichten, so viele Episoden, so viele unerkannte Gefühle, die Luna heimsuchen. Hoffentlich werden einige sie verstehen, um zu erkennen, worum es wirklich geht, was im Leben wichtig ist, was richtig ist und was falsch ist.

      „Lieber Gott, mein Babaji, hilf mir dabei!“ sagt Luna vor sich hin. Und sie betet, was sie sehr selten tut…

      Giorgio bittet den Leser:… achte nicht auf die erklärenden Ausführungen des Autors, lausche vielmehr dem leisen, sehnsüchtigen Rufen der Protagonisten, die durch das dunkle Dickicht ihres Geschickes irren.“

       D.H. Lawrence

      Prolog

      „Der Kampf zwischen Herz und Verstand hält ewig an, doch beide wollen nur schützen was man liebt. Das Herz tut das unmittelbar, ohne zu fragen, es braucht keine Argumente. Der Verstand hingegen, sucht den vermeintlich besten Weg.“

       Dennis Bardutzky

       Tagebuch von Luna: Mittwoch, 16. Januar 2008

      „Da fällt mir noch ein...Giorgio hat sich wohl gefragt, warum ich so offen ihm gegenüber bin? Das ist eine Frage, die kann ich auch nicht so einfach beant-worten. Ich denke es ist so, wenn ich für jemanden ein Gefühl entwickle, wenn Worte mich berühren, da, wo sie es sollen, wenn mir mein Instinkt, mein Bauchgefühl sagt: schreib einfach, du kannst nichts falsch machen. Wenn ich bei allem, was ich in diese Person hinein “empathiere“ ein gutes und behütetes Gefühl habe, dann hoffe ich, dass ich richtig handle...“

      Herbst 1979

      „Mein lieber Bruder, ich habe eine Frage an Dich:

      Weißt Du, was Du mir angetan hast? Weißt Du, dass meine Augen seitdem nervös zucken, dass ich dauernd Magenschmerzen habe?

      Weißt Du warum ich mir meine schönen langen Haare abschneiden ließ?

      Nein, Du weißt es nicht!

      Denn ich kann es in Deinen Augen nicht sehen. Kann es nicht fühlen in Dir. Ich habe Dir völlig vertraut, habe Dich geschützt, habe immer wieder Dinge für Dich hingenommen. Ich habe Dich behütet, nicht Du mich, wie es sich für einen älteren Bruder gehört. Was machst Du mit mir? Ich kenne das nicht, es verunsichert mich, aber ich lasse es zu, weil ich Dir doch vertraue! Du wirst mir niemals etwas Böses antun wollen, das ist mein fester Glaube. Du bist mir so nah, doch jetzt gerade viel zu nah. Ich schließe am besten meine Augen, damit ich Dir nicht ins Gesicht sehen muss. Es wird alles so richtig sein, denn ich vertraue Dir!

      Ich bin jetzt zwar schon in der dritten Klasse, aber ich kenne das nicht, was Du mit mir machst. Auch Du bist doch für mich auch noch wie ein Kind, obwohl Du schon in der siebten Klasse bist! Und ich glaube, ich soll, nein, ich darf es niemandem erzählen, denn es fühlt sich falsch an. Du bist doch mein Bruder! Du wohnst doch unter einem Dach mit uns allen!

      Ich kann Dir doch vertrauen? Ja, ich kann Dir vertrauen. Trotzdem wäre ich viel lieber ein Junge... Warum sind Mama und Papa nie da, nie in der Nähe, wenn es geschieht? Niemand ist in der Nähe, der mir helfen könnte. Aber ich lasse es zu, denn ich vertraue Dir so sehr...über vier lange Jahre...“

      Acht Jahre später schreibt Luna in ihr Tagebuch:

      Aidan, ich wollte nicht, dass Du so tief in mich eindringst. Ich sagte Dir „Nein, ich will das nicht“. Ich wollte nichts, gar nichts. Du hast meine Naivität brutal missbraucht, mich vergewaltigt und meinen Körper benutzt. Ich habe Dich immer wieder weggestoßen, weggedrückt. Ich habe es nicht geschafft. In mir arbeitest Du, wühlst Du, schmerzt Du. Ich weine vor Schmerzen, lasse es Dich aber nicht wirklich sehen, weil es mir meinen letzten Halt nehmen würde. Ich habe Angst vor Deinem Jähzorn, Deinen Ausbrüchen. Habe Angst, wieder einmal Schläge einstecken zu müssen, noch mehr erniedrigt und misshandelt zu werden.

      Danach hatte ich Angst vor der Schwangerschaft und all den Konsequenzen daraus. Ich wollte niemals ein Kind von Dir haben, wollte niemals, dass Du in mich ein­dringst. Nicht in meinen Körper, ich hatte am Anfang gehofft, vielleicht irgendwann in mein Herz. Aber mein Herz oder gar meine Seele haben Dich nie interessiert, im Gegenteil, Du hast mein Herz nie berührt und mir meine Seele immer noch mehr vergiftet, Du hast mich immer mehr erniedrigt, mich misshandelt, mir alle meine noch verbliebenen Werte geraubt.

      Mehr als drei lange Jahre habe ich es über mich ergehen lassen. Ich hatte nicht die Kraft zu gehen. Angst vor Dir, der Trotz meinen Eltern gegenüber, und der Missbrauch durch meinen Bruder, sie hatten mir die Kraft dazu geraubt - ich wollte es so oft, aber ich habe es nicht aus eigener Kraft geschafft.

      Nun, Du hast mir dann endlich diese Entscheidung abgenommen, als Du verschwunden bist - es ist das Einzige, wofür ich Dir in meinem Leben dankbar bin... Wer bin ich jetzt?

      Ich habe danach

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