100 Best Practice-Tipps für eine noch bessere Praxisorganisation. Klaus-Dieter Thill
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(1) Praxisinterne Voraussetzung
Beschwerden dürfen innerhalb Ihres Teams nicht emotionalisiert werden. Im Vordergrund muss zunächst immer die Wiederherstellung der Patientenzufriedenheit stehen, danach die Beseitigung des Beschwerdegrundes. Grundsätzlich handelt niemand in Ihrer Praxis bewusst fahrlässig oder mutwillig, deshalb sollten Sie den Beschwerdegründen ruhig und objektiv begegnen.
(2) Beschwerdestimulierung
Nur etwa 2% aller Praxisbesucher beschweren sich von sich aus bei Ärgernissen. Aufgrund des hohen Nutzens von Beschwerden für Ihr Qualitätsmanagement sollten Sie deshalb Ihre Patienten auf die Möglichkeit einer Beschwerdeführung direkt hinweisen. Das können Sie durch einen gezielten Verweis in Ihrer Praxisbroschüre tun, besser noch mit Hilfe eines Formulars, das Sie z. B. im Wartezimmer auslegen und auf dem Patienten anonym den Anlass ihres Ärgers aufschreiben können. Das Formular wird anschließend in eine an einem diskreten Ort aufgestellte „Beschwerde-Box“ eingeworfen. Natürlich können Sie auch in Ihren regelmäßigen Patientenzufriedenheits-Untersuchungen mittels Freitext-Rubrik („Gab es Dinge, über die Sie sich besonders geärgert haben?“) Beschwerdegründe erfassen.
(3) Beschwerdeannahmen
Nehmen Sie persönliche Beschwerden von Patienten zunächst entgegen, ohne diese bei ihrer Darstellung der Sachverhalte zu unterbrechen. Wichtig ist, dass der Gesprächspartner eine Möglichkeit erhält, seinen Ärger loszuwerden, denn erst dann hat er ein Ohr für Ihre eventuelle Gegenargumentation. Fördern Sie die Beschwerdeschilderung mit kurzen Kommentaren wie „Ja, ich verstehe.“ Oder „Das ist wirklich ärgerlich“.
Vermeiden Sie, den geschilderten Vorgang zu bewerten und entschuldigen Sie sich auch nicht voreilig.
Vermeiden Sie, dass es zu einer Eskalation oder einem Streit kommt.
(4) Beschwerdebearbeitung
Versuchen Sie durch Nachfragen, den Beschwerdegrund möglichst detailliert zu präzisieren.
Hat der Patient das Ärgernis selbst verschuldet, erklären Sie ihm freundlich aber direkt, wie es zu dem Problem kam.
Haben Sie selbst den Fehler zu vertreten, entschuldigen Sie sich. Liegt der Fehler bei ihrer Praxis, ist aber die Ursache nicht genau einzugrenzen, bieten Sie dem Patienten eine Klärung des Sachverhalts an. Machen Sie eine genaue Angabe, bis wann und auf welchem Weg die Patienten mit einer Information hierzu rechnen können.
Drücken Sie zum Abschluss des Gesprächs nochmals Ihr Bedauern aus und bieten Sie eine konkrete Lösung an. („Ihr Termin ist uns einfach durchgegangen. Ich sehe gleich einmal nach, was ich organisatorisch ändern kann, um Ihnen schnell eine Alternative für diese bedauerliche Panne anzubieten. Wie wäre es mit dem...?“).
- Kontinuierliche Verbesserung
Sammeln Sie alle Beschwerden und besprechen Sie sie im Team. So können die ermittelten Beschwerdeanlässe bewusst und gezielt vermieden werden.
Tipp 7: Seien Sie selbstkritisch: Ist Ihr Verhalten vielleicht das Organisationsproblem?
„Zügige Bearbeitung des Schriftverkehrs durch die Ärzte = weniger Nachfragen der Patienten = Zeitersparnis!“
„Größere Pünktlichkeit der Ärzte = Einhaltung der Patiententermine!“
„Im Kontakt mit den Patienten deren Anfragen direkt klären und nicht erst die Klärung über die Arzthelferinnen ausführen lassen = kein Blockieren der Arbeitsabläufe!“
Diese Ausführungen einer Medizinischen Fachangestellten, die in einer großen allgemeinärztlich tätigen Praxis arbeitet, zeigen ein Dilemma, auf das man in Arztpraxen jeglicher Größe treffen kann: das ärztliche Zeit- und Aktivitäts-Management ist nicht oder zu wenig auf die Ablauforganisation abgestimmt. Die Mediziner agieren selbstzentriert, das Personal muss die durch die Chefs angestoßenen Prozesse ausführen, die aber mit den Zentral-Abläufen kollidieren. Mit fortschreitender Sprechstunden-Dauer gerät die gesamte Praxisorganisation immer mehr in ein Defizit, das in unzufriedenen Patienten, Stress, kleinen Streitigkeiten, zunehmender Gereiztheit und Überstunden seinen Ausdruck findet. Doch das muss nicht sein! Best Practice-Organisation ist immer eine Symbiose aus strukturiertem ärztlichem Zeit- bzw. Selbstmanagement und den grundlegenden Arbeitsprozessen. Gut funktionierende Praxisbetriebe leben vor allem von koordiniert handelnden Team-Playern. Dazu zählen auch die Ärzte.
Tipp 8: Überwindung der persönlichen Optimierungs-Abstinenz
Neben einem zu wenig mit den Praxisabläufen koordinierten ärztlichen Zeitmanagement ist unter Praxisinhabern auch immer wieder eine grundsätzliche Zurückhaltung bei der Beschäftigung mit organisatorischen Problemen zu beobachten. Zehn Hauptgründe führen - isoliert oder kombiniert - hierzu . Aber erst ihre Überwindung ermöglicht eine unbefangene und offene Beschäftigung mit dem Thema:
(1) Externe Beeinflussung: Organisations-Defizite werden als Probleme angesehen, die hauptsächlich durch Patienten und Administrations-Vorschriften verursacht werden. Praxisteams halten ihre Abläufe für richtig, sie greifen nur nicht - so die Meinung -, weil die Patienten sich nicht an die Organisations-Leitlinien der Praxen halten und die formalen Anforderungen, z. B. Dokumentationen, stetig zunehmen.
(2) Zwei-Welten-Phänomen: Ärzte und Medizinische Fachangestellte haben aufgrund ihrer Arbeitsgebiete unterschiedliche Sichtweisen der Organisation. Solange Patienten sich nicht beschweren, sehen Praxisinhaber keinen Anlass für ein Überdenken des organisatorischen Gefüges.
(3) Bereits erwähnt: die Suche nach der "großen Lösung“. Wird die Praxisorganisation als verbesserungsbedürftig erkannt, suchen Praxisteams oft nach besonders auffälligen Aspekten, die die Abläufe in größerem Umfang beeinträchtigen. Doch die existieren häufig nicht. Vielmehr führt die Summe einer Vielzahl kleinerer Fehler zu den Problemen. Schon die Neuorganisation des Empfangsprozederes für Patienten, mit der z. B. pro Stunde zehn Minuten eingespart werden, erbringt bei einem Acht-Stunden-Tag eine Gesamteinsparung von über einer Stunde.
(4) Denkfalle Qualitätsmanagement: die Analyse und Dokumentation von Prozessen sowie die Erstellung von zugehörigen Checklisten bilden ein Kernstück des Qualitätsmanagements. Manche Praxisteams gehen davon aus, dass hierdurch bereits eine Optimierung erzielt wird. Doch häufig weichen Dokumentation und Umsetzung deutlich voneinander ab.
(5) Angst vor Veränderungen und den Konsequenzen: einer der häufigsten Organisationsfehler ist das "Einschieben" unangemeldeter Patienten, die kein Notfall sind, in ein Termin-Bestellsystem. Diese Praktik beruht auf der Angst, Patienten bei Nichtannahme zu verlieren. Dass mit jedem eingeschobenen Patienten Terminpatienten durch die verlängerten Wartezeiten verärgert werden, wird dabei nicht gesehen. Hinzu kommt die Angst, etablierte und überschaubare Routinen aufgeben zu müssen.
(6) Fehlende Methodenkenntnis: leiden Praxisteams aktiv unter organisatorisch bedingten Problemen, wird oft nichts unternommen, da Ärzte und Mitarbeiterinnen nicht wissen, wie sie die Problemursachen detailliert