PORNO. grg grrgrg

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Energie verfügte.

      Die andere Möglichkeit bedeutete aber, dass sie nach London gereist war, denn Angehörige besaß sie im ganzen Land nicht mehr, das hatte er feststellen können. Ihm schauderte bei dem Gedanken, was aus einer vornehmen jungen Dame werden konnte, die in der wüsten Hauptstadt ohne Geld auf sich alleine gestellt war.

      Aber vielleicht wusste der Familienanwalt etwas? Die Übertragung von Norwood Abbey hatte zwar brieflich stattgefunden, aber er hatte ja die Adresse.

      Er klingelte und bat den eintretenden Diener, Mr. Rathesom zu ihm zu schicken.

      James Rathesom, sein junger Sekretär, trat nur wenige Momente später ein und verbeugte sich ehrerbietig.

      „James, setzen Sie sich bitte mit dem Anwalt Northburys in Verbindung und erfragen Sie, ob er etwas über den Verbleib von Lady Helen Norwood aussagen kann. Sie dürfen gerne andeuten, dass wir der Lady in ihrer prekären Lage behilflich sein wollen – in allen Ehren natürlich.“ Er grinste dem Sekretär etwas schief zu, und dieser lächelte zurück, dann nickte er. „Ich werde mich unverzüglich darum kümmern. Haben Sie sonst noch einen Auftrag für mich, Sir?“

      8

      Miss Linhart hatte nun tatsächlich erlaubt, dass Helen, so schlicht wie möglich gekleidet, ganz alleine die fertigen Borten zu Madame Angélique bringen durfte.

      So schlicht wie möglich?, überlegte Helen, als sie sich auf den Weg machte, ein Dienstmädchenhäubchen auf dem Kopf. Sie hatte doch ohnehin nur vier Kleider aus Norwood Abbey mitgenommen, denn mehr hatte sie ja nicht besessen. Und alle vier waren mehr oder weniger abgetragen, gewendet, in mühsamer Kleinarbeit aufgearbeitet und aufgeputzt. Das Blaue sogar mit einem Stück Vorhangschnur, das sie auf dem Norwoodschen Dachboden gefunden hatte…

      Die Straßen wurden zusehends belebter und Helen sah sich, das Päckchen mit den Borten fest unter den Arm geklemmt, eifrig um, während sie munter ausschritt. Die vielen Wagen! Die kostbaren Pferde! Und die vielen Menschen, so gut gekleidet!

      Nun, nicht alle – manche wirkten schon sehr elend, in zerlumpter Kleidung, manche Frauen ausgezehrt und mit mitleiderregenden Säuglingen im Arm, die andere Hand bettelnd ausgestreckt. Sie hatte gar kein Geld dabei, sonst hätte bestimmt jeder dieser Frauen etwas gegeben damit sie sich und ihren unglücklichen Kindern etwas Nahrhaftes kaufen konnten.

      Die Kontraste in London übertrafen die auf dem Land bei weitem, stellte sie fest. Auf Norwood ging es allen nicht so besonders, weil ihr Vater nichts in den Besitz stecken wollte, aber den Armen ging es besser als in London und die Herrschaft lebte nicht annähernd so gut wie zum Beispiel die ältere Dame, die gerade, reich gekleidet, aus dem glänzenden Landauer mit den zwei edlen Füchsen davor stieg, von einer Zofe fürsorglich gestützt.

      Alleine schon das reich bestickte Retikül, das sie lässig in ihrer freien Hand hielt! Bestimmt war das kostbarste Seide!

      In diesem Moment rannte ein schmutziger Knirps die Straße entlang, schlüpfte zwischen der Dame und ihrer Zofe hindurch, riss dabei das Retikül an sich und hastete davon, direkt auf Helen zu.

      Die packte ihn instinktiv am Kragen und schüttelte ihn. Als sie das spitze, graue Gesichtchen sah, das verzweifelt zu ihr aufsah, packte sie das Mitleid. Sie nahm ihm seine Beute ab und zischte: „Lauf, was du kannst! Oder willst du gehängt werden?“

      „Auch nich schlimmer als Verhungern“, antwortete er und jagte davon. Helen ging, das Retikül in der ausgestreckten Hand, auf die Dame zu, die immer noch verdutzt am Straßenrand stand, und hielt ihr das Täschchen hin.

      „Hier, bitte, Mylady. Ihr Retikül.“

      „Danke“, antwortete die Dame. „Aber warum hast du den Dieb nicht festgehalten, Mädchen? Wir hätten ihn einem Konstabler übergeben sollen.“

      „Vielleicht, Mylady, aber er war vielleicht fünf Jahre alt und halb verhungert. Ist das nicht etwas zu jung, um am Galgen zu enden?“

      Die Dame, die um die sechzig sein mochte, nickte. „Du bist ein kluges Kind, Mädchen. Wie heißt du denn?“

      Helen, die sich schon ganz in ihre Dienstbotenrolle eingelebt hatte, knickste ehrerbietig. „Helen Norwood, zu dienen, Mylady.“

      „Und wie alt?“

      „Dreiundzwanzig, Mylady.“

      Die Lady runzelte die Stirn. Weil Helen den erneuten Knicks vergessen hatte? „Da läutet ein Glöckchen… Norwood? Norwood?“ Sie sah hilfesuchend zu ihrer Zofe, die aber ebenso ratlos dreinsah.

      „Norwood… ich hab´s!“ Sie sah Helen forschend an. „Northbury, stimmt´s?“

      Helen senkte den Kopf. „Das ist – war – mein Vater.“

      „War? Soll das heißen, er ist – tot? Nun, ehrlich gesagt war das ja wohl irgendwann zu erwarten: Dieser Lebenswandel… auch für einen Gentleman wirklich zu exzessiv. Hat er wirklich alles verspielt?“

      „Alles“, bestätigte Helen mit gesenktem Blick, dann sah sie wieder auf und der Lady fest in die Augen. „Aber er ist nicht tot. Nur auf den Kontinent geflohen. Das hat er unserem Butler zumindest zum Abschied gesagt.“

      „Oh.“ Die Lady starrte einen Moment lang vor sich hin, dann lächelte sie. „Lady Helen Norwood also… und Sie sind jetzt mittellos. Was wollen Sie jetzt tun?“

      „Ich werde mir eine Arbeit suchen. Als Gouvernante vielleicht. Das habe ich mir mit meiner alten Gouvernante überlegt.“

      „Ich bin Lady Brincknell. Sagen Sie, Mädchen – ach, kommen Sie, setzen sie sich zu mir in den Wagen, ja? Wir sollten das besprechen.“

      Helen überlegte. Sollte die Dame womöglich üble Absichten verfolgen? Linny hatte einiges über die Gefahren der sündigen Großstadt zu sagen gehabt. Nur - was einem arglosen Mädchen genau zustoßen konnte, darüber hatte sie sich recht ungenau geäußert.

      Andererseits aber hatte die Dame mit ihrem Namen etwas anzufangen gewusst. Sie hatte Pferd und Wagen, und zwar von der kostspieligsten Sorte – und sie hatte eine respektable Zofe bei sich. Helen wollte der Dame deshalb schon in den Wagen folgen, da fielen ihr die Stickereien wieder ein. „Mylady, sehr gerne, aber ich müsste zuerst noch ganz rasch diese Stickereien abgeben. Es ist gleich hier in der Straße – wenn ich Sie einen Augenblick lang warten lassen dürfte?“

      Lady Brincknell lächelte. „Stickereien? Ach – für Madame Angélique womöglich? Ihre Créationen sind zurzeit wirklich sehr gefragt. Und Sie haben einige der Stickereien angefertigt?“

      „Zusammen mit Miss Linhart, bei der ich im Moment wohne, Mylady. Wenn ich also darf, laufe ich schnell hinüber und liefere die Arbeiten ab, dann bin ich sofort wieder da.“

      „Laufen Sie, Kindchen.“

      Helen gab die Stickereien ab, empfing ein Lob für die sorgfältige Arbeit und den vereinbarten Lohn (viel war es nicht) und kehrte sofort zum Wagen von Lady Brincknell zurück.

      „Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen, Mylady?“

      „Steigen Sie ein, Kindchen. Wir fahren jetzt zu mir, um uns einmal ausführlich zu unterhalten, und danach bringe ich Sie zu Ihrer Gouvernante zurück, einverstanden?“

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