Von Bremerhaven bis Kiel. Wolfgang Max Reich
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Leidenschaft für den Modellbau
Das Interesse für den Modellbau schlummerte schon lange in mir, denn die Faszination für Schiffsmodelle hatte ich seit den ersten Begegnungen mit dem ausgestellten Modell, eines Fischtrawlers im Schaufenster einer Fischhandlung. Verstärkt wurde dieses Gefühl, solch ein Modell besitzen zu wollen, durch den Umstand das mein Bruder auf solch einem Schiff zur See fuhr. Ich hatte es ja bereits an dem Tag, an dem wir meinen Bruder zu seiner ersten Ausfahrt zum Schiff brachten, im Originalgröße erleben können. Schon damals versuchte ich aus kleinen Pappschachteln mit Schere und Alleskleber das Schiff nachzubauen. Diese ersten kindlichen Versuche konnte man natürlich noch nicht Modellbau nennen, aber die Leidenschaft für den Schiffsmodellbau war geweckt. Der Zufall war es, dass meine Eltern Bekannte in der Nähe besuchten. Meine Eltern berichteten von meinen Pappschachtel versuchen. Daraufhin nahm der Bekannte meines Vaters mich an die Hand und sagte mir, dass er mir etwas zeigen will. Er ging mit mir in seinen Hobbyraum. Dort war er mit dem Bau eines ehemaligen deutschen Kriegsschiff, der „Bismarck“, beschäftigt. Teile der Aufbauten und Geschütze hatte er bereits vorgefertigt. Und im Moment war er dabei den Rumpf zu spachteln und zu schleifen. Mir sind fast die Augen rausgefallen. Erstmals konnte ich die Entstehung eines so großen Modells miterleben. Ich konnte mich gar nicht satt sehen. Ich hatte so viele Fragen und Vaters Bekannter hatte sofort bemerkt, dass er in mir den Spaß am Werken geweckt hatte. Zum Schluss schenkte er mir noch eine Laubsäge und einige Vorlagen aus Sperrholz, um schon einmal mit der Laubsäge üben zu können. Die Gedanken ein Modell zu bauen ließen mich nach diesem Besuch nicht mehr los. Aber da wir daheim keinen ausgestatteten Hobbyraum besaßen blieb der Bau eines Modells vorerst nur ein Wunschtraum.
Aber bei unserem nächsten Einkauf in Bremerhaven hatte ich wieder einmal die Gelegenheit die Spielwarenabteilung zu durchforsten. Und dort vielen mir Kartons mit Bausätzen aus Plastik auf. Es gab die verschiedensten Modelle. Mutig öffnete ich einen der Kartons, um mir seinen Inhalt genauer ansehen zu können. So entdeckte ich, dass die vielen Einzelteile alle an einem sogenannten Spritzbaum waren, ebenso befand sich eine Bauanleitung und eine Tube Klebstoff in dem Karton. Ich stülpte den Deckel wieder auf den Karton und berichtete meiner Mutter von dem Bausatz. Meine Mutter frug mich nach dem Preis. Der kleinste Bausatz kostete damals 3,00 DM. Meine Mutter überlegte nicht lange, sondern drückte mir das Geld in die Hand und ich konnte mir ein kleines Modell zum Zusammenbauen kaufen. Damit hatte meine Mutter mir eine riesengroße Freude bereitet. Daheim angekommen konnte ich es kaum erwarten mit dem Bauen des Modells zu beginnen. Für diese Art von Modellbau brauchte ich keinen Hobbyraum und teure Werkzeuge und da es keinen Staub und Schmutz beim Bauen erzeugte, war es ideal, um es in meinem Kinderzimmer auszuführen. Diese Art sollte noch lange meine Modellbauleidenschaft befriedigen.
Inzwischen erwarteten wir wieder einmal meinen Bruder. Immer wenn die 3 Wochen sich dem Ende neigten, schauten wir in die Nordseezeitung. Dort wurde in einer speziellen Rubrik, die heimkehrenden Fischdampfer mit ihrem Einlauftag angekündigt. So erfuhren wir immer wann mein Bruder nachhause kam. So war es auch diesmal. Am späten Nachmittag stand er vor der Tür. Er hatte einen großen Karton in der Hand. In dem Karton hatte er Rotbarschfilets mitgebracht. Es waren so viele, dass wir unseren Nachbarn einige schenkten. Denn zu dieser Zeit hatten wir noch keinen Tiefkühltruhe. Für mich stand erstmal die Freude über die Anwesenheit von meinem Bruder im Vordergrund. Am nächsten Tag fuhr mein Bruder nach Bremerhaven, um dort seine Heuer abzuholen. Als er wieder heim kam hatte er für mich eine Überraschung mitgebracht. Er hatte mir ein ferngesteuertes Polizeiauto gekauft. Sein Besuch zuhause verging immer viel zu schnell. Am nächsten Morgen hieß es bereits wieder Abschied zu nehmen, was mir immer besonders schwerfiel.
Die Schule war dann für mich eine besondere Abwechslung, die mir den Abschied erleichterte. Nun hatten wir Post von Oma bekommen, unter anderen sollte ich ihr meine Wünsche für Weihnachten mitteilen. Ich schrieb ihr einen langen Brief und berichtete ihr unter anderem auch über mein Interesse an dem Schiffsmodellbau. Im geheimen hatte ich die Hoffnung etwas in dieser Richtung zu Weihnachten zu bekommen. Jetzt im späten Herbst wo es schnell dunkel wurde spielten wir nach der Schule eher drinnen als draußen. Ich hatte nun auch schon eine große Sammlung an Legosteinen mit denen ich viele Dinge versuchte nachzubauen. Die Weserfähre war eines meiner Legoprojekte. Das machte mir besonders Spaß, weil ich auf die fertige Fähre meine Spielzeugautos stellen konnte. Aber am schönsten war es, wenn mein Schulkamerad Hans mich zum Spielen zu sich nachhause eingeladen hatte. Dann musste ich nur meine Mutter darüber informieren. Sie wollte einfach immer über meinen Aufenthalt informiert sein, damit sie sich keine Sorgen machen musste. Ich bekam eine Zeit vorgegeben, zu der ich zum Abendessen erscheinen musste. Hans besaß eine elektrische Märklin Eisenbahnanlage. Wir beide spielten den ganzen Nachmittag mit seiner Eisenbahn und die Stunden bis zum Abendessen vergingen meistens viel zu schnell. Morgens holte ich Hans dann zuhause ab, um mit ihm dann gemeinsam zur Schule zu gehen. Die Schule machte mir auch weiterhin viel Spaß. Da mein Vater mir im Jahr vor meiner Einschulung schon so viel beigebracht hatte war der zu lernende Schulstoff für mich kein Problem und ich war eher teilweise gelangweilt, weil vieles mir schon geläufig war. Das führte dazu das ich meine Sitznachbarn oft unbeabsichtigt ablenkte. Die Lehrer empfanden das natürlich häufig als störend. So kam es, dass beim Elternsprechtag mein Vater drüber berichtet bekam. Die Lehrer berichteten meinem Vater, dass ich auf Grund meiner Unterforderung, häufiger den Unterricht störte. Das ich aber trotz meiner vermeintlichen Unaufmerksamkeit, dem Unterricht immer folgen konnte. Diesen Umstand sollte mein Vater mir aber nicht mitteilen. Daheim berichtete mir mein Vater von diesem Gespräch und war von meinem Verhalten in der Schule nicht besonders begeistert. Er konnte sich jedoch nicht verkneifen mir über den positiven Umstand, dass ich trotz Störung des Unterrichts, immer dem Thema folgen konnte, zu berichten. Denn im geheimen war er natürlich auf mich und sich selbst stolz, dass seine Bemühungen vor der Einschulung, so erfolgreich waren.
In Bremerhaven war nun die neue Brücke über die Geeste, die John F. Kennedy Brücke, eingeweiht worden. Die Brücke ermöglichte uns nun einen kurzen Weg zur Bürgermeister-Smidt-Straße, auf der sich die großen Kaufhäuser Horten und Karstadt angesiedelt hatten. Vor Fertigstellung dieser Brücke mussten wir immer vom Berliner Platz mit der Straßenbahn dort hinfahren. Jetzt konnten wir endlich zu Fuß zur Bremerhavener Einkaufsmeile gelangen. Gleichzeitig war diese Hubbrücke mit einem Hochwassersperrwerk verbunden worden. Bei drohender Hochwassergefahr konnten nun die Fluttore geschlossen werden und man verhinderte
dann, dass die tiefer gelegenen Stadtteile überflutet wurden. Ab sofort nutzen wir diese Möglichkeit und freuten uns, dass wir nun nach kurzem Fußweg, die neuen Einkaufsmöglichkeiten nutzen konnten. Zum Mittagessen bei unseren Einkaufstouren gingen wir meistens in das Restaurant des neuen Horten. Wir versuchten dann immer einen Tisch am Fenster zu bekommen. Da das Restaurant sich in der dritten Etage befand hatte man einen fantastischen Ausblick auf die Außenweser und man konnte den Schiffsverkehr beobachten. Diese Tische am Fenster waren natürlich sehr begehrt und nicht einfach zu bekommen. Um den Transport der eingekauften Lebensmittel zu erleichtern hatten sich meine Eltern zwei Einkaufswagen, sogenannte Trollies, zum hinterherziehen angeschafft. Das Gewicht aller Einkäufe war schon enorm. Aber dank dieser Gefährte war der Rückweg, mit allen Einkäufen, nachhause um einiges komfortabler und leichter geworden.
Auch daheim zog der Fortschritt ein. In der Küche tauschte die Wohnungsbaugesellschaft, den Kohlenherd gegen einen Elektroherd aus. Jetzt wurde nur noch mit einem deutlich kleineren Ofen die Küche beheizt. Als nächstes schafften sich meine Eltern eine eigene Waschmaschine, einen kleinen Topplader, und eine Wäscheschleuder an. Für meine Mutter war diese Anschaffung einen enorme Erleichterung. Nun brauchte sie nicht mehr ins gegenüberliegende Nachbarhaus, um dort in der Gemeinschaftswaschküche im Keller,