Die 50 besten Morde oder Frauen rächen anders. Birgit Ebbert
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Aber mein Foto muss Frau Arbeitsagentur nicht interessieren.
»Ich heiße Kerstin Junker, geboren am 27. Februar 1976 in Gerleve.«
Mutti Arbeitsamt lächelt mich gütig an. »Das steht in dem Formular. Schön haben Sie das ausgefüllt. Das können nicht alle, wissen Sie?« Stolz überreicht sie mir weitere Formulare, zwei Broschüren und meine Kennkarte.
Fast hätte ich losgeprustet. Die Karte ist nichts anderes als ein DIN A4 Blatt, das viermal gefaltet wurde – wie in einer billig produzierten Live-Show eben.
Frau Dauerwelle schickt mich in den nächsten Warteraum. Hier gibt es kein Unterhaltungsprogramm, aber ich habe mein Henker-Buch und meinen Rachefilm im Kopf.
Ich mache mir Notizen über Tötungsarten, die ich dem Eisberg zukommen lassen könnte: Wie wäre es mit Tot-Kitzeln. Ach nein, da müsste ich ihn anfassen. Womöglich friere ich mir die Finger ab. Kürzlich habe ich beim Friseur in einer Zeitschrift von einer Frau gelesen, der das passiert ist.
Wieso liegen eigentlich hier keine Zeitschriften, die einen über die wahren Dinge des Lebens informieren?
Weiter mit dem Henker! Wie ekelig! Ich muss bei der Auswahl der Tötungsart daran denken, dass ich kein Blut sehen kann. Die Kehle durchzuschneiden, scheidet leider aus. Schade, die Vorstellung, dass der Eisberg langsam ausblutet, ist nicht schlecht. Aber wenn ich ohnmächtig werde, findet man mich neben der Leiche.
Nach sechzehn Seiten und mindestens ebenso vielen Foltervorschlägen darf ich zu meiner Arbeitsvermittlerin.
Wie schön. Ich bekomme eine eigene Arbeitsvermittlerin. Sie ist nett, trotz der typischen Zuhause-Bluse. Ob das eine Arbeitskleidung ist?
Ihre Haare sind allerdings nicht dauergewellt, sie hängen sozialpädagogisch glatt herunter, die Spitzen reichen fast bis zum Po. Wenn ich genau hinsehe, kann ich erkennen, dass die Bluse aus reiner Baumwolle ist. Die Bohnen für den Kaffee in ihrer Tasse wurden bestimmt von fair bezahlten Arbeitern geerntet.
Am liebsten würde ich unter dem Tisch nachsehen, ob sie Birkenstocks trägt. Darauf verzichte ich, zumal sie als erstes freundlich feststellt, dass Kollegin Dauerwelle mich in die falsche Berufskategorie eingeordnet hat.
Sie tröstet mich, dass sie immer häufiger solche Fälle wie mich betreuen muss. Soll ich Mitleid mit ihr haben?
Eine neue Manager-Generation, die grundlos, aus reiner Willkür gutes Personal entlässt, erklärt sie mir.
Das hilft mir nicht weiter, trotzdem sinniere ich mit ihr gemeinsam darüber, wo das hinführen mag.
Dann verabschiedet sie mich und malt mit dem naturbelassenen Bleistift Strichmännchen auf einen Block aus Umweltschutzpapier, der auf ihrem öffentlich dienstlichen Schreibtisch liegt.
Woraus wird eigentlich Umweltschutzpapier gemacht? Aus Altpapier, oder?
Vielleicht kann ich den Eisberg in eine Maschine schaffen, die aus Altpapier Schreibpapier macht. Dann wäre er wenigstens von Nutzen. Die Arbeitslosen könnten ihre Anträge auf seinen Überresten schreiben.
4 - Stein auf Stein, Conny
Vindicta holte aus, zielte und warf den ersten Stein.
»Getroffen«, jubelte sie und beobachtete fasziniert, wie sich von der Schläfe der Frau ein kleiner Blutstrom auf den Weg machte.
»Binde mich sofort los«, schrie die Frau und beschimpfte Vindicta mit Worten, die sie sich nicht merken wollte. Sie spornten sie vielmehr an, zum nächsten Stein zu greifen, zu werfen, den nächsten Stein zu nehmen und erneut zu werfen. So lange, bis keiner der Kopfsteinpflastersteine, die sie auf einer illegalen Müllhalde gefunden hatte, mehr neben ihr lag.
Vindicta zog eine kleine Champagnerflasche aus der Tasche und ein Glas. Sie füllte das Glas und ging auf den Stuhl zu, an den sie die Frau gefesselt hatte. Unter der Wucht der Steine, die sie immer schneller und am Schluss mit beiden Händen zugleich geworfen hatte, war der Stuhl mit der Frau umgekippt.
»Das war’s dann wohl, Conny. Du legst uns keine Steine mehr im Weg. Du wirst uns nicht mehr behindern bei unserem Projekt.« Vindicta berührte die Frau mit dem Fuß und rüttelte den Körper. Als sie keine Reaktion spürte, trank sie das Glas leer und machte sich mit einem zufriedenen Lächeln auf den langen Fußweg durch den Wald, den sie für diese Aufgabe ausgewählt hatte.
Als ich nach Hause komme, finde ich Herrn Schwapp.de-Denker auf meinem Anrufbeantworter. Er wundert sich, weil ich lange nichts mehr ins Forum gepostet habe.
Typisch Sesselfurzer ohne Arbeitslosenerfahrung. Ich war sechs Stunden auf Sitze im Looser-Bunker! Aber nett ist es, dass er angerufen hat.
Ich höre mir seine Stimme zweimal an, ein bisschen sexy klingt sie. Das kann nur eine Expertin bestätigen. Meine Freundin Ulrike. Sie muss sofort kommen.
»Hey Ulrike«, schon als ich ihre Stimme am Telefon höre, merke ich, dass ich zu einem ungünstigen Zeitpunkt anrufe.
»Hey, Kerstin«, knirscht sie, »melde mich!« Ehe sie auflegt, höre ich ein leises Stöhnen im Hintergrund. Sie wird doch nicht mitten am Nachmittag?
Motiviert durch das Telefonat mit Ulrike rufe ich Karsten Denker zurück. Besser ein leicht sexy klingender Schwapp.de-Mitarbeiter als kein Mann.
»Kerstin Junker.« Ich bemühe mich, meine Stimme ein bisschen rauchig klingen zu lassen, das mögen Männer angeblich. »Ich hätte gerne Herrn Denker gesprochen.«
Nicht einmal eine eigene Telefonnummer hat der Typ. Vielleicht sollte ich besser die Finger von ihm lassen.
Schon bei dem Gedanken an die Finger eines Mannes, werde ich nervös. Dabei ist es erst sechs Wochen her, dass Johannes ausgezogen ist. Dieser Macho, der allen Ernstes erwartet hat, dass ich seine Socken vor der Wäsche auseinanderziehe. Igitt!
»Petra Langner, guten Tag! Herr Denker ist nicht da, kann ich ihm etwas ausrichten.« Die Frauenstimme hört sich auch sexy an. Was soll das? Stehe ich in Wirklichkeit auf Frauen? Oder hat Schwapp.de einen Filter, der alle Stimmen erotisch klingen lässt? Bin ich überhaupt bei Schwapp.de gelandet mit meinem Anruf? Das Weib hat sich nur mit Namen gemeldet. Hat Karsten Denker mir seine Privatnummer hinterlassen und ich habe seine Frau am Apparat?
»Ich versuche es später. Auf Wiederhören.« Hoffentlich ist es mir gelungen, nicht mehr so verführerisch, sondern geschäftlich zu klingen.
Warum muss so etwas immer mir passieren? Kann man eigentlich jemanden fernmündlich umbringen?
Für den Eisberg käme das nicht in Frage, den will ich leiden sehen. Wie der mich angestrahlt hat, als er mir die Kündigungsnachricht gebracht hat. Als würde er mir das große Los überreichen. Zum Kotzen.
Ich springe auf und rase ins Bad.
Zum Glück steht der Toilettendeckel auf, dabei habe ich Johannes hundert Mal gesagt, er soll den Deckel schließen. Er hat immer behauptet, er würde ihn herunterklappen.
Ich spüle den Eisberg in Gedanken mit meinem Frühstück