519 Park Avenue. Peter Stockfisch
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Aber etwas musste geschehen. Er sollte zahlen ! Und nicht zu knapp. Warum sollten Saidis Kinder eines Tages nicht aufs College gehen und vielleicht einen Universitätsabschluss machen können ? Kutschinski wird zahlen, der hat bestimmt genug Cash – und keine andere Wahl. Anderenfalls würde Saidi ihn hochgehen lassen.
Es kam ihm nicht in den Sinn, dass er sich mit seinem Ansinnen strafbar machen würde. Vielmehr war er davon überzeugt, dass sein Plan lediglich ein kleiner gerechter Ausgleich wäre für den Schmerz, den dieser Mann ihm und seiner Familie zugefügt hatte.
Er musste sehen, wie und wo er ihn erreichen konnte. Er würde heute, bevor er seine Schicht antrat, zur Pine Street fahren, wo er Kutschinski und den anderen an dem ehrwürdigen Bürogebäude abgesetzt hatte. Er würde den Pförtner in der Lobby fragen, wer die beiden waren, die um kurz nach sechs am Empfang registriert wurden. Er würde vorgeben, dass sie ein Schlüsselbund in seinem Taxi vergessen hätten, das er ihnen gerne zurückbringen wollte. Ja, das würde er tun. Und dann würde er Kutschinski, oder wie er jetzt hieß, auf die Pelle rücken.
Sobald er den Namen und gegebenenfalls seine Firmenzugehörigkeit in Erfahrung gebracht hatte, würde er sich noch einmal vergewissern, um ganz sicher zu gehen. Sie hatten sich vor einem Jahr einen Computer angeschafft. Sowohl Elvira als auch er waren von ihren Arbeitgebern dazu ermuntert worden, und die Kinder hatten auch schon eine zeitlang gedrängelt, insbesondere Jazmin. Über die Schule und der öffentlichen Bibliothek in ihrer Nähe hatten sie zwar regelmäßig Zugang zu Computern, aber zuhause war es natürlich weitaus bequemer. Kutschinski würde unter seinem neuen Namen bestimmt im Netz zu finden sein. Er würde dort nach einem Lebenslauf und vor allem nach Fotos suchen.
Mit diesem Entschluß ging er ins Schlafzimmer, schloss die Jalousien, zog die Fenstervorhänge zu und legte er sich wieder hin. Es dauerte noch eine Weile, bis er schließlich in einen etwas unruhigen Schlaf verfiel.
*
Es war gar nicht so einfach gewesen. Der Pförtner in der Pine Street hatte sich nicht sehr zugänglich gezeigt. Die Männer und Frauen, die am Empfang in den Lobbies der großen Bürogebäude arbeiteten, waren alle Angestellte von Sicherheitsfirmen. Und das nicht erst seit September Eleven. Und die hatten natürlich ihre strengen Vorschriften.
“Ich darf keine Namen weitergeben.”
“Aber wie kann ich den Herren denn das Schlüsselbund wiedergeben, das sie in meinem Taxi verloren haben ?”
“Sie können es hier deponieren und darauf hoffen, dass jemand nachfragt, ob wir ein Schlüsselbund gefunden haben.”
Saidi gab nicht so schnell auf: “Warum sollten die sich ausgerechnet hier melden. Die Herren waren vermutlich gestern an verschiedenen Orten und haben mehr als einmal ein Taxi benutzt.”
Ein zweiter Pförtner, der die ganze Zeit neben seinem Kollegen gestanden und das Gespräch mit angehört hatte, schaltete sich jetzt ein.
“Wann war das gestern ?” Saidi schöpfte Hoffnung.
“Ich erinnere mich genau. Es war kurz nach 18 Uhr.”
Der Pförtner , der gefragt hatte, gehörte, wie Saidi, zu den Minorities, wie man hier die Gruppe der Afroamerikaner, der Asiaten, der Latinos, und anderer Dunkelhäutiger bezeichnete. Er schien Saidi helfen zu wollen und hatte augenscheinlich Sympatien mit dem Taxifahrer, der ohne die gewünschte Information vermutlich um ein stattliches Trinkgeld kommen würde. Er ging an seinen Computer und bewegte die Maus.
“Um die Zeit kommen nicht mehr viele. Die meisten verlassen dann das Gebäude. Die zwei, die ich hier habe,” er schaute dabei auf seinen Bildschirm, “sind hier an der Wall Street ziemlich bekannt, besonders der Eine.”
“Gut, dann verraten Sie ja kein großes Geheimnis, wenn Sie mir deren Namen geben,” sagte Saidi und lächelte den Pförtner kumpelhaft an.
“Wissen Sie was ? Ich gebe Ihnen den Firmennamen. Das ist alles.”
“Okay.”
“Engelhard Capital Group.”
“Besten Dank !”
Wieder auf der Straße überlegte er und schaute auf seine Uhr. Elvira würde nach ihrer Frühschicht die Kinder gegen 15 Uhr von der Schule abholen. Bis zum Beginn seiner Schicht hatte Saidi noch viel Zeit. Im Moment wollte er Elvira nicht einweihen. Jetzt noch nicht. Sie würde sich Sorgen machen und versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Er würde daher seine Nachforschung nicht an ihrem Computer zuhause anstellen, sondern zu seinem Kumpel gehen, einem Brasilianer, der in Astoria einen Copy-Laden betrieb. Er kannte Lucas schon lange. Immer wenn er Fotokopien brauchte, ging er zu ihm. Sie unterhielten sich dann auf Portugiesisch. Lucas hatte neben den zwei Kopiergeräten auch drei Computer aufgestellt, die seine Kunden gegen Gebühr benutzen konnten. In der Gegend gab es viele Menschen aus allen Teilen der Welt, die keinen eigenen Computer besaßen und zunehmend darauf angewiesen waren, online zu gehen, sei es, einen Job zu finden, sei es, irgend etwas billig zu erwerben. Daher florierte das Geschäft des Brasilianers recht gut.
‘Engelhard Capital Group’ hatte der Pförtner gesagt. Und, wenn die Männer bekannt waren, musste es sich um Personen aus dem Topmanagement handeln. Saidi brauchte dann nur noch nach einem Lars zu suchen. So wurde sein Fahrgast von dem anderen genannt.
Tatsächlich, Saidi konnte mit drei Klicks die Webseite von Engelhard Capital aufrufen. Lars Bergstraesser stand da unter CEO. Er war also der Boss der Firma. Mit Bild. Das Bild hätte er gerne vergrößert. Er wusste aber nicht mehr genau, wie das ging. Und Lucas wollte er nicht fragen. Es ging Niemanden etwas an, wonach er suchte. Das Wenige, das er auf dem Computer machen konnte, hatte er von Jazmin gelernt. Er hatte ihr auch schon einmal über die Schulter geschaut, als sie Fotos ihrer Eltern und ihres Bruders vergrößert und Bilder ihrer Idole aus der Popszene gezoomt hatte. Saidi probierte es. Nach diversen Klicks und erratischem Geschiebe mit der Maus gelang es ihm schließlich, das Bild des CEO von Engelhard Capital Group auf drittel Bildschirmgröße zu bringen. Selbst die ein-Quarter-große Narbe unterhalb seines linken Ohres war jetzt deutlich zu erkennen. Es gab keinen Zweifel. Lars Bergstraesser war Gerd Kutschinski, der Mann aus Maputo, den er hasste.
10.
“Hier ist Jennifer. Vadim, Herr Bergstraesser möchte heute zu Fuß nach Hause gehen. Sie brauchen ihn also nicht abzuholen. Er will aber heute noch nach draußen. Ich hab’ den Hubschrauber am Heliport für 19 Uhr bestellt. Sie sollten ihn um 18:30 Uhr zu Hause abholen. Okay?”
“Wird gemacht”.
Lars Bergstraesser wollte an die frische Luft. Und er brauchte etwas Bewegung. Zu Fuß waren es nur circa 20 Minuten zu seinem Apartment in der Park Avenue. Aber seit einem Sicherheitsseminar der NYPD für einen exklusiven Kreis von Top-Vertretern der New Yorker Finanzszene benutzte er fast immer den Wagen. Heute nicht, er brauchte jetzt einen klaren Kopf. Er hatte sich von seinem Schock einigermaßen erholt und musste nachdenken, was zu tun sei.
Über 20 Jahre war es her, seit er ein neues Leben in einer neuen Welt begonnen hatte. Er hatte seine Vergangenheit , die erste Hälfte seines Lebens, in all den Jahren recht gut verdrängt. Er war erfolgreich in beiden Lebensabschnitten – im Bösen wie im Guten. Ein diabolisches Grinsen huschte über sein Gesicht, als er die Madison Avenue überquerte. Er glaubte inzwischen beinahe selber an seine