Unerfreuliche Geheimnisse. Ute Dombrowski

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Unerfreuliche Geheimnisse - Ute Dombrowski Nelly

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am Sonntag angesagt. Nelly war froh, jetzt mehr als zwei Wochen Marius nicht zu sehen. Immer, wenn er ihr in der Schule über den Weg gelaufen war, hatte er freundlich gegrüßt. Die anderen Mädchen hatten die Nasen gerümpft und Nelly mit sich gezogen.

      Am Samstagabend saßen sie nach getaner Arbeit am Tisch: Nelly und Paolo, Benjamin, Christian und Katja. Das Gespräch drehte sich um das Osteressen und wer alles zu Besuch kam. Neben Cora, Michel, Bea, Hannes, Nick und Lauren mit Polly hatte sich auch Oliver angesagt. Nelly freute sich sehr, den Freund wiederzusehen.

      Polly war zu einem sehr pubertären Teenager herangewachsen. Sie war den ganzen Tag über mies gelaunt, hatte nur Jungs und ihr Handy im Kopf und bereitete ihren Eltern mehr Stress als Freude. Erst kürzlich hatte sie zusammen mit einer Freundin Lippenstift und Nagellack geklaut und war erwischt worden, während die Freundin wegrannte. Polly hatte sich aus Loyalität standhaft geweigert, sie zu verraten, auch nicht, als ein wütender Nick sie von der Polizeiwache abholen musste.

      Die Geschichte hatte ihr Katja unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, weil Nick es ihr heimlich am Telefon gesagt hatte. Wenn Nelly so etwas gemacht hätte, wären ihre Eltern sicher ausgeflippt, denn die Achtung des Eigentums anderer Menschen war ihnen sehr wichtig. Sie hatten Nelly in diesem Sinne erzogen, auch, dass sie die Dinge, die man sich erarbeitet hatte, in Ehren hielt.

      Daran musste Nelly denken, die sich den Tag mit Polly schon echt gruselig vorstellte. Aber vielleicht war sie auch ganz gut drauf und man konnte etwas mit ihr unternehmen. Abwarten, dachte Nelly.

      Der Abend endete damit, dass alles vorbereitet und der Tisch schon gedeckt war. Zum Frühstück würden sie sich wieder treffen. Wuschel musste nochmal um die Ecke, also nahm Nelly die Leine und machte sich auf den Weg in die Weinberge. Paolo war schon nach oben gegangen und saß auf der Couch, als Nelly zurückkam.

      „Süße, ich freue mich sehr auf morgen. Am Montag fahren wir dann zu meiner Familie. Also zwei Tage nur essen und Spaß. Danach müssen wir eine Diät machen. Hat dir Benjamin von der Veranstaltung am kommenden Samstag erzählt?“

      Nelly überlegte.

      „Ja, er hat etwas angedeutet. Was ist das für eine Feier?“

      „Ein Anwalt und eine Künstlerin haben Silberhochzeit oder so. Die sind aus Eltville. Steinbach oder Steinmann.“

      „Steinhagen?“

      Paolo nickte und nahm Nelly, die sich zu ihm auf die Couch gekuschelt hatte, in den Arm. Nun saß Nelly gleich wieder aufrecht und freute sich sicht­lich.

      „Das ist Juliette. Das Mädchen von Rhein, die in meine Schule geht. Steinhagen heißt sie und ihre Eltern sind super coole Leute. Das hat mir neulich irgendwer in der Schule erzählt.“

      „Gut, dann sieht sie mal, wo du wohnst. Wir helfen doch, oder?“

      „Natürlich!“, sagte Nelly, die bei solchen Anlässen immer mitarbeitete, ebenso wie Katja.

      Mutter und Tochter waren ein eingespieltes Team in der Küche und beim Bedienen der Gäste. Benjamin kümmerte sich immer hinter der Theke um den Wein und Christian räumte auf und behielt alles im Auge. Paolo versorgte Benjamin meist mit Nachschub aus dem Keller und trug die schweren Sachen.

      Zufrieden und in froher Erwartung der nächsten Tage gingen Nelly und Paolo schlafen. Wuschel rollte sich in seinem Körbchen zusammen und schnarchte bald.

      Im Laufe des nächsten Tages kamen alle Gäste im Weingut an und es gab ein Hallo nach dem anderen. Marie hatte auch schon angerufen und ihnen ein schönes Osterfest gewünscht. Sie wäre gerne gekommen, aber seit sie im Winter umgeknickt war, machte ihr das Knie Beschwerden und sie reiste nicht mehr so oft.

      Am Mittag kam Oliver als Letzter um die Ecke zu den Freunden, die schon unter der Kastanie saßen und Neuigkeiten austauschten. Nelly lief auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. Er sah wie immer gut aus, war gebräunt und schlank, der Traum aller Mädchen. Aber Oliver hatte immer noch keine Freundin, wie Nelly jetzt erfuhr, nachdem Cora festgestellt hatte, dass er ein „hübscher Kerl war, der sicher an jedem Finger zehn Frauen hatte“.

      Paolo und er begrüßten sich herzlich und dann warf Benjamin den Grill an. Wie auf Bestellung war es warm und sonnig geworden. Wuschel lief immer fröhlich bellend herum, immer wenn einer den Hof betrat. Sie waren eben fertig mit dem Essen, da kam Simona um die Ecke, an ihrer Hand Noah, der sich endlich mal wieder gemeldet hatte und die Ferien mit ihr verbringen würde. Simona strahlte glücklich und sie ließ sich auch nicht beirren, als Polly von ihrem Handy hochschaute und den jungen Mann anstarrte.

      Noah begrüßte alle höflich und setzte sich mit der Gitarre auf die Bank. Er begann zu spielen und Simona himmelte ihn an.

      Cora flüsterte in Nellys Ohr: „Das ist mir mal ein toller Mann, den deine Freundin da hat. Hoffentlich ist der besser als ihr schrecklicher Martin.“

      „Auf jeden Fall“, flüsterte Nelly zurück und sie lauschten andächtig dem gekonnten Gitarrenspiel.

      Später saßen die jungen Leute noch draußen und die älteren waren mit Wuschel unterwegs in den Weinbergen.

      „Was machst du eigentlich beruflich?“, fragte Paolo Noah.

      „Ich orientiere mich noch. Im Moment arbeite ich an meiner Musik und trete auch ab und zu auf.“

      „Wovon lebst du?“

      „Meine Eltern unterstützen mich manchmal, aber ich habe nicht so große Ansprüche, also komme ich gut über die Runden.“

      Nelly hatte Paolo in die Seite geknufft, weil ihr das Verhör unangenehm war. Aber auch sie hatte ein komisches Gefühl, nachdem sie nun wusste, dass Noah gar nichts arbeitete.

      Als sie mit Simona in der Küche den Kaffee vorbereitete, fragte sie vorsichtig nach.

      „Ach Nelly, mach dir keine Sorgen, Noah kommt wirklich super klar. Wir brauchen nichts, nur unsere Liebe und die Musik. Er bekommt bei mir zu essen und zu trinken, das reicht völlig.“

      „Ah ja. Aber irgendwie muss er doch mal arbeiten gehen.“

      „Meine liebe Nelly, du bist wieder so ein Moralapostel, aber keine Sorge, wir sind zufrieden mit dem, was wir haben. Ich teile lieber alles mit Noah und bin glücklich, als dass er ständig auf der Arbeit ist und keine Zeit für mich hat. Du musst nicht neidisch sein.“

      Nelly ahnte, dass Simona sauer war, also wechselte sie das Thema. Sie berichtete von dem Fest, das am nächsten Samstag stattfinden sollte.

      Simona hörte interessiert zu und sagte: „Ich kann ja mal Noah fragen, ob der Musik machen würde. So etwas ist immer toll auf Familienfeiern. Ich werde das mit ihm und Benjamin besprechen. Komm, wir gehen raus.“

      Als sie um die Ecke kamen, sahen sie gerade noch, wie Noah Polly charmant die Hand küsste. Simona atmete tief ein und ging auf die Bank zu, um sich zwischen ihren Freund und Polly zu setzen. Sie blickte das Mädchen feindselig an.

      „Der Noah ist mein Freund, also lass die Finger von ihm.“

      Polly zuckte nur mit den Schulter und schaute wieder auf ihr Handy, während sich Simona an Noah schmiegte und vorschlug, wieder heimzugehen. Er stand auf, küsste die Mädchen auf die Wange, reichte Paolo und Oliver die Hand, legte den Arm um Simona und so verließen sie den Hof.

      Oliver

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