Unerfreuliche Geheimnisse. Ute Dombrowski
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Wenn Paolo keine Berufsschule hatte, holte er seine Freundin oft von der Schule ab und brachte sie heim. Meistens aßen sie dann noch zusammen mit Katja, bevor er wieder auf dem Weingut arbeitete.
Morgen hatte Nelly Geburtstag und war dann siebzehn Jahre alt. Seit knapp eineinhalb Jahren war sie mit Paolo zusammen, der nach dem Abitur eine Ausbildung zum Weinbautechniker in Geisenheim begonnen hatte. Vor einem Jahr hatte er ein Zimmer bei Benjamin bezogen und machte bei ihm den betrieblichen Teil der Ausbildung. An den Wochenenden durfte Nelly bei ihm oder Paolo bei ihr übernachten.
„Vergiss es!“, hatte Christian rigoros gerufen, als Nelly ihren Vater gefragt hatte, ob sie auch unter der Woche bei Paolo bleiben durfte.
Sein Tonfall hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass eine Diskussion vollkommen sinnlos war. Christian liebte seine Tochter sehr und war stets darauf bedacht, sie vor den Fallen des alltäglichen Lebens zu beschützen. Katja, Nellys Mutter, wusste immer, wann es etwas nützte, noch einmal mit dem strengen Vater zu reden und wann man es besser sein ließ.
„Wenn du dein Abitur in der Tasche hast, dann kannst du machen, was du willst“, hatte Christian als Erklärung hinzugefügt, „bis dahin geht hier alles in geregelten Bahnen. Das heißt: Du schläfst unter der Woche hier und triffst deine Freundin Simona und Paolo, wenn du deine Aufgaben erledigt hast. Punkt.“
Nelly hatte zwar die Augen verdreht, aber sie gehorchte, denn sie wusste, wie ihre Eltern tickten. Dass sie ihr die Vorkommisse um Ricardo und die Clique nicht mehr vorhielten, rechnete sie ihnen hoch an.
„Ja, Papa, ich weiß, erst die Schule, dann das Vergnügen. Ich mache alles, wie du sagst. Aber du weißt, dass ich gut in der Schule bin und euch keinen Ärger mache. Außerdem passt Paolo auch auf, dass ich genug lerne.“
Nun saß Nelly mit Katja am Frühstückstisch. Paolo weckte sie jeden Morgen per Telefon, so benötigte sie keinen Wecker. Nelly war aufgestanden und im Bad gewesen, bevor sie zu ihrer Mutter hinuntergegangen war. Wie Paolo war Christian schon auf der Arbeit.
„Darf ich am Freitag mit Paolo für zwei Tage wegfahren? Morgen werde ich doch siebzehn und dann bin …“
„Wohin denn?“, fragte Katja, die heute später zur Schule musste.
„Zu seinem Cousin nach Eltville.“
„Ist Eltville wegfahren? Unter Wegfahren würde ich eine etwas weitere Reise verstehen. Hast du Papa schon gefragt?“
Christian war morgens meistens schon weg und so schüttelte Nelly den Kopf. Sie hatte gehofft, dass ihre Mutter direkt ja sagte, aber Katja grinste nur.
„Du weißt, wie es läuft: Frag Papa. Ich denke, er wird nichts dagegen haben.“
„Ach Mann, ja, Mama, ich frage ihn. Ich bin echt froh, wenn ich nächstes Jahr achtzehn werde. Dann muss ich nicht wegen jedem … jedem Kleinkram fragen. So, ich muss los. Bis später.“
Nelly küsste Katja auf die Wange, griff nach ihrer Schultasche und lief zum Bus, wo Simona schon ungeduldig wartete.
„Na, wie fühlt man sich so kurz vor seinem Geburtstag?“
Nelly winkte ab.
„Auch nicht anders als sonst. Hast du gelernt?“
„Was gelernt?“
„Englisch“, sagte Nelly mit vorwurfsvollem Blick.
„Ach Englisch, naja … nur ein bisschen. Ich habe gestern lange mit Noah telefoniert.“
„Oh Mann“, stöhnte Nelly, „mit Noah. Wenn ich schon diesen Namen höre! Was willst du mit dem?“
„Mensch Nelly, du Spießerin! Noah ist ein Goldschatz und er singt so gut! Wenn er Gitarre spielt, dann schmelze ich weg. Schade, dass er nur die Musik im Kopf hat. Er ist so, so, so süß!“
Simona hatte die Augen geschlossen und seufzte jetzt theatralisch. Nelly schüttelte den Kopf. Simona hatte seit der Sache mit Martin, die sie beinahe das Leben gekostet hatte, keinen Jungen mehr angesehen, sondern nur für ihren Englischlehrer geschwärmt. Als Moritz Klövert dann mit seiner Chantal nach Paris zog, brach für sie eine Welt zusammen.
In den Weihnachtsferien waren Nelly und Simona in Eltville auf dem Weihnachtsmarkt gewesen. Dort stand ein junger Mann mit Gitarre und hatte vor sich einen Hut aufgestellt. Er hatte extrem blonde Haare, die absolut nicht echt sein konnten, dazu bildeten seine schwarzen Augenbrauen einen seltsamen Kontrast. Als er nach dem ersten Lied, dem die Mädchen gelauscht hatten, die leuchtend blauen Augen öffnete und Simona ansah, war es um sie geschehen. Sie legte ihm zehn Euro in den Hut und dann wollten die beiden weitergehen.
„Halt, wartet mal!“, hatte der Musiker gerufen.
Simona und Nelly drehten sich um. Der junge Mann übersah Nelly völlig und küsste Simona charmant die Hand, um ihr zu danken. Dann schrieb er ihr seine Handynummer auf den Handrücken. Simona war entzückt. Als sie später noch einmal an der Stelle vorbeikamen, wo er gespielt hatte, war niemand mehr zu sehen. Am nächsten Tag hatte sie die Nummer auf ihrer Hand angerufen.
„Ich bin Noah Friesert. Wenn ich mal berühmt bin, dann heirate ich dich“, hatte er zu Simona gesagt und sofort hatte sie ihr Herz verloren.
Aber Noah hatte wirklich nur seine Musik im Kopf und weiter, als mit ihm zu telefonieren und zuzuhören, wenn er musizierte, war Simona noch nicht gekommen.
„Er ist ein großer Musiker“, hörte Nelly sie im Bus munter weiterplappern. „Bei seinem ersten Konzert werde ich an seiner Seite sein. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr ja mitkommen.“
„Wann ist denn sein erstes Konzert?“
„Kein Ahnung, irgendwann eben. Ach, wenn er mich endlich mal küssen würde.“
„Dann küss du ihn zuerst. Sonst fackelst du doch auch nicht so lange.“
Simona sah ihre Freundin von der Seite an.
„Was hast du denn heute für eine Laune? Klemmt es mit Paolo? Fällt dein Geburtstag aus oder was ist los?“
„Paolo will mich übers Wochenende mitnehmen nach Eltville zu seinem Cousin. Mama sagt, ich soll Papa fragen. Aber der ist in letzter Zeit so streng, dass er das sicher nicht erlaubt.“
„Na und? Warum erzählst du nicht einfach, du pennst bei mir?“
Jetzt platzte Nelly der Kragen.
„Sag mal, hast du eine Macke? Weißt du nicht mehr, was passiert ist, als ich meine Eltern hintergangen habe? Ich habe mir geschworen, sie nicht mehr zu belügen, also rede nicht so einen Mist!“
Simona war erschrocken. So wütend hatte Nelly sie ewig nicht mehr angefahren. Vielleicht hatte sie ja recht: Der Stress, den die beiden damals wegen ihrer Lügengeschichten hatten, war heftig gewesen. Simona hatte eine Weile gebraucht, um zur Vernunft zu kommen, aber dann war sie ganz brav und hatte sich nur noch auf die Schule konzentriert. Alles lief gut und sie war froh, dass sie sich wieder für die normalen Männer interessierte. Nach dem Weggang von Moritz hatte sie tagelang geheult und war sogar eine Woche krankgeschrieben. Erst der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt und der Kontakt