Kuerzlich in Asien. Stephan Rankl
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Seit den Unruhen in Tibet 2008 geht da kaum noch was. Foreneinträge Kashgar – Lhasa, nichts. Die Region ist wieder mal abgeschottet. Reisen sind zwar generell möglich, aber nur in der Gruppe und mit vielen (teuren) Genehmigungen. Behördliche Willkür mit kompletter Abriegelung Tibets nicht ausgeschlossen. Ich konnte genau einen Bericht von Leuten finden, die nach 2008 den Xinjiang-Tibet-Highway per Fahrrad gemeistert haben.
Selbst zum Straßenzustand findet man viel Widersprüchliches. Die Strecke durch Westtibet scheint wohl mittlerweile zum Großteil asphaltiert zu sein, Vollendung in Sicht. Der Friendship-Highway von Lhasa nach Kathmandu ist es auf der Hauptstrecke schon. Sogar die Zeltplätze sollen mittlerweile vorgeschrieben sein. Das Abenteuer rückt also wieder ein Stückchen weiter weg.
Nachdem wir 2006 von unserer Reise zurückkehrten und während ich dieses Buch schrieb, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass sich die Situation speziell in Tibet wieder so verschlechtert. Wir hatten einfach Glück, in einer relativ entspannten Zeit unterwegs zu sein. Bleibt also abzuwarten, bis sich die Tore wieder öffnen. Einstweilen muss man sich mit Geschichten zufrieden zu geben, wie es einmal war, damals …
Zur Neuauflage habe ich mich auch entschlossen, ein neues Kapitel mit meiner ersten Reise nach Tibet im Jahr 2003 anzufügen. Ich war dabei mit dem Fahrrad auf der Strecke Lhasa – Kathmandu unterwegs, dem sogenannten Friendship-Highway. Ich denke für einige Leute wird der Vergleich mit der Gegenwart sehr interessant sein.
Vorspiel
„Wie wollen Sie eigentlich mal Ihre Familie ernähren?“
Mit dieser Frage sah ich mich staunend konfrontiert. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Meinem damaligen Chef trieb es gerade die Röte ins Gesicht, nachdem ich ihm relativ direkt eröffnete: „Ich bin demnächst weg, ein halbes Jahr durch Asien, mit dem Fahrrad.“ Er hat es nicht verstanden und der Job war damit auch weg.
Einfach mal abhauen. Zusammen hatten wir beide, Stephan und Bettina, uns dieses Ding vorgenommen. 100% Freiheit genießen. Die Grenzen, nur der Globus! Das bedeutete aber auch loslassen. Auch Bettina musste ihren Job letztendlich kündigen.
Kein Job = keine Einnahmen. So einfach ist das. Unsere Mietwohnung viel zu teuer. In einer einmonatigen Sträflingsaktion räumten wir unser ganzes Gerümpel in eine Scheune. Unglaublich, wie viel Zeug sich im Laufe der Jahre so ansammelte!
Dann galt es den staatlichen Fängen zu entkommen. Ein gewisses Amt für die Eintreibung von Geldern für Funk und Fernsehen zeigte sich dabei besonders hartnäckig. Erst nach unserer Beteuerung, „Nein, in der Scheune gibt es keinen Strom und da kann auch niemand Fernsehgucken“, gaben sie sich zufrieden.
Die Dame beim Einwohnermeldeamt schrieb schließlich beim Abmelden als neue Adresse für uns rein: Weltreise! Damit waren wir frei! Es konnte losgehen …
Kapitel 1 - Pakistan
Schiebekommando im Hunza-Gebiet / Nordpakistan
Der fliegende Musharaf
„Wie, Pakistan? Was wollt ihr denn da? Und auch noch mit dem Fahrrad? Geht das denn überhaupt, soll deine Freundin voll vermummt durch die Gegend radeln? Hinter jeder Ecke fanatische Moslems, die nur darauf warten, ein paar Ungläubige zu entführen. Und überhaupt, Bomben, Terror, Geiseldramas ... und der (damals noch lebende) Bin Laden sitzt dort auch irgendwo in der Ecke!“. Ja, und den wollen wir besuchen ... schockierende News für Eltern und Verwandte. Nicht nur den Job einfach so zu kündigen, dann auch noch diese eher ungewöhnlichen Reiseziele.
Man hat es schon schwer in diesen Zeiten, eher exotische Reiseziele anzusteuern. Die Tagesschau leistet da hervorragende Arbeit, nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten, ein Vorurteil hinter jeder Ecke. Bei Pakistan denkt man automatisch an grimmige, bärtige Höhlenbewohner, die zudem schwer bewaffnet durch die Gegend ziehen und ihre Frauen einkerkern.
Dementsprechend grummelte uns schon der Bauch, als der Flieger in Islamabad, der Hauptstadt Pakistans, zur Landung ansetzte. „Auweia, auf was haben wir uns da dieses Mal wieder eingelassen?“. Lampenfieber nennt man das wohl.
Unser Reisemotto könnte auch „Plagen und wagen“ gewesen sein, aber wir ließen es unter dem Titel „Jetzt oder nie!“ firmieren. Der Plan, zunächst den Karakorum-Highway hochradeln, hinüber nach China wechseln und von Kashgar aus durch eine wirklich einsame Gegend, nämlich quer durch Westtibet, am heiligen Berg Kailash vorbei nach Lhasa. Vieles konnte man da erwarten, nur eines nicht, geteerte Straßen! Nur jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, kann ich sagen, ja es war fantastisch!
Der Plan, welche Strecke wir angehen wollten stand schnell. Viel schwieriger, sich der ganzen kleinen Dingen des Alltags zu entledigen, die einen fesseln und den Tagesablauf bestimmen. Als da wäre zum Beispiel der Freizeitvernichter Nummer Eins, die geregelte Arbeit. Gar nicht so einfach seine Chefs von der Einmaligkeit so eines Unternehmens zu überzeugen, um nicht zu sagen unmöglich. Es blieb nur die Kündigung. Sich soweit zu reduzieren für ein Leben als Nomade, wenn auch nur vorübergehend, gestaltete sich schwieriger und zeitaufwendiger als wir anfangs dachten. Irgendwann hatten wir es geschafft, der Termin stand schon lange und sanft setzte uns der Flieger am Flughafen von Islamabad auf. Wir waren weit weg von daheim. Das Abenteuer konnte beginnen ...
Ich gehe noch mal den Lonely Planet durch, wo ist das Hotel, wie kommen wir dahin. Alles zuvor schon oft gelesen, aber jetzt wo es ernst wird, soll alles passen. Dabei findet sich auch ein Kapitel über die Geschichte von Islamabad.
Nachdem Karachi im Süden am Arabischen Meer zu weit weg von allem war, beschloss der junge islamische Staat namens Pakistan bald, eine neue Hauptstadt musste her. So entstand auf dem Reißbrett Islamabad, etwas nördlich von Rawalpindi. Der Spatenstich erfolgte 1961. Irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft, werden die beiden Städte zusammenwachsen, aber der Unterschied könnte nicht größer sein. Dort das saubere Islamabad, mit Parks und rechtwinklig angelegten Straßen. Hier das Chaos Rawalpindi, mit Menschenmassen, Lärm und viel zu viel Verkehr. All das, was man vom indischen Subkontinent erwartet.
In Karachi hätte ich jetzt auch nicht unbedingt landen wollen, erst kurz zuvor war dort einer dieser sprengwütigen Höhlenbewohner dingfest gemacht worden. Stattdessen bin ich doch recht froh über die geordneten Verhältnisse am Flughafen von Islamabad und danke im Geiste irgendeinem weitsichtigen General, der nicht in Karachi schwitzen wollte. Alles sehr übersichtlich, viele Flieger hat das Personal den Tag über wohl nicht zu betreuen. Die Ausstattung eher spartanisch. Ein hölzernes Pult für den Grenzbeamten, mehr nicht. Viele seiner Landsmänner hat es wohl nach England verschlagen. So gut wie alle mit uns Eingereisten machen den Eindruck, als ob sie gerade von London aus einen Heimatabstecher unternehmen. Selbstverständlich mit Großfamilie im Gepäck. Dazu muss man wissen, Pakistan ist der muslimische Teil des einstigen Kolonialreiches der Briten auf dem indischen Subkontinent.
Weiterhin fällt auf, alle laufen hier im „Pyjama“ herum. Man sieht, wie es in islamischen Ländern üblich ist, fast nur Männer. Alle in weiten, vorzugsweise hellblauen, bis zu den Knien reichenden, dünnen Leinen-Hemden gekleidet. Darunter eine gleichfarbige Hose vom selben Material. Nennt sich „Shalwar Kameez“ und ist so etwas, wie die pakistanische Nationalkleidung. Frauen, wenn man sie denn sieht, tragen