Professors Zwillinge im Sternenhaus. Else Ury
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Professors Zwillinge im Sternenhaus - Else Ury страница 5
»Du mußt von Anfang an Ordnung halten, Herbert. Sonst hast du keine Freude an deinem Zimmer.« Die Mutter begann die herumliegenden Sachen fortzuräumen.
»Ich habe mehr Freude, wenn es liederlich aussieht, dann fühle ich mich hier viel wohler«, beteuerte der Sohn.
»Ich komme immer zu Besuch zu dir, Herbert, und dann räume ich auf«, versprach seine Zwillingsschwester. »Und du mußt mich auch besuchen. Dann sitzen wir auf meinem kleinen Rosensofa. Aber Bubi darf nicht mit rein. Der zerfetzt alles. Und außerdem hält er keinen Frieden mit Piccola.«
»Ohne meinen Bubi komme ich auch nicht«, brummte Herbert. »Sieh mal, hier soll mein neues Terrarium stehen. Ich fange mir bestimmt eine Schlange dafür. Der Großpapa hat gesagt, es gäbe hier viele Kreuzottern im Thüringer Wald.«
»Muttichen, ist das wahr?« Suses hellbraune Augen sahen erschreckt drein.
»Nicht mehr als allenthalben in den Bergen.«
»Na, dann bin ich zum ersten und zum letzten Male in deinem Zimmer gewesen, Herbert. Und die Tür riegele ich ab. Mutti, können Schlangen durchs Schlüsselloch kriechen?« fragte Suse ängstlich. »Ach, und der Balkon geht von einem Zimmer ins andere. Da muß Vater eine Wand ziehen lassen«. Suse blickte so angstvoll, als ob die Schlange bereits in Sicht sei.
»Meine Schlange kriecht über jede Wand«, rühmte sich Herbert. »Jeden Abend lasse ich sie in dein Zimmer.«
»Pfui, Herbert, du sollst die Suse nicht immer ärgern«, gebot die Mutter, ernst werdend.
»Ich muß ihr doch die dumme Furcht abgewöhnen. Dazu bin ich als ihr Zwilling verpflichtet.«
»Als ihr Zwilling bist du dazu verpflichtet, lieb und nett mit ihr zu sein wie früher. Die Großeltern in Freiburg wollten euch gar nicht zusammen dabehalten, weil ihr immer miteinander Streit hattet. Ich habe mich wirklich geschämt.«
»Ach, Mutti, da brauchen wir uns doch bloß zu schämen. Aber Suses Katze ist schuld an allem. Sie läuft immer hinter Bubi her. Und wenn der sie mal ein bißchen zaust – er kann sie nun mal nicht leiden, weil er Deutscher und sie Italienerin ist –, dann wird Suse gleich frechdachsig zu mir. Als du Bubi mit nach Jena genommen hattest, Mutti, haben wir uns wieder sehr gut vertragen.«
»Na, dann weiß ich ja, was ich zu tun habe. Wenn ihr euch wie Hund und Katze benehmt, werden die beiden einfach abgeschafft«, drohte die Mutter.
»Was – Bubi?«
»Meine süße Piccola?« Die Kinder trauten ihren Ohren nicht.
»Freilich – aber ich hoffe, das wird nicht nötig sein. Ihr wart doch früher so lieb miteinander. So, nun wollen wir unser Sternenhaus weiter anschauen. Hier ist unser Schlafzimmer. Auf dem Balkon steht Vaters Fernrohr. Dort das Badezimmer und das Fremdenzimmer, wenn jemand aus Freiburg zu Besuch kommt.«
»Oder aus Berlin«, sagten die Zwillinge wie aus einem Munde. Denn sie bangten sich schon nach ihrer »kleinen Omama«, der Mutter ihres Vaters, die sie anderthalb Jahre nicht gesehen hatten und an der sie mit großer Liebe hingen.
»Oben ist der Boden. Da ist noch ein Mansardenzimmer für die neue Minna.«
Natürlich mußten die Kinder bis in den äußersten Bodenwinkel hineinkriechen und alles durchstöbern.
»Na, wie gefällt es meinen Kindern im neuen Sternenhaus?« erkundigte sich der Vater unten.
»Fein ist es, Vatichen.«
»Du hast ja noch gar nicht Muttis Wohnzimmer und Vatis Arbeitszimmer gesehen.« Herbert war mit seiner Führung noch nicht zu Ende.
»Ach, wieder alle die großen Sternkarten an den Wänden wie in Berlin«, sagte Suse, erfreut in Vaters Zimmer Umschau haltend. »Was ist denn das für 'n komisches Ding? Ist das unser Radio?«
»Nein, das ist ein neuer Messapparat hier aus den optischen Werkstätten von Zeiß, den ich erproben soll. Herbert – Junge – laß die Finger davon. Das ist kein Spielzeug. Die geringste Veränderung bringt falsche Angaben.«
»Unsern Radio lege ich ganz allein an, Suse, da darf auch keiner ran, sonst funktioniert er nicht«, spielte sich Herbert auf. Er konnte es nun mal nicht vertragen, zurechtgewiesen zu werden.
»Habt ihr denn nun alles gesehen, Kinder?« fragte die Mutter.
»Die Küche, wo ist denn die Küche?« fiel es Suse als künftige Hausfrau ein.
»Die ist unten im Souterrain. Auch die Waschküche, die Speisekammer und die Zentralheizung sind dort untergebracht.«
»Au, die muß ich sehen.« Herbert wollte spornstreichs die von der Diele herabführende Treppe hinunter. Da hemmte er den Schritt. »Was sind denn hier noch für Zimmer?« Er versuchte eine nach der andern Seite des Hauses führende Tür zu öffnen. Sie war verschlossen.
»Was ist denn da drin, Mutti?«
»Ein Geheimnis«, gab diese lächelnd zur Antwort.
»Das hört sich ja ganz graulig an. Als ob Blaubart dahinter wohnt.« Suse machte schon wieder ängstliche Augen.
»Na, ganz so schlimm ist es nicht«, lachte die Mutter. »Herbert, höre auf, an der Tür zu rütteln. Ich muß doch erst aufschließen.« Die Mutter griff nach einem Schlüssel am Bunde.
Die Tür öffnete sich – als erster sprang Bubi hinein.
»Nanu –?« Die Zwillinge standen starr.
»Das sind ja die Möbel von der kleinen Omama in Berlin – ganz bestimmt, Muttichen, ich kenne sie wieder. Da ist ihr Ledersessel und die Glasservante und die Mahagonikommode, der alte Sekretär und das grüne Plüschsofa.« Suse lief aufgeregt von einem Stück zum andern und streichelte es in Wiedersehensfreude, als sei es die Omama selbst.
Herbert aber war schon weiter, im Nebenzimmer.
»Und hier sind ja die Möbel von Frau Annchen, die früher Kinderfrau bei uns war. Die Bauerntruhe mit den roten Blumen kenne ich noch ganz genau. Wenn ich unartig war, wollte Frau Annchen mich immer da einsperren. Was bedeutet denn das bloß, Mutti?«
»Warum sind denn Omamas Möbel hier bei uns?« Gespannt hingen die Zwillinge an Mutters Lippen.
»Weil die Omama und Frau Annchen in vier Wochen zu uns ziehen. Vater meint, sie seien lange genug allein in Berlin gewesen, jetzt sollen sie bei uns – – –«
Aber weiter kam die Mutter nicht. Helles Jauchzen übertönte ihre Stimme. Die Zwillinge hatten sich an den Händen gefaßt und sprangen jubelnd im Zimmer der Großmama herum: »Die kleine Omama kommt – die kleine Omama kommt für immer zu uns!« Und Bubi blaffte so laut dazwischen und gebärdete sich so verdreht vor Freude, als ob es seine eigene Omama wäre.
Vater und Mutter aber sahen auf die glücklichen Kinder.
»Möge das Sternenhaus immer so frohe Menschen in sich schließen!«