Alltagsleben nach 1945 in Mecklenburg. Horst Lederer

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Alltagsleben nach 1945 in Mecklenburg - Horst Lederer gelbe Reihe bei Jürgen Ruszkowski

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Wirsitz),

      die Familie Braun (Rücksiedler aus Wolhynien),

      die Familie Schmidt, Nittel).

      Aus Ostpreußen waren

      das Ehepaar Raudszus,

      die Familie Schreiber,

      die Alleinstehende Ida Witt,

      die Familie Dreyer (aus Königsberg).

      Aus Schlesien kamen:

      Familie Pescha (aus Konstadt, Kreis Kreuzburg),

      Familie Grzyb (aus Meseritz, Grenzmark).

      Aus der Provinz Posen waren

      die Familien Schmidt / Wojahn / Sager (aus Karlsruhe, Rogasen).

      Die Geschwister Kosbab waren unbekannter Herkunft.

      – – –

      Ein weiteres Ereignis brachte Aufregung und Unruhe in den Alltag der Arpshagener. In den letzten Apriltagen 1945 war ein Güterzug aus Richtung Grevesmühlen mit Gütern zur Versorgung der Besatzung des Flugplatzes Tarnewitz etwa 30 bis 40 Meter vor dem Bahnübergang Arpshagen / Bothmer in Richtung Kauhkoppelbusch zum Stehen gekommen. Die Lokomotive war sicher nach Grevesmühlen zurückgefahren worden, weil der Zug auf dem Klützer Bahnhof keine Einfahrt erhalten hatte.

      Die damalige Arpshagenerin Käte Göwe berichtete: „Es ging in Arpshagen und Klütz herum wie ein Lauffeuer: „Da ist ein Zug auf der Strecke! Da ist allerhand zu holen!“ Da haben wir erst Angst gehabt, aber dann bin ich auch mitgelaufen. Und dann haben sie Waggons aufgemacht. Da waren Sachen drin, in einem nur Pappeimer mit Marmelade. Einer stand im Waggon und hat immer herausgereicht, und dann hab’ ich zum Glück auch einen Marmeladeneimer erhascht...“ In einem Waggon befanden sich Teppiche, in einem weiteren Kleidung für Flugzeugpiloten, u. a. Lederkappen, pelzgefütterte Pilotenstiefel, Lederhandschuhe, Hosen, kurze wattierte Lederjacken, dunkelblaue Wollpullover (Troyer)…

      Offensichtlich war nicht nur Käte Göwe, verheiratete Moll, an diesem Beutezug beteiligt. Mitte der Vierzigerjahre habe ich mindestens zwei Angehörige der Familie Frederich in Pilotenkleidung bei der Feldarbeit beobachtet, und noch 1948 bot Frau Andersson meiner Mutter mehrere dieser dunkelblauen Troyer an, die uns Kindern damals aber viel zu groß waren und deshalb von meiner Mutter dankend abgelehnt wurden.

      Im Zusammenhang mit dem Abzug der britischen Besatzungssoldaten verließ am 30. Juni 1945 auch der Pächter Ludwig Boeck mit seiner Familie und einigen Angestellten Arpshagen. Er führte nicht nur seinen gesamten Privatbesitz mit nach Niedersachsen, sondern auch einen Großteil der Arpshagener Pferde, die ihm gar nicht gehörten. Auch andere Familien aus Arpshagen verließen seinerzeit das Gutsdorf, Staszinska (nach Klütz), Langhans, Bössow, Buuck, Schreiter, J. Dunkelmann, Faasch (alle mit unbekanntem Ziel).

      Ob nun das „einnehmende Wesen“ des ehemaligen Pächters Boeck für die Arpshagener Landarbeiterfamilien ein Vorbild gewesen ist, mag dahingestellt sein. Aber ab 1. Juli bedienten sich einige von ihnen mit zurückgelassenem Mobiliar aus dem Gutshaus Arpshagen, aber auch aus dem Schloss Bothmer.

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       Foto: Waltershausen

      So wechselten wertvolle Tische, Schränke, Betten, Stühle, Kommoden, Sessel, Couches mit dem Aufkleber „Gräflich von Bothmersches Fideikommiss“ in die Wohn- und Schlafzimmer der Arpshagener Landarbeiterkaten. Jeder nahm sich, was er gerade kriegen konnte. Auch als unsere spätere Nachbarin Anna Patynowski nach der Abreise der Familie Boeck feststellte, dass sich in dem kleinen gemauerten Ställchen vor dem Gutshaus noch eine Gans mit mehreren Gösseln befand, hatte sie keine Hemmungen, die Tiere die Straße entlang zu ihrem neuen Wohnsitz in ersten Katen von Klütz aus (vormals Faasch) zu treiben. Ob sie dabei kein schlechtes Gewissen gehabt hätte? „Wieso eigentlich? Das machten doch alle Arpshagener so!“

      Die Neuverteilung des Wohnraums

      Die Neuverteilung des Wohnraums in den vier Katen regelten die Landarbeiter unter sich. Die Familie Staszinska zog in das Gebäude neben dem „Zoll“ in Klütz. Estermanns verließen die „Schnitterkaserne“ und übernahmen Staszinskas Wohnung. In den frei gewordenen Räumen der Familie Langhans fand der Schwiegersohn von Hermann Kaßner, Karl Lüth, mit Frau Frieda und Tochter Edeltraud Unterkunft.

      Die Familie Bössow hatte bei ihrem Wegzug die erste Wohnung des zweiten Katens frei gemacht. Dort zog der ehemalige Gutsschäfer Albert Pagel mit Familie ein, und die abgewanderten Familien Buuck und Schurz machten im zweiten Katen Platz für Törbers und Kidschuns.

      Einen politischen Hintergrund hatte der Wohnungswechsel zwischen Anderssons und Schröders. Bis Mai 1945 wohnte Familie Erich Schröder im Vogthaus, weil Schröder in der NS-Zeit die Funktion des Vorschnitters innehatte. Er war nur zu diesem Posten gekommen, weil er Mitglied der NSDAP war. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes musste er nicht nur sein Amt als Vorschnitter aufgeben, sondern auch die Wohnung im Vogtshaus, in das Anderssons einzogen, nachdem Fritz Andersson neuer Vorschnitter geworden war. Schröders zogen deshalb mehr oder weniger freiwillig in den dritten Katen ein. Die Familie Fuchs mit Schwiegersohn Hubert Hübner übernahm Pagels Wohnung, und Marian Michalowski und Haushälterin Rosa Raczinski zogen aus der „Schnitterkaserne“ in den dritten Katen um.

      lm vierten Katen waren die Wohnungen der Familien Faasch und J. Dunkelmann frei geworden. Diese übernahmen nun die Familien Stefan und Heinrich Patynowski, die bis dahin auch in der „Schnitterkaserne“ gewohnt hatten.

      Erheblich komplizierter war die Unterbringung der zahlreichen Flüchtlinge. Als Vorschnitter sorgte Erich Schröder für die Familien Nittel, Schulz und Zilch mit Unterstützung des Pächters Boeck für Wohnraum, indem er vier eigene Räume im Vogtshaus frei räumte und einen Nebenraum des Speichers zum provisorischen Bewohnen umfunktionierte.

      Fritz Schmidt, dessen Mutter und Schwester Else quartierte er bei Familie Karl Lüth ein.

      1944 wurde „eine Wohnbaracke zur Unterbringung ausländischer Arbeiter auf dem Gelände der Gutsverwaltung Arpshagen im Wiesenbereich östlich der Landstraße“ errichtet. Sie stand beim Eintreffen der ersten Flüchtlingswelle leer. Hier zogen das Rentnerehepaar Raudschus, die Alleinstehende Ida Witt, Familie Bruno Grzyb (Bruno, Frau und Kinder Gerhard, Gertrud und Georg, „Jorke“), Familie Schreiber (Fritz, Mutter, zwei Töchter) und Franz Ziesler mit Ehefrau, Stieftochter...Remus, Kindern Heinz, Else und Herta ein.

      Anna Bansen mit Tochter Anneliese und Sohn Werner wurden in das Obergeschoss der „Burg“, des Landarbeiterwitwenhauses an der Straße nach Bothmer, eingewiesen.

      Da Familie Karl Staszinska die letzte Wohnung im dritten Katen verlassen hatte und nach Klütz gezogen war, zogen nach ihrer Ankunft in Arpshagen die Familien Wilhelm Popko mit Ehefrau und Sohn Bernhard (*01.01.1931; †22.01.2015) sowie Hermann Reinke mit Ehefrau Anna, Töchtern Annemarie (*22.10.1926; †05.03.2012), Erika (*24.01.1938), Sohn Gerhard (*28.06.1936; †1989), Schwiegermutter und Schwägerin in die unbewohnten Räume ein.

      Leer stand auch die „Schnitterkaserne“, aus der Michalowski / Raczinski, Estermann und Familien Patynowski ausgezogen waren. Im oberen Stockwerk richteten sich Familie Wilhelm Wollmann mit Ehefrau, Sohn Manfred (*l944), Schwiegereltern Kirschstein und Neffen Gustav Redemann (*25.04.1933; †04.11.2012) wohnlich ein, im Erdgeschoss rechts Familie Max Kirschstein mit Ehefrau Marie, Sohn Rudolf

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