Faro. Ole R. Börgdahl

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Faro - Ole R. Börgdahl

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Sie meinen diesen Onkel Eduard aus Bentschen, um den es vorhin beinahe Ärger gegeben hätte.«

      »Ja, Metzler hatte die Platte auch an Bord.« Kehls Stimme klang nun fast ein wenig traurig. »Der Onkel Eduard, also die Musik, war dann irgendwie eine Art Talisman auf Metzlers Boot. Ich dachte, das könnte bei uns auch ganz lustig sein.«

      »Ihr Onkel Eduard hat nicht sehr viele Freunde unter den Lords, fürchte ich.«

      Kehl lachte auf. »Keinen Einzigen, nicht einen. Greimel hat sogar behauptet, dass es Judenmusik sei, aber das kann doch nicht sein, sonst hätte Metzler den Onkel Eduard doch niemals auf seinem Boot spielen lassen, oder?«

      Michael zuckte mit den Schultern. »Der Onkel Eduard hat jedenfalls keine Chance gegen die Serrano, fürchte ich.«

      »Na ja, was soll‘s, ist vielleicht auch besser so. Mein Alter hat mich nämlich beschworen, die Platte wieder heil mit nach Hause zu bringen. Ich werd’ sie gar nicht an Bord nehmen, aber das Buch nehme ich mit.«

      *

      Die Männer standen in einer geordneten Schlange. Obersteuermann Petersen hatte die Aufsicht. Es ging zügig voran. Drei Matrosen waren für die Ausgabe abgestellt. Einer verteilte das U-Boot-Päckchen und die Seestiefel, einer das Kölnisch-Wasser und der Dritte die Schokolade. Matrose Kehl hatte die Bordkleidung gerade in Empfang genommen. Es war das kleine U-Boot-Päckchen, also gab es auf dieser Fahrt keine Wollsachen. Kehl hielt sein U-Boot-Päckchen vor dem Oberkörper und ließ sich die beiden Fläschchen Kölnisch-Wasser und die drei Dosen Fliegerschokolade noch darauflegen. Als er zur Seite trat rutschten ihm die Sachen beinahe herunter, er konnte es gerade noch verhindern.

      Der Tauschhandel hatte schon begonnen. Die Schokolade war natürlich sehr begehrt und wurde nur von wenigen der Männer verkauft oder gegen das Kölnisch-Wasser eingetauscht. Gefreiter Weiss, der Smutje, gehörte zu diesen wenigen. Er hatte aus seinen zwei Fläschchen bereits neun gemacht und er handelte gerade um eine zehnte. Michael trat dazu.

      »Hier Theo, Nummer elf und Nummer zwölf, kleines Geschenk von deinen dich liebenden Torpedomixern.«

      Michael forderte keine Gegenleistung, noch nicht, denn das würde auf der Fahrt bestimmt noch kommen. Es war eben immer von Vorteil, sich den Schiffskoch gewogen zu halten.

      Schlenker kam vorüber und blieb stehen. Er sah die Ausbeute des Smutjes und schüttelte den Kopf. »Wenn die Fressalien einmal nach dem Zeugs da schmecken, dann hau ich dir eine runter, das schwöre ich.«

      Weiss ließ sich nicht beeindrucken. Er lachte. »Ihr wollt doch immer, dass ich mal französisch koche, dafür brauch’ ich nämlich das Parfum, du Ochse.« Das Wort Parfum sprach Weiss dabei ganz und gar nicht französisch aus.

      Schlenker zog schließlich weiter, ohne noch etwas zu erwidern. Weiss steckte sein volles Dutzend Fläschchen in eine Leinentasche und strebte der Stelling zu. Er konnte seine Habseligkeiten schon jetzt an Bord zu verstauen. In seiner Küche gab es dafür immer noch ein Plätzchen. Michael betrachtete sich die Schokolade. Er hätte sich jetzt, gerade in diesem Augenblick, gerne ein Stück genommen, aber er wusste, dass er es später bereuen würde. Er zögerte, verteilte die Dosen schließlich auf die Taschen seiner Uniformjacke und ging.

      *

      »Kaffee?«, fragte Manfred Keicher.

      Michael blickte auf, schob gleich das Lesezeichen zwischen die Seiten und schlug das Buch zu, in dem er gelesen hatte. Manfred Keicher stellt eine dampfende Tasse auf den Tisch und setzte sich zu ihm.

      »Danke!« Michael nahm die Tasse und trank vorsichtig einen Schluck. »Hast sogar an den Zucker gedacht.«

      Manfred Keicher nickte und griff dann nach Michaels Buch. »Zeig mal, was lieste denn da immer?«

      »Bordlektüre, Familiengeschichte aus dem alten Ostpreußen, lag unterm Tannenbaum.«

      »Die Barrings«, las Manfred Keicher den Titel laut vor. Er wiegte das Buch in der Hand. »Ganz schöner Wälzer, was. Und, ist es gut?«

      »Nicht grad’ ein Abenteuerroman, aber recht unterhaltsam, wenn man es historisch mag.«

      »Ach, nee, nich’ doch!«, stöhnte Keicher auf. Dann blätterte er aber doch in dem Buch, begann auf irgendeiner Seite zu lesen, überflog ein paar Zeilen, blätterte weiter und las auf einer anderen Seite. »Oh, hier steht was von Bismarck.«

      Michael nickte. »Es spielt zu Kaiserszeiten, Wilhelm Eins und Fürst Bismarck.«

      Manfred Keicher blickte hinüber zum Nachbartisch, an dem Obermaat Klaus Lischke in einer Zeitung vertieft saß. Dann sagte er laut: »Da fällt mir ein, hat sich der Führer nicht in eine Reihe mit dem Alten Fritz, mit Bismarck und mit dem ollen Hindenburg gestellt?«

      Michael hatte gleich verstanden, was Manfred Keicher vorhatte. Er sah ebenfalls zu Lischke hinüber, der so tat, als wenn er nichts gehört hätte. Lischke blätterte sogar ganz unbeteiligt die Zeitung um und heftete seine Augen auf einen der Artikel.

      Michael räusperte sich, bevor er antwortete. »Also, ich erklär’ dir das mal. Bismarck war Reichskanzler und Hindenburg Reichspräsident. Der Führer ist beides, also ist das doch nicht ganz so verkehrt, dass er dazugehört, in diese Reihe, mein’ ich, oder?«

      »Moment Mal, Moment Mal«, trumpfte Manfred Keicher auf. »Unser Führer ist aber doch nicht der König von Preußen, wie es der Alte Fritz war, das kann man doch wohl nun nich’ behaupten.«

      Lischke sah endlich auf. Er faltete die Zeitung zusammen, als wenn er im Begriff sei aufzustehen, aber er blieb sitzen als wenn er auf Michaels Antwort wartete.

      Michael tat ihm den Gefallen. Er räusperte sich erneut »Hör’ mal zu, Manfred. Der Nachfolger vom König oder eben auch vom Kaiser ist doch der Reichspräsident und so hat das alles wieder seine Richtigkeit.« Michael zählte mit den Fingern noch einmal auf. »Alter Fritz, Bismarck, Hindenburg und schließlich unser geliebter Führer Adolf Hitler. Eine Reihe und in einem Atemzug zu nennen, oder?«

      Manfred Keicher rieb sich das Kinn. »Ich merke schon, du hast da mehr Ahnung von, als ich. Vielleicht sollte ich doch mal dieses Barring-Buch lesen.«

      Michael zuckte mit den Schultern. »Kannst es gerne haben, wenn ich damit durch bin. Gibt sogar noch ’ne Fortsetzung.«

      »Noch so’n Wälzer?«

      Michael nickte.

      »Ach nee, ich lass es doch lieber bleiben. Ich hab’ das ja jetzt verstanden, wie das mit dem Führer, dem Alten Fritz und mit Hindenburg und Bismarck is’.« Manfred Keicher zwinkerte Michael zu.

      Obermaat Lischke tat weiterhin wie unbeteiligt, stand schließlich von seinem Platz auf und verließ ohne eine Bemerkung den Raum.

      *

      Die Fenster waren verdunkelt, gedämpfte Musik drang auf die Straße. Die Männer im Lokal begannen ein Lied anzustimmen. Michael saß am Bordstein, das Gesicht in die Hände vergraben. Das Gegröle wurde kurz lauter, als Greimel aus dem Lokal auf den Bürgersteig trat. Er setzte sich zu Michael, zündete sich eine Zigarette an und reichte sie ihm.

      »Nimm mal ein paar Züge, dann wird’s dir besser.«

      Michael schüttelte

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