Faro. Ole R. Börgdahl
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»Emmermann ist heute früh eingelaufen.«
Michael zuckte zusammen, als er plötzlich von der Seite angesprochen wurde. Neben ihm stand Funk-Maat Norbert Greimel.
»Die hatten ganz schön geflaggt, mindestens fünfzigtausend Tonnen, mindestens. Mal sehen, was der Alte nachher erzählt. Kuhnke war natürlich auch schon da, hat die Mannschaft persönlich begrüßt, die waren ja auch fast fünf Monate unterwegs. U-172, der Stolz der 10.-Flotille.«
Michael gab Greimel die Hand.
»Und sonst, die Tage gut überstanden?«
Greimel nickte. »Ging so, ich bin schon seit gestern wieder auf unserer treuen Seekuh. Wir müssen uns ranhalten, wenn der ganze Elektrokram bis zum Auslaufen funktionieren soll.«
»Ach, gibt’s schon einen Auslauftermin?«, fragte Michael überrascht.
»Nee, das nicht, also nichts was ich weiß, aber ich denke, mehr als zehn Tage haben wir nicht mehr. Ich musste schon jede Menge Bestellungen raushauen.«
»Weißt du auch schon, wann meine Torpedos kommen?«
Greimel schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, der neue I WO ist ja auch noch nicht da.«
»Was, immer noch nicht. Der Herr Oberleutnant Rath ist doch schon seit fast einem Monat weg, da wird’s doch eigentlich langsam Zeit. Der Neue muss sich schließlich noch zurechtfinden. Wie denken die sich das eigentlich?«
Greimel zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht. »Der Rath hatte es über Weihnachten bestimmt richtig gut. In Paris und dann mit den hohen Herren.«
Michael nickte. Er musste jetzt zusehen, sich an Bord zu melden. Mit Greimel konnte er später noch reden. Er trat vor die Stelling, blieb stehen und salutierte. Leutnant Landenberger wandte sich ihm zu.
»Ober-Mechaniker-Maat Stromm meldet sich auf dem Boot zurück.« Michaels Worte klangen scharf und militärisch.
Landenberger salutierte ebenfalls und erst jetzt betrat Michael die Stelling und ging aufs Deck von U-810.
»Sie haben Pech, Herr Obermaat, Gefreiter Zimmer fällt vorerst aus. Hat sich das Bein gebrochen.«
Michael überlegte. »Aber ich bekomme doch Ersatz.«
»Die Mannschafft wird natürlich um einen Mann ergänzt, aber es wird kein Torpedomechaniker sein.« Landenberger zögerte. »Der Kaleun wird Ihnen das nachher wohl mal erklären.«
»Jawohl, Herr Leutnant.«
Michael dachte sich seinen Teil. Es war keine gute Nachricht. Gefreiter Zimmer war ein hervorragender Mechaniker. Gefreiter Maier, Michaels zweiter Mann, hatte lange nicht das Torpedowissen. Michael schaute zu dem Schwesterboot. Die Kommandanten Emmermann und Sieber unterhielten sich noch immer. Michael musste warten, bis er Näheres von Kaleun Sieber erfahren würde. Das Kombüsenluk stand offen. Michael ließ seinen Seesack nach unten fallen und stieg dann selber hinab in die Stahlröhre des Bootes. Die Kochnische der Kombüse glänzte, der Holzboden war gewachst, alles war noch einmal geputzt worden, bevor der Smutje sich in den Weihnachtsurlaub verabschiedet hatte. Michael ließ seinen Seesack in der Kombüse stehen. Er wollte zunächst in den Bugraum, sich dort die technische Abteilung ansehen. Die Kojen in der Unteroffiziersmesse waren noch nicht belegt, Decken und Bezüge lagen zusammengerollt am Kopfende der Doppelstockbetten. Die Stauräume waren noch leer. Michael erreichte das Schott zum Bugraum. Es war verschlossen. Er brauchte Kraft, um das Handrand zu drehen. Es zischte, als die Luke aufsprang. Michael kletterte in den Bugraum. Es roch nach Schmieröl und Fett, auch hier war die Mannschaft noch nicht eingezogen. Es gab zehn Kojen für zwanzig Mann. Der Bugraum war kaum acht Meter lang, gerade so viel Platz, dass die Torpedos unter die Flurplatten passten. Michael ging bis ans Ende, zu den vier Torpedorohren und legte die rechte Hand auf die weißlackierte Verschlussklappe von Rohr eins. Es war ein Ritual, er berührte nacheinander auch die Verschlussklappen der anderen drei Torpedorohre. Die Rohre waren jetzt noch leer. Während der Werftliegezeit waren die Torpedos wieder entladen worden und fuhren inzwischen auf anderen Booten. Michaels Blick glitt sekundenlang über die Armaturen und die elektrischen Leitungen, über die Hebel, Schieber und Rundinstrumente. Er drehte sich schließlich um, sah zur Decke. Das Torpedoluk war in einem Winkel von 60° in die Druckhülle des U-Bootes eingelassen, nur so konnten die Torpedos schräg, fast liegend abgeviert werden. Michael verließ den Bugraum. Er ging durch die Unteroffiziersmesse zurück zur Kombüse und griff sich seinen Seesack. Er ging weiter in die Offiziersmesse. Vor der Zentrale lagen auf der linken Seite der Fernmelderaum und der Ortungsraum und gleich gegenüber der winzige Kommandantenraum. Das Schott in die Zentrale stand weit offen. Michael durchquerte den engen Raum, ging am Kartentisch und an den Handrädern des Seiten- und Tiefensteuerstands vorbei und sah einmal kurz in den Turm hoch. Das Kugelschott zum Diesel- und E-Maschinenraum stand ebenfalls offen. Michael kletterte hindurch, blieb stehen und sah sich die ruhenden Aggregate an. Auch hier glänzte alles vor Sauberkeit. Er ging an den Zylinderreihen der beiden Dieselmaschinen vorbei, über ihm das Maschinenraumluk. Er passierte die E-Maschinen mit ihren aufgesetzten Lüftern und trat vor das verschlossene Kugelschott, das in den Hecktorpedoraum führte. Er öffnete es, wieder ein leises Zischen, als die Dichtungen des Schotts Luft in den Hecktorpedoraum einströmen ließen. Michael schob seinen Seesack voran und schwang sich über das Süll. Er sah sich um, die Koje unterhalb des Torpedoluks war die Seine. Michael schlief hier bei der Mannschaft. Er stellte den Seesack vor das Doppelbett, ging weiter zu den Rohren. Er vollendete sein Ritual, legte nacheinander die rechte Hand auf die beiden Verschlussklappen.
*
Am Vormittag kam Leben in den Bunker. Die Besatzungen von zwei Kampfbooten verrichteten ihren Dienst. Die Männer von U-172 räumten ihr Boot aus. Nach hunderteinunddreißig Tagen auf See war allerdings nicht mehr viel auszuräumen. Die restliche Munition der Kanone und der Zwillingsflak wurde von Bord gebracht, in Stahlkisten verstaut und mit Karren in das Magazin des Kéroman I gebracht. Von der Verpflegung war nur ein Pappkarton mit verschimmelten Broten, ein halber Sack Kartoffeln und eine Palette Konserven übriggeblieben. Die haarigen Schimmelsporen wirkten wie ein dunkelgraues Fell auf den Brotlaiben. Die Lords nannten sie U-Boot-Kaninchen. Mit ihren persönlichen Sachen bepackt verließen schließlich Matrosen und Unteroffiziere den Bunker. Die Offiziere übergaben ihr Boot der Bunkerwache und folgten der Mannschaft von U-172 in den Urlaub.
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