EURO-Bankraub. Thomas Krause R.
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Die einzig offene Frage ist in dieser verzwickten Lage also nur noch, ob die von der Notenbank Zyperns gewährten ELA-Liquiditätshilfen auf unbestimmte Zeit verlängert werden oder ob die aus der Unterstützung der Geschäftsbanken resultierenden Verbindlichkeiten als Staatsschulden über den ESM-Rettungsmechanismus ausgeglichen werden. Im Fall des Einsatzes des ESM-Rettungsfonds gibt es zwei Varianten. Entweder der ESM-Rettungsfonds beteiligt sich direkt an den Banken Zyperns oder der ESM unterstützt Zypern, seinerseits das empfangene Geld für den Rückkauf der risikobehafteten Bankanleihen und sonstigen Wertpapiere an die Notenbank Zyperns weiterzuleiten. Die Regierung überweist das Geld an die Notenbank Zyperns, die der Regierung die Bankanleihen und sonstigen Wertpapiere aushändigt. Als Sicherheit würde die Regierung Zyperns dem ESM-Rettungsfonds Staatsanleihen überlassen in Höhe des für den Rückkauf der Schrottpapiere benötigten Betrages.
Damit wäre die Notenbank Zyperns nicht mehr mit den risikobehafteten Bankanleihen und sonstigen Wertpapieren belastet. Auf der anderen Seite könnte die Notenbank Zyperns dieses Geld für den inländischen Geldkreislauf zur Verfügung stellen, bzw. auf das Drucken neuen Geldes in dieser Höhe verzichten. Falls genug Zentralbankgeld in Zypern in Umlauf ist, bestünde sogar die Notwendigkeit, dass die Notenbank Zyperns Zentralbankgeld bei ihren Banken in der Höhe der vom ESM-Rettungsfonds erhaltenen Gelder reduziert, um ein inflationäres Anwachsen der Geldmenge in Zypern aufgrund der ESM-Finanzhilfe zu vermeiden.
Durch den Verzicht der Notenbank Zyperns, für die Bankenrettung zusätzliches Geld zu drucken, sondern Rettungsgelder aus dem ESM zu verwenden, würden auch die Target2-Kreditverbindlichkeiten im Fall weiterer Bankenrettungsmaßnahmen nicht mehr steigen, bzw. könnten im Fall der Übertragung der risikobehafteten Bankanleihen von der Zyprischen Notenbank auf den ESM sogar reduziert werden, da überschüssig gedrucktes Geld in Zypern durch Geld ersetzt würde, das in den Geldschöpfungsdefizitländern bereitgestellt würde.
Das Geldschöpfungsdefizit im wirtschaftlich starken Land würde sinken und damit auch seine Target2-Forderungen abbauen. Die risikobehafteten Bankanleihen und sonstigen Schrottpapiere würden nach demokratischen Prinzipien je nach gewählter Variante entweder von der Regierung Zyperns übernommen oder direkt vom ESM, der ebenfalls seine Mittel auf Grundlage demokratischer Entscheidungsprozesse von den Gebeländern erhalten hat.
Plötzlicher Meinungswechsel
Der Nachteil der Lösung der Bankenschuldenkrise über den ESM-Rettungsfonds ist, dass die aufzukaufenden Bankanleihen aufgrund ihres hohen Ausfallrisikos die Ausleihkapazität des ESM deutlich reduzieren würden. So ist nach Konsultationen des ESM mit Ratingagenturen davon auszugehen, dass für jeden EURO direkter Bankenrettung die Ausleihkapazität des ESM um drei EURO zu senken ist70. In Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung der Bankenhilfe würden die 500 Milliarden EURO, über die der ESM für die Rettung von Staaten verfügt, nur für direkte Bankenrekapitalisierungen in Höhe von etwa 170 Milliarden EUR ausreichen. Dies ist angesichts der Größe der Bankenprobleme ein Tropfen auf den heißen Stein und würde den ESM schon in kürzester Zeit überfordern. Aufgrund der Übertragung der ursprünglich vom EFSF-Fonds zu leistenden Hilfszahlungen an den ESM-Rettungsfonds für die Unterstützung der spanischen Banken in Höhe von 100 Milliarden, sind bei voller Ausschöpfung des zugesagten Ausleihvolumens nur noch 70 Milliarden EURO im ESM für weitere Bankenrettungen verfügbar. Für die Krisenländer selbst bleibt kaum noch Geld aus dem ESM-Rettungsschirm übrig, um der Bevölkerung in den Krisenländern zu helfen.
Es kann als Skandal aufgefasst werden, wie wankelmütig die deutsche Bundeskanzlerin die Unterstützung ursprünglich privater, inzwischen aber verstaatlichter Geschäftsbanken in den Krisenländern mit dem Geld der Steuerzahler akzeptiert hat. Noch beim Krisengipfel im Oktober 2012 in Brüssel wurde von Angela Merkel die Rekapitalisierung von Pleitebanken mit Geldern aus dem ESM-Rettungsschirm gegen den Widerstand Frankreichs abgelehnt. Nach Beschluss der 27 europäischen Staats- und Regierungschefs wurde als Voraussetzung für die Gewährung von Hilfen des ESM an die Banken die Einrichtung einer starken zentralen Aufsicht über die Banken der EURO-Länder festgelegt, die aufgrund der Komplexität der Aufgabe frühestens Ende 2013 erreicht werden könnte71.
Nicht einmal zwei Monate später sah die politische Einschätzung in Berlin ganz anders aus. Bereits Mitte Dezember 2012 sollten gemäß Zustimmung seitens der EU-Kommission und nach Genehmigung des Hilfsantrags Spaniens durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages mehreren spanischen Banken 40 Milliarden EURO an Finanzhilfen aus dem ESM-Rettungsfonds überwiesen werden72.
Wie wir mittlerweile wissen, sind inzwischen 42 Milliarden EURO aus dem ESM-Rettungsfonds an spanische Banken ausgezahlt worden, um die Überschuldung der verstaatlichten Banken in Spanien auf Kosten der europäischen Steuerzahler zu verringern73. Aufgrund der Gewährung von Finanzhilfen an die spanischen Banken in dieser absurd hohen Größenordnung von 41 Milliarden EURO sinkt das Ausleihevolumen des ESM, der sich über die Finanzmärkte refinanziert, um den dreifachen Betrag, also um etwa 120 Milliarden EURO, wenn sich das Bonitäts-Rating des ESM-Rettungsfonds nicht verschlechtern soll.
Die damit verbundene Reduzierung des Ausleihevolumens für Staaten scheint allerdings in Europa für die Entscheidungsträger kein großes Problem zu sein. Es wird Steuergeld abgeräumt, solange es eben geht und die Politiker der Geberländer diese Zusammenhänge nicht durchschauen. Bezeichnenderweise war der erste Rettungseinsatz, den der ESM unter Leitung von Klaus Regling durchführte, die Unterstützung der spanischen Banken mit 42 Milliarden EURO, die an den spanischen Bankenrettungsfonds Frob gewährt wurde74. Als „Gegenleistung“ haben die Pleitebanken dem ESM hauptsächlich Immobilienkredite und Schrottimmobilien übertragen.
Inzwischen stehen schon weitere Finanzhilfen für die spanischen Banken und ein Hilfsantrag von Irland für die Rekapitalisierung der irischen Banken beim ESM auf der Tagesordnung75. Die Überforderung des ESM-Rettungsfonds zeichnet sich schon wenige Wochen nach Durchführung der ersten Rettungsaktionen ab. Vermutlich geht die Rettung der Banken aber auch dann noch weiter, wenn nur noch wenig Geld im ESM verfügbar ist. Es gibt ja noch die EZB, die sich entgegen ihres gesetzlich festgeschriebenen Auftrags gern auch als äußerst kreativer Erfüllungsgehilfe finanzschwacher Finanzminister einspannen lässt, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.
Scheinbare Rettung
Betrachten wir hierfür die Auswirkungen der Rettungsmaßnahmen der EZB auf die Bankenschuldenkrise in Irland, das gerade aus deutscher Sicht immer wieder als Musterland der Rettungsmaßnahmen gepriesen wird. Hier lernen wir eine weitere Form haarsträubender EURO-Rettungsmechanismen der Notenbanker kennen, die bis heute völlig ohne parlamentarische Kontrolle funktionieren. Bereits Anfang 2011 waren die Notfallverbindlichkeiten von Irland auf über 50 Milliarden EURO gewachsen76. Anbetracht der Tatsache, dass für die Rettung der irischen Banken etwa 64 Milliarden EURO notwendig waren, wurde wie in Zypern auch dort mit Duldung der EZB ein Großteil der Bankenrettung über die nationale Notenbank organisiert und der irische Staat von seiner Verpflichtung zur Rettung seiner eigenen Banken enthoben77.
Sehen wir uns diesen interessanten Fall Irland etwas näher an. In der Presse wurde ausführlich darüber berichtet. Der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen hatte sich auf Geheiß des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble für die Lösung des 32 Milliarden EURO Problems der Anglo Irish Bank eine besonders abenteuerliche Abwicklung