Der große Plan. Arthur Fisch
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Welches Interesse aber hätte unsere Bundesregierung daran, andere Länder zu stärken, dafür zu sorgen, dass sie wettbewerbsfähiger werden? Dies ginge nicht ohne Einbußen für die deutsche Wirtschaft von statten. Wettbewerbsfähiger hieße ja schließlich mehr Konkurrenz für deutsche Exporte. Die Zugewinne anderer Staaten würden also mindestens zum Teil zu Lasten der deutschen Exportwirtschaft gehen. Schließlich ist der Markt nicht beliebig zu vervielfältigen. Sicherlich würde durch Stärkung der südeuropäischen Länder auch die dortige Kaufkraft und die Nachfrage gestärkt werden. Der Konsum würde anziehen. Es dahin zu bringen, erfordert aber erst einmal Investitionen, und das, was es später einbringen könnte, wird sich möglicherweise nicht rechnen, was wiederum bedeuten würde, dass das viele Geld fehlinvestiert gewesen wäre. Solange der asiatische Markt boomt, und von diesem Boom profitiert im Wesentlichen die deutsche Wirtschaft, kann sie auf die ‚paar Südeuropäer' verzichten. So oder ähnlich mag die Denkweise der von der Wirtschaft gesteuerten deutschen Politik sein. Die Menschen spielen hier keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Hauptsache, man kann mit guten Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten aufwarten, und wenn diese den Bürgern vor den Parlamentswahlen gut verkauft werden, dann hat man auch gute Chancen wiedergewählt zu werden. Zukunftskonzepte braucht man da nicht aufzufahren. Mit Worten seitens Angela Merkel wie: "Sie kennen mich ja, also wählen Sie mich wieder" oder „Die Beschäftigtenzahl war noch nie so hoch wie heute“ ist das schon getan.
Eines soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben: Europa braucht den Euro zur Friedenserhaltung. Die Demonstrationen in den Straßen einiger Südländer, die sich gegen die vom europäischen Parlament verordnete Sparpolitik richtet, sind erst der Anfang. Dieses Spardiktat, das nicht zuletzt durch erheblichen Druck der bundesdeutschen Finanzpolitik zur Verarmung der dort lebenden Menschen beiträgt, kann irgendwann das Fass zum Überlaufen bringen. Die Situation, dass die Menschen keine Arbeit und keinerlei Perspektiven für ihre Zukunft haben, kann ganz schnell dazu führen, dass der Hass auf Deutschland wächst und dass sie zu allem bereit sind, auch zum Krieg. Da geben die EU und der Euro noch ein bisschen Zusammenhalt, und solange noch Geld in diese Saaten fließt, haben es die Regierungen dieser Länder es bis jetzt jedenfalls geschafft, die Bevölkerung ruhig zu stellen. Mit dem Geld wäre es vorbei, wenn diese Staaten aus dem Euro oder gar aus der EU austreten würden. Was dann geschähe, mag man sich nicht vorstellen.
Es ist ja kein Geheimnis, dass die Kredite, die von der Europäischen Zentralbank (EZB), vom ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) und vom IWF (Internationaler Währungsfonds) z.B. an Griechenland vergeben werden, nicht dazu Verwendung finden, die dort in die Armut geratenen Menschen zu unterstützen, sondern dass der griechische Staat damit seinen Verpflichtungen den Banken gegenüber nachkommen kann. Würde aber Griechenland nichts aus diesen Töpfen erhalten, wäre der Staat zahlungsunfähig. Dies hätte fatale Folgen für das Vertrauen in den Euro und für die europäische Gesamtwirtschaft.
Noch einmal Agenda 2010
Hier kommen wir wieder zur Agenda 2010. Dadurch, dass in Deutschland das Lohnniveau soweit gesenkt wurde, dass die Menschen durch staatliche Aufstockung gerade einmal ein Existenzminimum erreichen, das zum Sterben zu viel ist und zum Leben nicht reicht, werden eben nicht die betroffenen Menschen, sondern die Firmen, die diese Menschen mit Hungerlöhnen abspeisen, subventioniert. Die Folge ist der wirtschaftliche Zusammenbruch der Länder, die diesen von Deutschland beschrittenen Weg nicht mitgegangen sind. Und das ist es, was wir im Süden Europas sehen. In Deutschland wird alles für die Wirtschaft getan, damit der Export brummt. Für die Menschen wird am liebsten gar nichts getan. Die sind die Opfer einer Regierung, deren Politik einzig und allein der Wirtschaft und deren Lobbyisten dient.
Nun rühmt sich unsere Regierung damit, dass die Beschäftigungslage noch nie so gut gewesen sei wie heute. Und es sei ja überhaupt das Wichtigste, eine Arbeit zu haben. Dass aber Sozialausgaben durch Aufstocken der Niedriglöhne und der Renten, durch Bezuschussung der Kosten für die Unterbringung der Kinder in den Kitas, um nur einige Beispiele zu nennen, auf dem bisher höchsten Niveau liegen, wird gerne verschwiegen. Ich wiederhole mich hier, wenn ich sage, dass durch all diese Dinge die hiesige Wirtschaft subventioniert wird.
Ein schwacher südeuropäischer und auch ein zum Teil schwächelnder Binnenmarkt in Deutschland wird in Kauf genommen, solange der Aufschwung in Asien nicht abreißt. Der Export in die asiatischen und in die südamerikanischen Länder kompensiert das stagnierende bzw. rückläufige Geschäft innerhalb Europas.
Fachkräftemangel?
Seit Jahren wird von Fachkräftemangel geredet. Wenn Elektro- oder Maschinenbauingenieure sowie Facharbeiter aus vielen Bereichen angeblich händeringend gesucht werden, aber vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen, dann wirft sich schon die Frage auf, welche Fachkräfte es denn sind, die da fehlen. Hier der Versuch Antworten zu finden:
1 Nicht Fachkräfte, sondern billige Fachkräfte fehlen, die bereit sind, über Leiharbeitsfirmen zu möglichst geringen Löhnen und Gehältern zu arbeiten. Deshalb schickt man ältere Arbeitnehmer und Angestellte in den Vorruhestand und stellt da, wo es möglich ist, fertig ausgebildete Kräfte z.B. aus Spanien oder Portugal aber auch durchaus aus Deutschland über Leiharbeitsfirmen ein.
1 Der Automatisierungsgrad nicht nur in der deutschen Industrie ist sehr hoch. Für vieles, was vor Jahren noch per Handarbeit erledigt wurde, werden heute Roboter eingesetzt. Die brauchen keine Kranken- und keine Rentenversicherung, kein Weihnachts- und kein Urlaubsgeld, streiken nicht um höhere Löhne, sind keiner Gewerkschaft angeschlossen, benötigen keinen Kündigungsschutz, brauchen keine Mittags- oder Raucherpausen und kommen nicht mit einem schweren Kopf zur Arbeit. Sie leiden nicht unter Burnout. Solange sie nicht irgendeinen Defekt aufweisen, tun sie ihre Arbeit ohne zu murren und ohne sich in irgendeiner Weise zu beschweren. Problematisch nur, wenn sie tatsächlich auf Grund eines technischen Defekts ihren Dienst verweigern. Dann müssen Leute her, die sich darauf verstehen, diese Roboter zu reparieren. Nun sind diese Systeme mittlerweile sehr komplex geworden, weil die Aufgaben, die von ihnen zu erfüllen sind, immer komplizierter werden. Fachkräfte hierfür, die sowohl die Hardware als auch die Software beherrschen, sind rar. Nicht allein für die Wartung und Reparatur werden gut ausgebildete Kräfte benötigt, es arbeiten ganze Mitarbeiterstäbe daran, solche Geräte und Systeme fertigungs- und serienreif zu entwickeln und zu konstruieren. Kurz – an diesen Stellen fehlen die Fachkräfte.
Wie sozial ist Deutschland?
Das deutsche Sozialsystem gilt als eines der weltweit besten. Jedoch wurde in den letzten Jahren kräftig an ihm herumgefeilt. Beginnen wir bei unserer Betrachtung mit der Rente. Die Renten wurden in den letzten Jahren mehrfach