Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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da war er auf der andern Seite; mitten in Italien, zwischen Florenz und Rom. Der trasimenische See lag in der Abendbeleuchtung wie flammendes Gold zwischen den dunkelblauen Bergen. Hier, wo Hannibal den Flaminius schlug, hielten sich nun die Weinranken friedlich an den grünen Fingern; liebliche, halbnackte Kinder hüteten eine Heerde schwarzer Schweine unter einer Gruppe duftender Lorbeerbäume am Wege. Könnten wir dieses Gemälde richtig wiedergeben, so würden Alle jubeln: »Herrliches Italien!« Aber das sagte keineswegs der Theologe oder irgend einer von seinen Reisegefährten im Wagen des Vetturins.

      Giftige Fliegen und Mücken flogen bei ihnen zu Tausenden in den Wagen hinein. Vergebens schlugen sie mit einem Myrtenzweige um sich: die Fliegen stachen dessenungeachtet. Es war nicht Einer im Wagen, dessen Gesicht nicht von blutigen Stichen angeschwollen gewesen wäre. Die armen Pferde sahen wie Aas aus; die Fliegen saßen in großen Schaaren auf denselben, und es half nur augenblicklich, daß der Kutscher hinabstieg und die Thiere reinschabte. Nun sank die Sonne unter; eine kurze aber eisige Kälte ging durch die ganze Natur; es war wie des Grabgewölbes kalte Luft nach einem heißen Sommertage; doch ringsumher erhielten Berge und Wolken den sonderbaren, grünen Ton, welchen wir auf einzelnen alten Gemälden finden und,, wenn wir ein solches Farbenspiel nicht im Süden erlebt haben, für unnatürlich halten. Es war ein herrliches Schauspiel, allein – der Magen war leer, der Körper ermüdet; alle Sehnsucht des Herzens drehte sich um ein Nachtquartier, aber wie wird das ausfallen! Man blickte sehnsüchtiger darnach, als nach der schönen Natur.

      Der Weg ging durch einen Olivenwald; es war, als führe er daheim zwischen knotigen Weiden. Hier lag das einsame Wirthshaus. Ein Dutzend bettelnder Krüppel hatte sich vor demselben gelagert; der rascheste derselben sah aus wie, um einen Marryat'schen Ausdruck zu gebrauchen, »der älteste Sohn des Hungers, der das Alter seiner Volljährigkeit erreicht hat«; die Andern waren entweder blind, oder hatten den Schwund in den Beinen und krochen auf den Händen, oder verdorrte Arme mit fingerlosen Händen, Das war das Elend recht aus den Lumpen gezogen. »Eccellenza, miserabili!« seufzten sie und streckten die kranken Glieder vor. Die Wirthin selbst, in bloßen Füßen, mit ungeordnetem Haare und nur mit einer schmutzigen Blouse bedeckt, empfing die Gäste. Die Thüren waren mit Bindfaden zusammengebunden; der Fußboden in den Zimmern bot ein halb aufgewühltes Pflaster von Mauersteinen dar; Fledermäuse flogen unter der Decke hin, und der Gestank drinnen – –

      »Decken Sie den Tisch unten im Stalle!« sagte einer der Reisenden. »Dort weiß man doch, was man einathmet!«

      Die Fenster wurden geöffnet, damit etwas frische Luft hereindringen konnte; aber schneller, als diese, kamen die verdorrten Arme und das ewige Jammern: Miserabili, Eccelenza! herein. An den Wänden standen viele Inschriften; die Hälfte war gegen die bella, Italia!

      Das Essen wurde aufgetragen; es war eine Suppe von Wasser, gewürzt mit Pfeffer und ranzigem Oel. Letzteres spielte die Hauptrolle beim Salat; verdorbene Eier und gebratene Hahnenkämme waren die besten Gerichte; selbst der Wein hatte einen Beigeschmack: es war eine wahre Mixtur.

      Zur Nacht wurden die Koffer gegen die Thür gestellt; einer der Reifenden hatte die Wache, während die andern schliefen; der Theologe war der Wachthabende; o, wie schwül war es drinnen! Die Hitze drückte, die Mücken summten und stachen, die miserabili draußen jammerten im Traume.

      »Ja, reisen ist schon gut,« sagte der Theologe, »hätte man nur keinen Körper! Könnte dieser ruhen und der Geist dagegen fliegen! Wohin ich komme, fühle ich einen Mangel, der das Herz drückt; etwas Besseres, als das Augenblickliche, ist es, was ich haben will; ja, etwas Besseres, das Beste; aber wo und was ist es? Im Grunde weiß ich wohl, was ich will: ich will zu einem glücklichen Ziele, dem glücklichsten von allen!«

      Und so wie das Wort ausgesprochen war, befand er sich in der Heimath. Die langen, weißen Gardinen hingen vor den Fenstern herab und mitten in der Stube stand der schwarze Sarg; in diesem lag er in seinem stillen Todesschlafe; sein Wunsch war erfüllt, der Körper ruhte, der Geist reiste. Preise Niemanden glücklich bevor er in seinem Grabe ist, waren die Worte Solon's; hier wurde ihre Bekräftigung erneuert.

      Jede Leiche ist eine Sphinx der Unsterblichkeit; auch die Sphinx hier auf dem schwarzen Sarkophage beantwortete uns, was der Lebende zwei Tage vorher niedergeschrieben hatte:

      Du starker Tod, Dein Schweigen machet Grau'n;

      Du hinterläßt als Spur nur Kirchhofsgräber.

      Soll nicht der Geist die Jacobsleiter schau'n?

      Nur auferstehn als Todesgarten-Gräser?

      Das größte Leiden sieht die Welt oft nicht!

      Du, der Du einsam warst bis an Dein Ende,

      Weit schwerer drückt das Herz so manche Pflicht,

      Als hier die Erde an des Sarges Wände!

      Zwei Gestalten bewegten sich im Zimmer. Wir kennen sie beide; es war die Fee der Sorge und die Abgesandte des Glücks. Sie beugten sich über den Todten hin.

      »Siehst Du?« sagte die Sorge. »Welches Glück brachten Deine Gallochen wohl der Menschheit?«

      »Sie brachten wenigstens ihm, der hier schlummert, ein dauerndes Gut!« antwortete das Glück.

      »O nein!« sagte die Sorge. »Er ging von selbst fort, er wurde nicht gerufen! Seine geistig« Kraft war nicht stark genug, um die Schätze hier zu heben, die er seiner Bestimmung nach heben muß! Ich will ihm eine Wohlthat erweisen!«

      Und sie zog die Gallochen von seinen Füßen; da endete der Todesschlaf, der Wiederbelebte erhob sich. Die Sorge verschwand, mit ihr verschwanden aber auch die Gallochen; sie hat sie gewiß als ihr Eigenthum betrachtet.

      Es waren fünf Erbsen in einer Hülse; sie und die Hülse waren grün, also glaubten sie, die ganze Welt sei grün, – und das war ganz in der Ordnung! Die Hülse wuchs, die Erbsen auch; sie richteten sich nach Umständen ein; sie saßen in einer Reihe. – Die Sonne schien von außen und erwärmte die Hülse, der Regen machte sie klar und durchsichtig; es war mild und gemüthlich, hell am Tage und dunkel des Nachts, wie es sein soll. Die Erbsen wurden, wie sie nun einmal so da saßen, größer und immer nachdenkender; denn etwas mußten sie doch thun.

      »Müssen wir denn ewig hier sitzen bleiben?« – fragte die eine, – »wenn wir nur nicht durch das lange Sitzen hart werden. Ist mir doch, als gäbe es draußen irgend Etwas, ich habe so ein Gefühl davon.«

      Wochen verstrichen; die Erbsen wurden gelb und die Hülse wurde gelb: »Die ganze Welt wird gelb!« – sagten sie; und dazu hatten sie ein Recht.

      Plötzlich empfanden sie einen Ruck an der Hülse; diese wurde abgerissen, gerieth in Menschenhände und glitt in die Tasche einer Jacke hinab und zwar in Begleitung anderer gefüllter Hülsen. – »Jetzt wird bald aufgemacht werden!« – sagten sie, und dessen harrten sie eben.

      »Wissen möcht' ich jetzt, wer es von uns am weitesten bringt!« – sagte die kleinste der Fünfe. »Ja, jetzt wird es sich bald zeigen.«

      »Es geschehe was geschehen muß!« – sagte die größte.

      »Krach!« – die Hülse zerplatzte und alle fünf Erbsen rollten hinaus in den hellen Sonnenschein. Da lagen sie nun in der Hand eines Kindes: ein kleiner Knabe hielt sie umfangen und sagte, es seien gar schöne Erbsen für seine Knallbüchse, und sogleich that er eine hinein und schoß sie heraus.

      »Jetzt

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