Nachtmahre. Christian Friedrich Schultze

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Nachtmahre - Christian Friedrich Schultze Trilogie

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      „Wer ist Lothar?“ wiederholte sie, immerfort rauchend, ihre Frage von vorhin.

      „Hör endlich auf mit dem Gequarze, mir geht`s schon schlecht genug!“, fuhr ich sie an. Obwohl sie das Wort nicht verstanden hatte, entnahm sie es aus meinen Gesten und drückte gehorsam die Zigarette aus. Ich stand auf, zog den Vorhang beiseite und öffnete ein Fenster, um frische Luft hereinzulassen. Sie zog nun die Decke über sich. Von unten drang gedämpft Straßenlärm herein.

      „Was habe ich dir gestern erzählt?“ versuchte ich in Erfahrung zu bringen.

      „Nichts Besonderes.“

      „Was heißt das?“

      „Du wolltest ziemlich genau wissen, was ich so treibe, weil du dich gewundert hast, dass ich deiner Meinung nach so gut deutsch spreche. Im übrigen konntest du nicht oft genug betonen, dass du mir sowieso kein Wort glaubst.“

      „Na gut, und wie heißt du?“

      „Na hör mal, bist du senil?“

      „Vielleicht, manchmal. Also, wie heißt du? – Susza?“

      „Na bitte!“ Die heißen hier alle Susza, dachte ich.

      Einiges fiel mir wieder ein.

      Sie hatte mir erzählt, dass sie in Weimar Musik studiert habe. Es war mir seltsam vorgekommen, dass sie als Musikerin einen solchen Nebenberuf ausübte. Als ich sie jedoch über Einzelheiten ausfragte, wusste sie ziemlich gut Bescheid.

      Ich hatte es schon mit der Angst zu tun bekommen. War ich bereits aufgefallen, so dass man sich für mich zu interessieren begann? Hatte ich bei der Vorbereitung dieser Reise einen Fehler gemacht? War Robert etwas passiert?

      Andererseits: Ich hatte sie angesprochen. Sie war gar nicht so schnell angesprungen, was ich verstehen konnte. Es waren smartere Burschen als ich dagewesen. Vielleicht war es aber ihr Trick, um mich um so sicherer an den Haken zu bekommen!

      Das Frühstück kam.

      Mich beschlich wieder jenes ungute Gefühl von gestern Abend. Es war wichtig herauszubekommen, was ich ihr in meiner weinseligen Duselei alles erzählt hatte. Und wieso fragte sie mich ausgerechnet nach Lothar?

      Sie stellte das Tablett in die Mitte des Bettes.

      Ich bedeckte meine Scham, was sie nicht tat. Ihr Busen, etwas schlaff schon, schaukelte leicht über der Bettdecke. Es störte mich. Ich sagte aber nichts. Es kam mir etwas unwirklich vor, wie eine Szene in einem schlechten Film.

      Manchmal erlebt man aber so etwas.

      „Tust du das immer?“ begann ich wieder.

      „Was?“

      „Sektfrühstücken mit den Herrn?“

      „Wieso immer?“

      „Ich meine nur so.“

      „Oft nicht. Meistens haben sie`s zu eilig früh. Aber wenn es geht. Es hilft, nicht völlig nüchtern zu werden. Man kommt besser in den Tag damit.“

      „Gehst du heute Abend wieder hierher?“

      „weiß ich noch nicht. Normalerweise nicht. Normalerweise nur dreimal die Woche. Wie lange bleibst du übrigens hier?“

      „Habe ich dir das nicht schon erzählt?“

      „Nein.“

      Sie verschüttete beim Einschenken etwas Sekt, der ihr zwischen die Schenkel lief. Sie blickte hoch, so ganz kurz, mir in die Augen. Es war gleich wieder weg. Aber es irritierte mich, ebenso wie ihre reifen, an die Liebe gewöhnten Brüste.

      „Irgendwas muss ich dir aber doch erzählt haben“, sagte ich. Sie lächelte, amüsierte sich, hatte mich durchschaut. Sie spannte mich auf die Folter.

      „Das Übliche. Nein, eigentlich nicht ganz.“

      „Aha“, sagte ich und wartete.

      „Na, was du so machst, wo du herkommst, weshalb du hier bist und so weiter“, ließ sie sich endlich erweichen.

      Allmählich erinnerte ich mich an bestimmte Einzelheiten.

      Aber sie ergaben kein Bild. Ich musste es anders machen, frontal angreifen.

      „Wieso fragst du mich dann pausenlos nach einem Lothar?“

      „Na hör mal, du hast mich ziemlich unsanft geweckt mit deiner Schreierei! Musst schlecht geträumt haben.“

      Ich war einigermassen erleichtert. Anscheinend hatte ich ihr nicht zu viel gesagt.

      Sie hatte mir dagegen berichtet, dass sie mit ihrer Mutter zusammen wohne, einen achtjährigen Jungen habe und seit fünf Jahren geschieden sei. dass sie beim ungarischen Außenministerium als Sekretärin arbeite, weil sie so mehr verdiene als als Musikerin. Sie spielte Geige. Und dass dies auch besser für ihr Kind sei, da sie nun nicht mehr so herumreisen müsse. Liebe gäbe es für sie nicht, dies sei Unsinn.

      Ihre verquere Moral erstaunte mich.

      Da sie nicht wusste, wer Lothar ist, war also anzunehmen, dass ich ihr keine Familiengeschichten offeriert hatte. Das beruhigte mich etwas.

      „Ich fand übrigens, dass du im Hinblick auf deine Familie ziemlich schweigsam warst.“

      Konnte sie Gedanken lesen?

      „Woraus schließt du, dass ich eine habe?“

      „Nun ja, Junggesellen geben in der Regel DAFÜR kein Geld aus. Und meistens erzählen die Männer von ihrer unglücklichen Ehe und ihren Frauen, die sie nicht verstehen können, dass sie auch gar keine Lust mehr auf sie hätten, wie stolz sie hingegen auf ihre Kinder sind und was sie für wichtige Vielgeldverdiener sind. Sie haben alle keine Moral mehr.“

      „Was ihnen offensichtlich erleichtert, mit dir ins Bett zu gehen.“

      „Warum auch nicht? Erstens sehe ich ganz gut aus, bin sauber und kultiviert, spreche deutsch und englisch, und zweitens bin ich auch gut fürs Geld. Was soll ich machen? Mich mehr und mehr in die Mühle einspannen lassen? Nur liebende Mutter spielen, weil es sowieso keine vernünftigen Männer mehr gibt und völlig darauf verzichten?

      Da lebe ich schon lieber so. Das ist nicht mal uninteressant.“

      „Berufsehre ist etwas Seltenes heutzutage.“

      Darauf erwiderte sie nichts, sondern räumte das Geschirr zusammen, stellte da Tablett weg, nicht ohne sich ein weiteres Glas Sekt einzugießen und sich nun doch wieder eine Zigarette anzuzünden.

      Ich hatte mich zurückgelegt. Der Kaffee tat seine übliche Wirkung nach solch einer Nacht: Der überreizte Zustand wich, und ich wurde müde.

      Ich konnte mich nur sehr nebulös daran erinnern, wie es mit uns gewesen war.

      Es

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