Angst in Nastätten. Ute Dombrowski
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„Ja, wir können.“
Nach zwei Wochen Papierkrieg war der Fall nun endgültig abgeschlossen und Undine war zum Kommissar ins Büro gegangen, nachdem sie eine Keramikschale bei einer Kundin in Sankt Goarshausen abgeliefert hatte. Im Flur war sie auf Jennifer getroffen, die gerade Feierabend gemacht hatte und auf dem Heimweg war. Die junge Kommissarin hatte sie zum Büro begleitet und durch die Tür geschoben. Wie beim letzten Mal saß Undine jetzt im Schreibtischstuhl und drehte sich, während Reiner aufräumte.
„Fahren wir an den Rhein oder nach Limburg?“
Undine hatte aufgehört sich zu drehen und sah den Kommissar ernst an. Reiner lehnte sich gegen den Türrahmen.
„Wenn ich es mir genau überlege, dann möchte ich eigentlich richtig gut essen. Wie wäre es denn mit dem Bucher Hof? Das ist zwar nicht weit weg, aber auch nicht in Nastätten.“
„Damit kann ich leben. Du bezahlst. Ich bin übrigens Undine.“
„Hast du eine Ahnung, wie wenig ein Kommissar verdient?“
„Das ist mir egal, ich will dich ja nicht heiraten. Dann auf! Ich sterbe vor Hunger.“
Undine stand auf und lief voraus zu ihrem Auto, wo er ihr galant die Tür aufhielt. Lachend stieg sie ein. Der Kommissar fuhr ihr in seinem eigenen Auto nach Buch hinterher.
Reiner Nickich hatte den Fall des Toten am Bucher Pfädchen gelöst und zu seiner inneren Genugtuung gehörte auch, dass der Richtige verhaftet wurde und seine gerechte Strafe bekommen würde, nicht nur für den Mord. Die Bekanntschaft mit Undine Nithritz hatte, wie Jennifer immer sagte, etwas holprig begonnen, aber irgendwie war ihm die Frau, die so besonders war, nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und jetzt hatte sie ihn tatsächlich zum zweiten Mal im Büro aufgesucht und ihn mit ihrem Lächeln entwaffnet.
„Ich bin Reiner“, sagte er und streckte ihr auf dem Parkplatz vor dem Restaurant unbeholfen die Hand hin. „Tut mir leid, ich bin ein bisschen aus der Übung mit Nettigkeiten.“
„Das habe ich längst bemerkt, also trainieren wir das heute Abend. Kein Wort über den Fall, klar?“
„Ich habe Hunger, können wir reingehen?“, fragte Reiner grinsend.
Er lief hinter Undine her die Treppe hinauf, sprintete dann an ihr vorbei und hielt ihr zum zweiten Mal heute die Tür auf.
„Danke, Reiner, den Rest kann ich allein. Kein Stuhl ran schieben, keine tausend Fragen, ob mir irgendetwas recht ist oder nicht. Ich muss nämlich zugeben, dass ich auch nicht mehr so viel weiß über Dates. Das ist doch ein Date, oder?“
„Ja, so sagt man heutzutage dazu, glaube ich.“
Sie setzten sich an einen Tisch in einer gemütlichen Nische, die mehr einem Wohnzimmer ähnelte als einem Gastraum. Man fühlte sich unbeobachtet und hatte trotzdem einen guten Blick auf die übrigen Besucher des Bucher Hofes. Die Bedienung kam, Reiner orderte je eine Flasche Wein und Wasser und dann vertiefte er sich in die Karte. Undine tat es ihm gleich, so musste sie dem Kommissar wenigstens nicht in die Augen schauen. Sie fühlte sich wie ein pubertärer Teenager, der das erste Mal von einem Jungen eingeladen wurde.
„Wir hätten vielleicht lieber ins Kino gehen sollen“, brummte Reiner hinter der Karte. „Da kann man sich besser verstecken.“
„Hm.“
„Weißt du schon, was du isst?“
„Nein, du?“
„Ja, ich denke schon. Das Mettwörschtsche vorneweg und als Hauptgericht Jägerschnitzel, das ist was Gutes.“
„Da stimme ich dir zu“, sagte Undine und legte die Karte beiseite. „Ich nehme den Lachs und das Roastbeef. Wie lange hattest du denn keine Frau mehr?“
„Lange, sehr lange. Ich bin gerne allein, da muss man niemandem Rechenschaft ablegen, das war nämlich das Problem, das meine Ehe gegen die Wand gefahren hat. Ich musste zu jeder Tages- und Nachtzeit immer genau sagen, wo ich bin und was ich mit wem mache. Leider hält man das in meinem Job nicht so gut aus.“
„Das kann ich verstehen. Ich war auch verheiratet, aber im Leben meines Mannes gab es noch weitere Frauen, das hält man auch nicht aus. Nachdem ich es entdeckt hatte, habe ich ihn vor die Tür gesetzt und lebe von da an so, wie ich es will. Allein. Ich weiß nicht, was mich jetzt geritten hat, dass ich so einen grummeligen Kerl wie dich mag.“
Sie wird tatsächlich rot, dachte Reiner und lächelte. Diese Frau hat einen Platz in meinem Leben verdient, einen kleinen wenigstens.
„Mal sehen, ich brauche Freiraum und Unabhängigkeit, da müssen wir uns beide Mühe geben, wenn das klappen soll.“
„Wenn was klappen soll?“, fragte Undine und kniff die Augen zusammen.
„Naja, das mit den Dates und so. Ich kann es gar nicht glauben, aber ich finde dich auch ganz passabel.“
Jetzt trat die Kellnerin an ihren Tisch und nahm die Bestellungen auf. Sie zündete die Kerze an, die Reiner an den Rand geschoben hatte. Bis das Essen kam, redete Undine über ihre Töpferwerkstatt und ihre Kurse mit interessanten, kreativen Menschen und Reiner hörte aufmerksam zu.
„Vielleicht möchtest du auch mal etwas mit deinen Händen machen?“, hörte er Undine fragen.
„Wenn du mir hilfst, gerne. Ich habe beschlossen ein netterer Kerl zu werden.“
Reiner legte eine Hand auf die von Undine, diese zog sie aber schnell wieder weg, denn von der Tür her hörte man die laute Stimme von Günther Betzberger, der die beiden entdeckt hatte und direkt auf ihren Tisch zusteuerte.
„Na prima“, murmelte Reiner und Undine nickte unmerklich.
„So eine Überraschung! Der Kommissar! Ich habe gehört, der Fall ist gelöst? Meinen Glückwunsch, darauf müssen wir anstoßen. Fräulein, eine Flasche Sekt für unsere kleine Party!“
Undine seufzte, wusste sie doch, dass der Abend jetzt gelaufen war, denn Günther würde sich nicht abschütteln lassen. Reiner schwieg und dachte sich: Wie konnte ich nur jemals denken, dass mich irgendetwas mit diesem Mann verbindet?
2
Jennifer wendete den weißen Briefumschlag in ihren Händen. Er war an Reiner adressiert, aber nicht mit seiner Privatadresse, sondern mit der Adresse des Präsidiums. Die Kommissarin beugte ihre Nase über das Papier und schnupperte vorsichtig daran, aber es war nichts Besonderes zu entdecken. Die Aufschrift war mit einem blauen Kugelschreiber geschrieben worden. Eine Marke klebte nicht darauf, also musste jemand den Brief eigenhändig in den Briefkasten an der Front des Hauses geworfen haben.
„Ein Liebesbrief scheint es nicht zu sein“, murmelte Jennifer und legte den Umschlag auf Reiners Platz.
Sie hatte einen Bericht fertig getippt und beim Chef abgegeben. Reiner sollte sich nicht damit herumärgern, denn sie hoffte, dass er gestern Abend endlich mit Undine essen war. Bei dem Gedanken an sein Gesicht, das er gemacht haben musste, als Undine in seinem Büro aufgetaucht war, grinste sie.
„Hoffentlich