Angst in Nastätten. Ute Dombrowski
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Читать онлайн книгу Angst in Nastätten - Ute Dombrowski страница 6
Entschlossen griff sie nach dem Telefon und wählte Undines Nummer. Sie verabredeten sich für den nächsten Morgen zum Frühstück. Dann packte auch Jennifer ihre Sachen zusammen und fuhr nach Hause. Unterwegs kaufte sie für das Wochenende ein und setzte sich gemütlich vor den Fernseher. Mitten in der Nacht schreckte Jennifer hoch. Sie lag völlig verdreht auf der Couch und musste sich erst langsam strecken, ehe sie sich wieder richtig bewegen konnte. Missmutig schleppte sie sich ins Bett.
Am nächsten Morgen hatte sie immer noch Schmerzen im Nacken, machte sich aber trotzdem gutgelaunt auf den Weg zu Undine. Die kreative Hausbewohnerin begrüßte sie herzlich. Der Tisch vor der Remise war gedeckt und der ganze Platz mit einem Pavillon überdacht. Dort saßen auch Jasmin und Lene, die schon eine Tasse Kaffee in der Hand hielten.
„Was kann ich Ihnen Gutes tun, Frau Kommissarin?“
„Sagen Sie ruhig Jennifer und du, ich freue mich sehr über die Einladung. Gibt es Cappuccino?“
Undine lief leichtfüßig ins Haus. In der Zwischenzeit erkundigte sich Jennifer bei Jasmin und Lene nach ihrem Befinden.
„Mir geht es gut“, erklärte Lene, „und das, obwohl ich auch so einen dummen Brief bekommen habe. Jasmin macht sich da mehr Sorgen.“
„Ja“, jammerte Jasmin jetzt, „ich muss immer daran denken, dass jemand mein Nastätten zerstören will. Ich bete dafür, dass es nur ein Scherz ist, aber die Sorge ist größer.“
„Ach Jasmin“, sprach Lene mit ruhiger Stimme, „es wird schon nichts passieren. Der Herbert hat auch einen.“
„Der Herbert?“
Jennifer sah die beiden an und hörte dann hinter sich Undines Stimme: „Der Herbert von der Feuerwehr. Er war gestern gleich hier und hat ihn uns gezeigt. Willst du ihn mal lesen?“
„Ich kenne den Inhalt.“
„Hast du auch einen bekommen?“
„Nein, aber Reiner.“
„Pah!“, rief Undine. „Wir haben doch gestern telefoniert und er hat nichts davon gesagt. So ein …“
Sie sprach nicht weiter, sondern setzte die Tasse Cappuccino auf dem Tisch ab.
„Das ist wieder typisch Mann!“, sagte Lene. „Wir haben ihn extra gefragt, wie wir damit umgehen sollen und er meinte, wir sollen die Dinger wegwerfen. Was denkst du denn darüber?“
„Reiner hat den Brief sofort in den Papierkorb geworfen, aber ich habe ihn wieder herausgeholt. Ich denke, wir sollten die Drohung ernstnehmen.“
Die drei Frauen schlugen gleichzeitig auf den Tisch.
„Genau!“, rief Lene. „Wir waren gestern schon spazieren und haben uns mal umgehört, ob noch jemand so einen Brief bekommen hat.“
„Und?“
Jennifer beugte sich neugierig über den Tisch.
„Nichts. Keine Vorkommnisse. Das einzig Besondere, was wir entdeckt haben, ist der neue Frauenarzt.“
„Was? Es gibt endlich einen neuen Frauenarzt?“
Lene berichtete: „Noch nicht, aber an dem Schild steht: Eröffnung am ersten Juli.“
„Super, das wird aber auch Zeit. Ich bin ja immer zu dem da oben am Krankenhaus gegangen, aber der Mann ist im Ruhestand. Er war der Beste und ich vermisse ihn sehr.“
„Gut“, schloss Undine das Thema mit einer Handbewegung ab, „wir wollen aber jetzt nicht über Frauenärzte reden, sondern über die Briefe. Also: Reiner, Lene, Jasmin, Herbert. Was verbindet diese Personen miteinander?“
„Es kommt noch einer dazu“, ergänzte Jennifer. „Günther Betzberger. Er hat bei uns angerufen, weil er sich von dem Briefschreiber belästigt fühlt. Aber das wisst ihr nicht von mir! Reiner versetzt mich nach Sibirien, wenn er herausfindet, dass ich Interna verrate. Das tut man als guter Ermittler auch nicht.“
„Aber“, sagte Undine und grinste, „es gibt doch gar keinen Fall.“
Die vier Frauen begannen zu lachen. Nach dem Frühstück besprachen sie noch, wie sie weiter vorgehen wollten.
„Ich fahre nach Holzhausen und rede mit Herrn Betzberger“, erklärte Jennifer. „Ihr könnt ja noch ein bisschen spazieren gehen. Es wäre wichtig zu wissen, wie viele von den Dingern es gibt.“
„Oh, meinst du, es sind noch mehr?“, fragte Jasmin.
„Ich weiß es nicht. Das wird sowieso schwierig. Erstens haben wir keine Unterstützung durch Reiner, zweitens kann man das Ganze wirklich für einen dummen Scherz halten, drittens dürfen wir keine Panik verbreiten.“
„Da hast du recht, liebe Jennifer, wir werden sehr behutsam sein und nicht mit der Tür ins Haus fallen“, versprach Undine.
Jasmin winkte ab, sie hatte nicht vor, sich an der Suchaktion zu beteiligen, sondern wollte sich lieber in ihre kühle Wohnung zurückziehen. Lene war schon voller Energie aufgesprungen und räumte das Geschirr ab. Sie schnaufte.
„Es ist noch so früh und trotzdem ist die Hitze schon unerträglich. Gestern sah es eigentlich aus, als wenn ein Gewitter kommen würde, aber dann haben sich die Wolken doch wieder verzogen.“
„Dass der Juni so heiß ist, ist sehr ungewöhnlich. Ich denke, wir bekommen einen Jahrhundertsommer. Also, liebe Damen, ich fahre jetzt nach Holzhausen. Drückt mir die Daumen, dass der Kerl mich nicht frisst.“
Jennifer verließ den Hof durch den Garten.
6
Reiner war am Samstag um acht Uhr aufgestanden. Er hatte geschlafen wie ein Stein. Jetzt saß er mit zwei aufgebackenen Brötchen an seinem kleinen Küchentisch und dachte an Undine. Sie hatten sich nicht wieder verabredet und nun überlegte er, ob sie erwartete, dass er sich zuerst meldete.
„Keine Ahnung“, sagte er zu seiner Kaffeetasse. „Was weiß ich, wie Frauen ticken.“
Er dachte: Melde ich mich zu schnell, denkt sie womöglich, ich sei aufdringlich – melde ich mich zu spät, denkt sie, ich habe kein Interesse.
„Ich rufe sie heute Nachmittag mal an und frage, wie es ihr geht.“
Der Kaffee nickte in der Tasse, also fühlte sich Reiner bestätigt und trank ihn aus. Danach räumte er den Tisch ab und saugte die kleine Wohnung. Er stellte die Waschmaschine an und fuhr einkaufen. Als er wieder zuhause war, legte er sich mit der Zeitung auf die Couch. Alle Fenster standen offen, aber die Hitze hatte sich bis in den letzten Winkel der kleinen Wohnung breitgemacht. Gelangweilt blätterte er die raschelnden Seiten durch.
„Ob sie mit mir Eis essen geht?“
Reiner schaute auf die Uhr. Es war erst zwei, aber er hatte keine Lust mehr, allein in der heißen Wohnung zu sitzen. Innerlich musste er grinsen, als er dachte: Jetzt habe ich tatsächlich Interesse an einem gemeinsamen Nachmittag mit einer Frau. Das war bis vor kurzem undenkbar gewesen. Er